13.03.2018 D: Konzepte und Politik Liebsch: Beitrag D7-2018

Tagungsbericht SBV Praxis-Forum – Arbeit 4.0 barrierefrei gestalten

Der Autor Matthias Liebsch berichtet vom „SBV Praxis-Forum – Arbeit 4.0 barrierefrei gestalten“, welches am 30. November 2017 in Frankfurt am Main stattfand und von der Industriegewerkschaft Metall (IGM) veranstaltet wurde. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Chancen für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung“.

Thematisch standen die praktischen Auswirkungen der Digitalisierung auf physische und psychische Belastungen am Arbeitsplatz im Vordergrund. Ein besonderes Augenmerk galt hierbei der barrierefreien Planung sowie Gestaltung von behinderungsgerechten Arbeitsplätzen unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (SBV).    

(Zitiervorschlag: Liebsch: Tagungsbericht SBV Praxis-Forum – Arbeit 4.0 barrierefrei gestalten, Beitrag D7-2018 unter www.reha-recht.de; 13.03.2018)

I. Einleitung

Am 30. November 2017 hat die Industriegewerkschaft Metall (IGM) in Frankfurt am Main ein SBV Praxis-Forum – Arbeit 4.0 barrierefrei gestalten unter dem Blickpunkt „Chancen für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung“ veranstaltet. Der Einladung folgten insbesondere Schwerbehindertenvertretungen (SBV) sowie Vertreter der Berufsgenossenschaften und Integrationsämter.

Thematisch standen die praktischen Auswirkungen der Digitalisierung auf physische und psychische Belastungen am Arbeitsplatz im Vordergrund. Ein besonderes Augenmerk galt hierbei der barrierefreien Planung sowie Gestaltung von behinderungsgerechten Arbeitsplätzen. Hierzu war die Tagung in drei Blöcke aufgeteilt. Der erste Block befasste sich mit den Chancen, Risiken und Herausforderungen der Digitalisierung für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen. Sodann wurden in einem zweiten Block praktische Handlungshilfen zu den Themen Prävention und Inklusion vorgestellt. Im dritten Block wurde schließlich die Bedeutung barrierefreier Planung sowie Gestaltung von Arbeitsplätzen anhand guter Praxisbeispiele verdeutlicht.

II. Begrüßung und Einführung in die Tagung

Andrea Fergen (Ressortleitung Arbeitsgestaltung und Gesundheitsschutz beim Vorstand der IGM) begrüßte die Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind für Fergen vor allem unter dem Schlagwort „Stress am Arbeitsplatz“ ein aktuelles und brisantes Thema.

Gut drei Millionen schwerbehinderte Menschen sind derzeit im erwerbsfähigen Alter (15 bis unter 65 Jahren).[1] Hiervon arbeiten ungefähr 300.000 in Werkstätten für behinderte Menschen.[2] Unabhängig vom Ort der Tätigkeit sei eine barrierefreie Arbeitsplatzgestaltung die Grundvoraussetzung jeder Erwerbstätigkeit. Die Gewährleistung guter Arbeit und behinderungsgerechter Beschäftigung bedürfe dabei einer engen Zusammenarbeit vieler Akteure. Insbesondere das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) gemäß § 167 Abs. 2 Sozialgesetzbuch 9 (SGB IX) sei eine geeignete Plattform, Fragen behinderungsgerechter Beschäftigung zu thematisieren.

III. Chancen, Risiken und Herausforderungen der Digitalisierung (Block I)

Dr. Hans-Jürgen Urban (Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IGM) referierte über Arbeit 4.0 – Herausforderungen an die barrierefreie Arbeitsplatzgestaltung. Die Digitalisierung sei nach Urban ein Megatrend, ebenso schillere der historisch geprägte Begriff einer Industrie 4.0.

