16.04.2014 B: Arbeitsrecht Kohte/Bernhardt: Diskussionsbeitrag B7-2014

Die „nicht ganz“ geheime Wahl: Wie ist bei Wahlen zur Schwerbehindertenvertretung das Wahlgeheimnis zu wahren? – Anmerkung zu Hess LAG v. 14.03.2013 – 9 TaBV 223/12 und v. 01.12.2011 – 9 TaBV 130/11

(Zitiervorschlag: Kohte/Bernhardt: Die „nicht ganz“ geheime Wahl: Wie ist bei Wahlen zur Schwerbehindertenvertretung das Wahlgeheimnis zu wahren? – Anmerkung zu Hess LAG v. 14.03.2013 – 9 TaBV 223/12 und v. 01.12.2011 – 9 TaBV 130/11; Forum B, Beitrag B7-2014 unter www.reha-recht.de; 16.04.2014)

Anlässlich der diesjährigen Wahlen der Schwerbehindertenvertretungen setzen sich die Autoren mit der Bedeutung des Wahlgeheimnisses  dieser Wahlen auseinander. Grundlage hierfür ist eine Entscheidung des hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) vom 14.03.2013.

Das LAG erklärte in seinem Beschluss die  Wahl der Schwerbehindertenvertretung für unwirksam. Der elementare Grundsatz des Wahlgeheimnisses gilt für sämtliche demokratische Wahlen und dient dazu, den Wähler vor sozialem Druck zu schützen.
Insbesondere in kleinen Betrieben sei die Wahl jedoch fehleranfällig. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der geheimen Wahl führe zu unterschiedlichen Folgen, wie die Autoren in ihren Ausführungen verdeutlichen.

Dieser Beitrag schließt an bereits im Diskussionsforum erschienene Beiträge (Beitrag B9-2012 und B10-2012) zu Kommunikationsproblemen im Rahmen von Wahlen der Schwerbehindertenvertretung an.


Stichwörter:

Schwerbehindertenvertretung (SBV), Wahlgeheimnis, Schwerbehindertenwahlen, Wahl einer Schwerbehindertenvertretung, Wahlgrundsätze, Wahlanfechtung, Wahlverfahren, Kündigungsschutz, Nichtigkeit


Kommentare (3)

  1. Albin Göbel
    Albin Göbel 21.07.2014
    Ein Fehlurteil, weil der Grundsatz der geheimen Wahl grob verletzt wurde. Die vereinfachte Wahl ist eben auch eine "förmliche". Das Urteil des LAG Frankfurt wurde nicht rechtskräftig, wie zu erwarten war, da sich die Parteien auf Vorschlag des BAG am 24.06.2014 verglichen haben nach JURIS.

    Viele Grüße
    Albin Göbel
  2. Albin Göbel
    Albin Göbel 19.05.2014
    Das LAG Frankfurt, Urteil vom 27.09.2012, 16 Sa 1741/11, meint, dass offene Abstimmungen per Handzeichen in Wahlversammlungen nicht generell nichtig, sondern u.U. nur anfechtbar seien. Das erstaunt, da unvereinbar mit dem fundamentalen und allgemeinen sowie demokratischen Wahlrechtsgrundsatz der geheimen Wahl unvereinbar. Der betroffene Betriebsrat sei immer noch in Amt und Würden.

    Orientierungssatz: "Eine Wahl ist nicht bereits nichtig, wenn entgegen dem Grundsatz der geheimen Wahl durch Handzeichen über einen Wahlvorschlag abgestimmt wird. Entscheidend ist, dass im Wahlergebnis erkennbar ist, wie viele Stimmen auf den jeweiligen Wahlbewerber entfallen sind. Eine allgemeine Bekundung der Zustimmung reicht nicht aus (Rn.29)."
    http://dejure.org/2012,34744


    Insoweit bleibt die beim BAG unter dem Az.: 1 AZR 964/12 anhängige Revision von grundsätzlicher Bedeutung abzuwarten, über die demnächst am 24.06.2014 entschieden werden soll. Diese Grundsatzentscheidung ist auch für die Wahl der SBV in Wahlversammlungen bedeutsam.


    Viele Grüße
    Albin Göbel
  3. Albin Göbel
    Albin Göbel 19.05.2014
    Die pauschale Annahme in Abschnitt I, dass bei unter 50 Wahlberechtigten "immer" vereinfacht zu wählen sei, bedarf der Präzisierung, da etwas zu weitgehend. Denn das SGB IX sowie die Wahlordnung schließen vereinfachte Wahlen immer dann aus, wenn Betriebe oder Dienststellen aus "räumlich weit/er auseinander liegenden Teilen" bestehen, also ggf. bei nur 5 Wahlberechtigten (§ 94 Abs. 6 Satz 3 SGB IX und § 18 SchwbVWO).
    www.integrationsamt.de/Welches-Wahlverfahren/174c/

    Bei räumlich weiter Entfernung einzelner Betriebsteile untereinander muss demnach stets förmlich gewählt werden, also auch bei unter 50 Wahlberechtigten zum Zeitpunkt der Einleitung der Wahl. Sonst wäre eine solche Wahl in einer Wahlversammlung generell anfechtbar (BIH-Wahlrechtsbroschüre, Seite 8, 32)
    www.integrationsamt.de/wahl/484c6529i1p/


    Viele Grüße
    Albin Göbel