19.04.2022 D: Konzepte und Politik Janßen et al.: Beitrag D7-2022

„Inklusion und Teilhabe – (k)eine Utopie?“ – Diskriminierung online und offline sowie (politische) Auswege – Diskussionen auf der Veranstaltung des Deutschen Behindertenrats zum Welttag der Menschen mit Behinderungen – Teil II

Die Autorinnen und der Autor berichten über die digitale Veranstaltung des Deutschen Behindertenrats (DBR) zum Welttag der Menschen mit Behinderungen, welcher am 3. Dezember 2021 unter dem Motto „Inklusion und Teilhabe – (k)eine Utopie?“ stattfand.

In Teil II des Beitrags wird zunächst das Thema Barrierefreiheit im Rahmen der digitalen Kommunikation diskutiert. Anschließend werden Erfahrungsberichte zur Diskriminierung im Lebensalltag wiedergegeben. Der Beitrag schließt mit einer Podiumsdiskussion, welche mit Blick auf den aktuellen Koalitionsvertrag künftige Entwicklungen der Behindertenpolitik in Deutschland in der 20. Legislaturperiode in Aussicht stellt.

(Zitiervorschlag: Janßen et al.: „Inklusion und Teilhabe – (k)eine Utopie?“ – Diskriminierung online und offline sowie (politische) Auswege – Diskussionen auf der Veranstaltung des Deutschen Behindertenrats zum Welttag der Menschen mit Behinderungen – Teil II; Beitrag D7-2022 unter www.reha-recht.de; 19.04.2022)


Die digitale Veranstaltung des Deutschen Behindertenrats (DBR) zum Welttag der Menschen mit Behinderungen fand am 3. Dezember 2021 unter dem Motto „Inklusion und Teilhabe – (k)eine Utopie?“ statt.[1]

Der vorliegende zweite Teil befasst sich zunächst mit Barrieren bei der digitalen Kommunikation für Menschen mit Behinderung, berichtet über Diskriminierungserfahrungen von Betroffenen und gibt anhand einer Podiumsdiskussion einen Ausblick auf die Politik für Menschen mit Behinderung der 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags.

I. Digitale Kommunikation unter Ausschluss von Menschen mit Behinderungen?

Über digitale Kommunikation diskutierte die Moderatorin Dörte Maack mit Prof. Dr.-Ing. Christian Bühler, Technische Universität Dortmund und Christiane Möller, Rechts­referentin des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes.

Bühler stellte die Frage, wie die digitale Kommunikation von morgen und übermorgen aussehe. Ausgehend von Art. 9 UN-BRK seien die Begriffe Informationstechnologie und digitale Kommunikation weit zu verstehen. Trotz des Potenzials der Technik sei der Zu­gang oft nicht barrierefrei. Dies liege an Unkenntnis der Sicht von Menschen mit Behinderungen und ihren Anforderungen an die Bedienung von Technologien. Es sei unzureichend, wenn einige Bundesministerien als Leuchttürme für barrierefreie Kommu­nikation fungieren, in den anderen Ressorts jedoch eine Person allein vor der Aufgabe der barrierefreien Gestaltung bspw. einer Website stehe. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Gesellschaft den Menschen mit Behinderungen als Expertinnen und Experten in eigener Sache zuhören müsse, um ihre Probleme überhaupt erfassen zu können. Zu­dem würden alle Bürgerinnen und Bürger von einem universellen Design profitieren, da Inhalte leichter zu bedienen wären und überdies individuell angepasst werden könn­ten. Um dies zu erreichen sei es notwendig, beständige Rückmeldungen an die Forschung, die Entwicklung, Politik und Verwaltung zu geben sowie das Thema Barrierefreiheit in die Lehrpläne von Schulen, Hochschulen und Universitäten aufzunehmen. Bühler beton­te die Möglichkeiten, die von einem weltweiten Markt ausgehen und zeigte am Beispiel von Google Maps, dass barrierefrei ausgestaltete Dienstleitungen bezogen auf einen globalen Markt bezahlbar und umsetzbar seien und zudem zielgerichtet benutzt werden können. Insgesamt müssten Maßnahmen und Nachteilsausgleiche in den bisherigen gesetzlichen Regelun­gen verpflichtend ergänzt werden. Ferner sei eine Digitalisie­rungsoffensive notwendig. Für die Zukunft verdeutlichte er den potenziellen Nutzen von Quantencomputern. Diese würden durch nahezu unbegrenzte Rechenkapazitäten große Veränderungen in der Informationstechnologie bringen. Zudem böten beispiels­weise zukünftige Systeme mit Schnittstellen zu Geräten, die über Sensorik verfügen, zahlreiche Möglichkeiten für Menschen mit Sehbehinderungen. Auch künstliche Intelli­genz könnte zur automati­schen Übersetzung in leichte Sprache genutzt werden. Auf die Nachfrage, ob andere Länder einfach technikbegeisterter seien, erwiderte Bühler, dass die zum Teil bestehende Resistenz gegen Neuerungen eine Hürde sei, die es zu überwinden gelte. Ferner seien andere Länder durch global tätige Softwareunternehmen markttechnisch besser auf­gestellt, wodurch sich durch einen großen Marktanteil und damit verbundenen Einnah­men finanziell größere Spielräume auch zur Beseitigung von Barrieren ergäben. Letztlich ermöglichten auch die Rechtssysteme anderer Länder privatrechtliche Klagen, um Barrierefreiheit herzustellen.