Durch Crowd-Working, cyber-physische Systeme in Form einer Mensch-Roboter-Kollaboration sowie verschiedenste Formen von mobiler Arbeit stünden klassische Arbeitnehmer-Schutzsysteme vor großen Herausforderungen. Im Zuge der Digitalisierung empfinden 46 % aller Beschäftigten eine zunehmende Belastung während der Arbeit.[3] Diese resultiere vor allem aus einer schnelleren und komplexeren Arbeitserwartung von Kunden und Arbeitgebern sowie aus erhöhten Überwachungsmöglichkeiten mittels Informations- und Kommunikationstechnik.[4] In diesem Zusammenhang führe nach Urban die Digitalisierung nicht zur Humanisierung, sondern zur Arbeitsverdichtung und Rationalisierung.

Um diesen Herausforderungen sozialverträglich entgegnen zu können, müssen Beschäftigte sowie ihre Interessenvertretungen aktiv beteiligt werden. Trotz umfassender Gestaltungsspielräume erfolge dies jedoch nur unzureichend. Durch neuartige Arbeitsmittel entstünden spezifische Barrieren, welche im Beteiligungsprozess zwingend, aber differenziert zu berücksichtigen seien. So seien etwa Notebooks zwar durch eine externe Tastatur, Maus, einem matten Display sowie einer Mindestdisplaygröße ergonomisch gestaltbar. Diese Gestaltungsoptionen stießen bei Smartphones hingegen schnell an ihre Grenzen.

Für eine gesundheitspräventive Arbeitsgestaltung sei zudem eine sichere Arbeitsstätte von evidenter Bedeutung. Um diese zu gewährleisten, müssen regelmäßig Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt werden. Ferner sei die Technische Regel für Arbeitsstätten (ASR) V3a.2 eine praktische Handlungshilfe, wie Arbeitsstätten barrierefrei zu gestalten sind.[5] Dies fördere zugleich die Gewährung einer behinderungsgerechten Beschäftigung gemäß § 164 Abs. 4 SGB IX.

Für Urban seien Themen der Barrierefreiheit zudem im Arbeitsschutzausschuss zu beraten. Thematisch können hier neue Chancen im Planungsprozess von Arbeitsstätten aufgegriffen werden. So ermögliche die Digitalisierung beispielsweise eine Offlinesimulation von Mensch-Roboter-Kollaborationen, so dass etwaige Stoß- und Quetschunfälle bereits im Planungsprozess analysiert werden können.

Anschließend widmete sich Dr. Dietrich Engels (Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH) den Chancen und Risiken der Digitalisierung der Arbeitswelt für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen.[6] Aufgrund der Vielfältigkeit von Behinderungen wirke die Digitalisierung auf jeden Betroffenen unterschiedlich. Denn nach der Polarisierungsthese führe die Digitalisierung zwar zu einem Wegfall von Tätigkeiten mit mittlerem Anforderungsniveau, dies gelte jedoch weder für hoch- noch für geringqualifizierte Tätigkeiten. Ferner entstünden durch die Digitalisierung neue Beschäftigungsmöglichkeiten. So könne etwa einem Menschen mit einer Körperbehinderung ein Arbeitsplatz im Home-Office eingerichtet werden. Darüber hinaus seien personenbezogene unterstützende Technologien am Arbeitsplatz, wie beispielsweise eine Prothese oder für hörbehinderte Menschen implantierbare Hörgeräte, aktiv zu nutzen.

Hierdurch könne, so Engels, ein möglichst gleichwertiger Zugang zur Dienstleistung gewährleistet werden. Spiegelbildlich beinhalte jede Technologie zugleich aber auch eine Gefahr der sozialen Ausgrenzung. Insbesondere sei dies im Zusammenhang mit Home-Office bedeutsam, da es hier oft an einer direkten Interaktion mit den Kollegen und Kolleginnen fehle.

Ferner führe die Digitalisierung zu einer Doppelwirkung. Während einzelne Anforderungsprofile behinderungsspezifisch entstünden, fielen im Zuge der Digitalisierung andere weg. So würden etwa Telefondienste, welche für Menschen mit Sehbehinderung eine geeignete Tätigkeit darstellten, nunmehr durch computergesteuerte Web-Informationen ersetzt. Darüber hinaus seien neue Tätigkeiten oft derart spezifisch, dass eine verstetigte Fortbildung zwingend erforderlich werde.

