22.06.2016 Verwaltung, Verbände, Organisationen

Behindertenbeauftragte fordern in „Saarbrücker Erklärung“ Menschenrechte als politische Handlungsmaxime

Die Beauftragten der Länder und des Bundes für die Belange behinderter Menschen haben auf einer gemeinsamen Sitzung Anfang Juni aktuelle Behindertenpolitik mit einem Schwerpunkt auf dem Bundesteilhabegesetz diskutiert. In der gemeinsamen „Saarbrücker Erklärung“ fordern die Beauftragten echte Teilhabe und Selbstbestimmung und erwarten, dass menschenrechtliche Erwägungen jeden weiteren Schritt zur vollen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen bestimmen.

Die Bundes- sowie die Länderbehindertenbeauftragten begrüßen neben der erklärten Zielsetzung des Referentenentwurfs für ein Bundesteilhabegesetz, Selbstbestimmung und Teilhabe zu stärken, ausdrücklich:

  • die Einführung der Möglichkeit einer unabhängigen Beratung;
  • die gesetzliche Verankerung des Budgets für Arbeit;
  • die Schaffung von Alternativen zur Werkstatt für Menschen mit Behinderungen;
  • die Einführung von Frauenbeauftragten in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen;
  • die Aufnahme eines besonderen Merkzeichens für taubblinde Menschen.

Das Kernstück des Entwurfs, das neue Recht der Eingliederungshilfe, erfülle in seiner vorgesehenen Konzeption jedoch nicht die im Koalitionsvertrag vereinbarte Modernisierung des Rechts der Eingliederungshilfe im Sinne einer Weiterentwicklung des Rechts auf der Grundlage der UN-Behindertenrechtskonvention.

Die Bundes- und Landesbehindertenbeauftragten unterstützen in der Erklärung ausdrücklich die sechs Kernforderungen des Deutschen Behindertenrates (DBR):

  • mehr Selbstbestimmung, die Wunsch- und Wahlrechte von Menschen mit Behinderungen zu stärken und nicht einzuschränken;
  • Einkommen und Vermögen nicht mehr heranzuziehen;
  • Nein zu Leistungskürzungen und -einschränkungen;
  • ein Verfahrensrecht, das Leistungen zügig, abgestimmt und wie aus einer Hand für Betroffene ermöglicht und nicht hinter erreichte SGB IX-Gesetzesstandards zurückfällt;
  • mehr Teilhabe- und Wahlmöglichkeiten im Arbeitsleben;
  • Betroffenenrechte nicht indirekt, z.B. über schlechte finanzielle und vertragliche Rahmenbedingungen für Anbieter, beschneiden.

Die Bundesbehindertenbeauftragte Verena Bentele sprach sich für bundesweite Standards für Menschen mit Behinderungen aus.

Ein weiteres Thema war der generelle Ausschluss von E-Scootern von der Beförderung in Bussen. Sowohl Busunternehmen als auch Hilfsmittelproduzenten seien aufgefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit E-Scooter beförderungsfähig sind und bleiben.

Darüber hinaus brauche Deutschland mehr barrierefreien und bezahlbaren Wohnraum. Die Immobilienmarktwirtschaft solle „Barrierefreiheit“ als Qualitätsmerkmal aufnehmen.

Auch die Entschädigung für Menschen, die als Kinder und Jugendliche von 1949-1975 (bzw. bis 1990 in der ehemaligen DDR) in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe oder stationären psychiatrischen Einrichtungen Unrecht und Leid erfahren haben, wurde thematisiert.

Zur Saarbrücker Erklärung

(Quelle: Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, www.behindertenbeauftragte.de)


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