Christiane Möller ergänzte, dass die digitale Welt große Chancen böte. Durch digitale Formate könnten größere Gruppen von Menschen erreicht werden. Diese Chance gelte es durch barrierefrei gestaltete digitale Informationsangebote zu nutzen und aus­zubauen. Dabei sei allerdings nicht zu vergessen, dass es weitere Großbaustellen wie unzählige nicht barrierefreie Applikationen für Smartphones und Tablet-PCs gebe. Es sei vom Gesetzgeber dafür zu sorgen, dass die barrierefreie Gestaltung gesetzlich vorgeschrieben wird. Eine niedrigschwellige und einfache Nutzung sei zu gewähr­leisten. Als Beispiele für niedrigschwellige und einfach nutzbare Produkte könnten Smart-Speaker angeführt werden, die nicht explizit für Menschen mit Behinderungen konzipiert seien. Diese ermöglichen es, zuvor nicht zu bewältigende Aufgaben, wie die Einstellung eines Radiosenders, vorzunehmen. Smartphones seien eines der wichtig­sten Hilfsmittel, die ebenfalls zahlreiche barrierefreie Features böten. An diesen beiden Beispielen sei auch deutlich erkennbar, dass Selbsthilfepotenzial für Menschen mit Behinderungen bestünde.

Auf die Frage, warum ein Großteil der Websites von öffentlichen Stellen nicht barriere­frei sei, antwortete Christian Bühler, dass dies äußerst unbefriedigend sei und seit langem gesetzliche Vorgaben hierfür bestünden. Die mangelnde Ausgestaltung der Websites liege nicht am Unwillen der öffentlichen Stellen, vielmehr mangele es am Wissen über die Umsetzung. Dies sei insbesondere auf der Länder- und Kommunalebene zu beob­achten. Christiane Möller plädierte aus diesem Grund ebenfalls für eine Ausbildungs- und Weiterbildungsoffensive im Hinblick auf die Gestaltung von barrierefreien Websites. Letztlich sah sie ebenso wie Christian Bühler ein großes Potenzial in der künstlichen Intelligenz, die Dokumente bereits während ihrer Erstellung in barrierefreie Formate umwandeln könnte. Abschließend verwiesen beide Vortragenden auf den demographischen Wandel, der dazu führen werde, dass die derzeit mehr als 13 Millionen Menschen mit Beeinträchtigungen um einen großen Kreis von Menschen ergänzt werden, wobei alle von Barrierefreiheit (nicht nur) bei Informationstechnik und digitaler Kommunikation profitieren würden.[2]

II. „Du kommst hier nicht rein“ – sechs Erfahrungsberichte aus dem Lebens­alltag von Menschen mit Behinderungen

Unter diesem Punkt stellten die Referentinnen und Referenten eigene Erfahrungen mit Diskriminierung dar. Klaus Heidrich, Allgemeiner Behindertenverband in Deutschland e. V. (ABiD), zeigte auf, wie problematisch es ist, in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern mit einer Mobilitätsbeeinträchtigung auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen zu sein. Damit mobilitätsbeeinträchtigte Menschen am gesellschaft­lichen Leben teilhaben können, müsse der öffentliche Nahverkehr dringend barrierefrei gestaltet werden.