Vor diesem Hintergrund führe die Digitalisierung letztlich zu einer besonderen Belastung für Menschen mit kognitiven Behinderungen. Auch sehbehinderte Menschen seien von einer zunehmenden Visualisierung in besonderem Maße betroffen, hörbehinderten Menschen werde zunehmend die Kommunikation aufgrund vieler gleichzeitiger Nebengeräusche erschwert.

Letztlich müssen jedoch alle Schwierigkeiten stets im Kontext zum Arbeitsmarkt betrachtet werden. So seien Inklusionsbetriebe geeignet, Menschen ohne Behinderungen durch die Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderungen hinsichtlich der Vielfältigkeit von Behinderungen zu sensibilisieren. Dies sei zwingend erforderlich, da der Anteil an erwerbstätigen Menschen mit Behinderungen wesentlich geringer sei als der Anteil von erwerbstätigen Menschen ohne Behinderungen. Ferner müssen den betrieblichen Akteuren die Auswirkungen der Digitalisierung sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht möglichst frühzeitig vermittelt werden. Digitale Technologien können die Inklusion von Menschen mit Behinderungen verbessern.

In einer anschließenden Diskussion wurde auf das Projekt „Arbeit & Innovation: Kompetenzen stärken – Zukunft gestalten“ der IGM verwiesen.[7] In Zeiten der Digitalisierung sei es für eine sozialverträgliche Gestaltung der Arbeitsbedingungen erforderlich, sowohl Betriebsräte als auch SBVen aktiv im Schulterschluss und gleichberechtigt zu beteiligen. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass über das Integrationsamt verstärkt Leistungen zur Teilhabe am und begleitende Hilfen im Arbeitsleben beantragt werden sollten.[8] Insbesondere biete ein Home-Office für Menschen mit Behinderungen die Chance, am Arbeitsleben teilzuhaben. Da unterstützende Technologien zumeist den stets schnell weiterentwickelten Arbeitsabläufen hinterherhinken und insoweit reaktiv seien, verlange eine aktive Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben zwar eine erhöhte, aber zugleich lohnende Anstrengung aller Akteure.

IV. Praktische Handlungshilfen (Block II)

Anschließend befasste sich Jürgen Mess (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft [VBG] Bezirksverwaltung Mainz) mit der Barrierefreiheit im Bau- und Arbeitsstättenrecht - Handlungsoptionen für die Interessenvertretungen. Er stellte den praxisorientierten Leitfaden „Barrierefreie Arbeitsgestaltung“, Teil 2: Grundsätzliche Anforderungen als einen Teil der DGUV Information 215-111 vor.[9]

Empfehlende Prinzipien einer barrierefreien Arbeitsplatzgestaltung seien eine inklusive visuelle, auditive sowie taktile Gestaltung der Arbeitsstätte. Hierzu könne auf eine online verfügbare Checkliste zurückgegriffen werden.[10] Als weitere Handlungshilfe sei von den innerbetrieblichen Akteuren der Prävention und Inklusion der Arbeitsschutzausschuss als Beratungs- und Koordinationsplattform aktiv zu nutzen.[11] Aufsichtspersonen der Berufsgenossenschaften kämen einer Einladung zu dessen Sitzungen im Rahmen ihrer Beratungs- und Unterstützungsfunktion nach.

Peter van Haasteren (REHADAT Köln) stellte sodann REHADAT – Informationssystem zur beruflichen Rehabilitation und behindertengerechte Arbeitsplatzgestaltung vor.[12] Eine präventive und zugleich inklusive Arbeitsplatzgestaltung vollziehe sich nach van Haasteren in drei Schritten. Zunächst müsse der Arbeitsplatz ergonomisch, sodann barrierefrei und anschließend behinderungsgerecht gestaltet werden. Hierbei seien die individuellen Fähigkeiten der oder des Betroffenen mit den Anforderungen an die Beschäftigung zu vergleichen und auszutarieren. Folgen aus dem Vergleich erforderliche Anpassungsmaßnahmen, gelte, dass technische Maßnahmen vor organisatorischen Maßnahmen, diese wiederum vor personellen Maßnahmen durchzuführen seien.[13] Inklusionsberater der Industrie- und Handelskammern (IHK) können hierbei beratend unterstützen.

Ferner seien Fördermittel zur Arbeitsplatzgestaltung bei den unterschiedlichen Reha-Trägern, Integrationsämtern sowie über Sonderförderungsprogramme der Bundesländer aktiv zu beantragen.[14] Als technische Hilfsmittel zur Teilhabe am Arbeitsleben könnten beispielsweise spezielle Datenbrillen in Betracht kommen, sofern die betrieblichen Akteure im Rahmen des Bewilligungsantrags Arbeitsplatz und Arbeitsaufgabe konkret definieren. In diesem Zusammenhang werde derzeit erfolgreich der Einsatz von Datenbrillen für gehörlose Menschen bei der Arbeit in der Lagerlogistik erforscht.[15]

Ferner könne eine Mensch-Roboter-Kollaboration zielgerichtet eingesetzt werden. So könne in der Endmontage eines Kraftfahrzeugs in der Fließarbeit am Band die Montage der Stoßdämpfer konkret durch Werkstückträgersysteme erleichtert werden. Dies trage sowohl zur barrierefreien Arbeitsplatzgestaltung als auch zur gesundheitlichen Prävention bei.

V. Good Practice (Block III)

Christine Zumbeck (DGB Bildungswerk BUND) widmete sich anschließend dem Projekt: RE-BEM unter besonderem Augenmerk auf eine barrierefreie Arbeitsplatzgestaltung als einen Erfolgsfaktor im BEM-Verfahren.[16] Subjektiv sei es zunächst zielführend, den Arbeitgeber nicht als Verpflichteten, sondern den Beschäftigten als Berechtigten des BEM anzusehen. Ferner sei die Vertrauenskultur eine das BEM wesentlich fördernde Ressource. Eine Misstrauenskultur hindere demgegenüber entscheidend eine erfolgreiche betriebliche Eingliederung. Dies spiegle sich auch bei den Beratungsthemen im BEM wider. Im Vergleich zu technischen Hilfestellungen würden mögliche organisatorische Umstrukturierungen während eines BEM-Verfahrens nur in unzureichendem Maße berücksichtigt. Eine gute Betriebsorganisation sei für eine gesundheitspräventive Zusammenarbeit jedoch evident.

Zudem sollte stets das Integrationsamt in Fragen barrierefreier Arbeitsplatzgestaltung hinzugezogen werden. Statistisch zeige sich, dass die Wahrnehmung einer beratenden Hilfe jedoch positiv mit der Betriebsgröße korreliere. Fördermittel würden zudem eher selten beansprucht, da die Möglichkeiten hier oft schlicht nicht bekannt seien. Auch in diesem Zusammenhang könne das Integrationsamt aufklären. Darüber hinaus sei die Qualifikation der BEM-Akteure oft nicht ausreichend. Insbesondere zum Thema Datenschutz bestehe erheblicher Schulungsbedarf. Werde ein BEM-Verfahren verfahrensrechtlich als auch inhaltlich ordnungsgemäß und umfassend durchgeführt, werde das Ziel der Beschäftigungssicherung zumeist erreicht. Dies liege im allseitigen Interesse.

Im Anschluss hieran stellte Helmut Greiner (SBV im VW Motorenwerk Salzgitter) ein Beispiel demografiefester Arbeitsplatzgestaltung vor – die Ergoline im VW Motorenwerk Salzgitter. Das Projekt Ergoline wurde 2015 mit dem Deutschen Betriebsräte-Preis ausgezeichnet.[17]

Wesentlicher Anlass für das Projekt war nach Greiner der hohe Altersdurchschnitt der betrieblich Beschäftigten; dieser lag bei 44,7 Jahren. In direkten Bereichen der Motorenmontage waren von 4.000 Beschäftigten 1.700 über 50 Jahre alt, 600 unterlagen einer Einsatzbeschränkung. Hierdurch wurde es immer schwieriger, Beschäftigte wertschätzend in die Montage einzubinden, ohne sie gesundheitsbedingt mit Aushilfsarbeiten zu beauftragen. Insbesondere galt dies vor dem Hintergrund, dass im VW Motorenwerk Salzgitter 2008/2009 eine Versetzungswelle aus der mechanischen Fertigung in die Montagetätigkeit erfolgt war. Hinsichtlich der Gestaltung einer barrierefreien, alters- und alternsgerechten Beschäftigung bestand somit Handlungsbedarf.

In der Referenzlinie der Motorenmontage wurden die Beschäftigten in diesem Zusammenhang zunächst sowohl zu körperlichen als auch zu psychischen Belastungen ihrer Tätigkeit befragt. Ein Projektteam aus verschiedenen betrieblichen[18] sowie außerbetrieblichen Akteuren traf sich sodann regelmäßig über zweieinhalb Jahre und wertete die Fragebögen bezüglich bestehender Gefährdungen und Gefahren der Montagetätigkeit aus.

Daraufhin wurden Workshops mit den betroffenen Beschäftigten durchgeführt, um so aus den ermittelten Gefährdungen erforderliche Maßnahmen für eine gesundheitspräventive und inklusive Tätigkeit ableiten zu können.

Hieraufhin wurde entlang der Montagelinie ein über 180 Grad drehbares Werkstückträgersystem installiert, welches zudem in jeder körperlichen Position anhaltbar ist. Ferner ist das Werkstückträgersystem über einen Chip derart individualisierbar, dass die Höhe der Werkstückträger für den jeweiligen Beschäftigten, welcher das System bedient, verstellbar ist. Somit passt sich das Trägersystem den ergonomischen Anforderungen des Einzelnen an und wird für diesen beim Montieren eines Nebenaggregatehalters, eines ZSB-Kolbens oder auch beim Andocken eines Motorblocks handhabbar. Hierdurch werde der Beschäftigte unterstützt, nicht aber ersetzt, so Greiner.

Zudem ermögliche der technische Fortschritt ein abgestimmtes Personalkonzept hinsichtlich verschiedener Beschäftigungsgruppen. Sowohl junge Beschäftigte, Beschäftigte über 50 Jahre als auch solche mit Einsatzbeschränkungen könnten vorliegend an der Ergoline arbeiten. Ein umfassendes Personalkonzept, wonach beispielsweise eine anteilige Beschäftigungsquote an der Ergoline von je einem Drittel pro Beschäftigungsgruppe vorgesehen werde, sei hierdurch möglich. Freilich sollte dies als Zielvereinbarung schriftlich fixiert werden.

Da sich viele erforderliche Abhilfe- bzw. Anpassungsmaßnahmen regelmäßig erst im Prozess selbst zeigen, bedürfe jede unterstützende Technologie zudem einer kontinuierlichen Wirksamkeitskontrolle. Hierfür sei die Einbeziehung der betroffenen Beschäftigten von entscheidender Bedeutung. In Bezug auf die Ergoline wurde daher durch eine Ergotherapeutin eine anonyme Back-Up-Befragung zur Handhabung und Wirkung durchgeführt. Auf wöchentlichen Feedbackrunden mit der Unternehmerseite können somit weitere Abhilfemaßnahmen diskutiert und ggf. vereinbart werden.

VI. Ausblick

Nach Nils Bolwig (Ressort Arbeitsgestaltung und Gesundheitsschutz beim Vorstand der IGM) habe die Tagung gezeigt, dass Interessenvertretungen sich aktiv einmischen müssen. Nur so könne die Digitalisierung sozialverträglich mitgestaltet werden. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) sei in diesem Zusammenhang ein wichtiger Meilenstein, da hierdurch die Rechte der SBVen deutlich gestärkt wurden.

Für die aktive Nutzung bestehender und neuer Handlungsmöglichkeiten sei es jedoch zwingend erforderlich, Grundlagen der Betriebsratsarbeit sowie der Arbeit der SBVen durch kontinuierliche Fortbildungen immer wieder aufzufrischen, zu erneuern und Arbeitsfelder gemeinsam weiter zu entwickeln.[19] Dies gelte insbesondere in der schnelllebigen digitalen Arbeitswelt. Ferner gelte es, für die anstehenden SBV-Wahlen im dritten Quartal 2018 geeignete und motivierte Bewerber zu akquirieren. Dies umfasse nicht nur das Amt der Vertrauensperson, sondern auch das der Stellvertreter.

Beitrag von Ass. iur. Matthias Liebsch, Zentrum für Sozialforschung Halle e.V.

Fußnoten

[1] Bundesagentur für Arbeit, Berichte: Arbeitsmarkt kompakt, Situation schwerbehinderter Menschen, November 2017, S. 5 (abrufbar unter: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Personengruppen/generische-Publikationen/AM-kompakt-Situation-schwerbehinderter-Menschen.pdf, zuletzt abgerufen am 13.03.2018).

[2] BAG WfbM, Jahresbericht 2016, S. 42.

[3] DGB-Index Gute Arbeit, Der Report 2016, Mit dem Themenschwerpunkt: Die Digitalisierung der Arbeitswelt – Eine Zwischenbilanz aus der Sicht der Beschäftigten, S. 8 (abrufbar unter: http://index-gute-arbeit.dgb.de/veroeffentlichungen/jahresreports/++co++76276168-a0fb-11e6-8bb8-525400e5a74a, zuletzt abgerufen am 13.03.2018.)

[4] BKK Gesundheitsreport 2017, Digitale Arbeit – Digitale Gesundheit, S. 16 f. (abrufbar unter: https://www.bkk-dachverband.de/publikationen/bkk-gesundheitsreport/, zuletzt abgerufen am 13.03.2018.)

[6] Hierzu ausführlich BMAS, Forschungsbericht 467, Chancen und Risiken der Digitalisierung der Arbeitswelt für die Beschäftigung von Mensch mit Behinderung, abrufbar unter: http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/Forschungsberichte/fb-467-digitalisierung-behinderung.pdf;jsessionid=8040AFF65EEA67A796BDA8330188BCF7?__blob=publicationFile&v=3, zuletzt abgerufen am 13.03.2018.

[7] Nähere Informationen abrufbar unter: https://www.igmetall.de/arbeit-innovation.htm, zuletzt abgerufen am 13.03.2018. 

[8] Nach § 84 Abs. 2 S. 4, 5 SGB IX (ab 01.01.2018: § 167 SGB IX) gilt dies vor allem im Rahmen eines BEM-Verfahrens.

[11] Anmerkung des Autors: Gemäß § 178 Abs. 4 S. 1 SGB IX hat die SBV ein beratendes Teilnahmerecht an den Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses.

[12] Abrufbar unter: https://www.rehadat.de/de/, zuletzt abgerufen am 13.03.2018. 

[13] Anmerkung des Autors: Dieses sogenannte TOP-Prinzip ergibt sich aus § 4 Nr. 5 ArbSchG.

[14] Siehe zu Finanzierungsmöglichkeiten von Hilfsmitteln und technischen Arbeitshilfen für den Arbeitsplatz https://www.rehadat-hilfsmittel.de/de/infothek/finanzierung-arbeitsplatz/, zuletzt abgerufen am 13.03.2018.

[15] Siehe hierzu das Forschungsprojekt Work-by-Inclusion, gefördert durch das BMAS aus Mitteln des Ausgleichsfonds. Näheres abrufbar unter: https://www.integrationsaemter.de/Forschungsprojekt-Work-by-Inclusion/572c8371i1p62/index.html, zuletzt abgerufen am 13.03.2018.

[16] Hierzu ausführlich http://www.re-bem.de/, zuletzt abgerufen am 13.03.2018.

[18] Hierzu gehörten nach Greiner insbesondere Beschäftigte aus allen Altersstufen, Beschäftigte mit und ohne Behinderungen, Arbeitgeber, Führungskräfte sowie Interessenvertretungen.

[19] Zum Beurteilungsspielraum der SBV hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Schulungsteilnahme BAG, Beschluss vom 08. Juni 2016 – 7 ABR 39/14 –, Rn. 32, juris.


Stichwörter:

Inklusion, Schwerbehindertenvertretung (SBV), Barrierefreiheit, Arbeiten 4.0, Bundesteilhabegesetz (BTHG), Digitalisierung


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