Weiter wurde die nicht barrierefreie Hilfsmittelversorgung für sehbeeinträchtigte Men­schen mit Diabetes wurde beschrieben. Insbesondere sei keine Insulinpumpe mehr erhältlich, die für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen nutzbar sei. Ent­sprechende Hilfsmittel und damit verbundene Apps benötigten eine Sprachausgabe und differenzier­bare Warntöne. Es bestehe dringender Handlungsbedarf von Herstellerfirmen, Verbän­den und vom Gesetzgeber.

Kay Macquarrie, Journalist, Mitglied der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) e. V. und Initiator der Plattform „Barrierefreie Bahn“[3], richtete den eindringlichen Appell an die Deutsche Bahn, die Fahrzeuge endlich barrierefrei zu gestalten. Für Menschen mit Behinderungen müssten diese ohne fremde Hilfe uneingeschränkt nutzbar sein.

Weiter schilderte Gabi Gerwins ihre Enttäuschung darüber, dass Menschen mit einer Lernbeeinträchtigung kaum die Möglichkeit hätten, einen Schulabschluss zu machen, geschweige denn eine Berufsausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder ein Studium zu absolvieren. Zudem müsse Ihrer Ansicht nach die Bezahlung in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) deutlich besser werden.

Martin Seidler zeigte, mit welchen Problemen er im Alltag aufgrund seiner Sprech­beeinträchtigung konfrontiert wird. Mit einer Sprechbeeinträchtigung bestehe generell weniger die Möglichkeit, Missverständnisse aufzuklären und seinen Bedarf zur Sprache zu bringen. Es halte sich zudem – auch bei Ärztinnen und Ärzten – hartnäckig das Vorurteil, dass Menschen, die nicht verständlich sprechen können, auch Probleme mit dem Hören oder dem Verstehen haben.

Jennifer Sonntag, Sozialpädagogin, Autorin und Moderatorin, kritisierte im abschlie­ßen­den Wortbeitrag die mangelnde Barrierefreiheit für Menschen mit Beeinträchti­gungen in der medizinischen Versorgung. In vielen Praxen und Kliniken gebe es physische Barrieren in Form von Stufen, fehlenden Aufzügen und fehlenden Orientierungs­systemen für sehbeeinträchtigte Menschen. Darüber hinaus gebe es kaum lesbare Informationen für sehbeeinträchtigte Menschen oder Informationen in Leichter Sprache.

II. Podiumsdiskussion „Wege aus der Diskriminierung: Behindertenpolitik in der 20. Legislaturperiode“

Anschließend diskutierte Dörte Maack mit Vertreterinnen und Vertretern der Politik sowie des gesamten Sprecherrats des DBR zur Behindertenpolitik in der 20. Legislatur­periode. In ihrem Eingangsstatement begrüßte Corinna Rüffer, Sprecherin für Behin­dertenpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, dass das Thema Barrierefreiheit im Koalitions­vertrag mehrfach aufgegriffen werde und dass Private zur Verantwortung gezogen werden sollten. Die geplanten Veränderungen verschiedener Gesetze, insbesondere des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG), des Allgemeinen Gleichbehandlungs­gesetzes (AGG) und des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG), seien positiv. Jens Beeck, teilhabepolitischer Sprecher der FDP, betonte, dass zwischen den drei Parteien der Koalition gut zu den behindertenpolitischen Themen verhandelt wurde. Positiv sei, dass die Forderung nach Barrierefreiheit an vielen Stellen ihren Nieder­schlag im Koalitionsvertrag finde. Zudem sei der Ausbau der Medizinischen Zentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung (MZEB)[4] und der Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) vorgesehen. Angelika Glöckner, Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung der SPD, betonte, dass Inklusion und Barrierefreiheit einen großen Stellenwert im neuen Koalitionsvertrag einnähmen. U. a. sei auch das Thema Barrierefreiheit beim Bauen wichtig und müsse insgesamt als Prozess gesehen werden.

Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, verwies auf die Notwendigkeit, das AGG zu überarbeiten und insbesondere private Anbieterinnen und Anbieter zu angemessenen Vorkehrungen zu verpflichten. Die Schlichtungsstelle in Deutschland erfülle einen wichtigen Beitrag. Eine Aufgabenerweiterung in Anlehnung an Österreich sei sinnvoll. Sie kritisierte zudem die überlangen Umsetzungsfristen des BFSG.[5] Auch andere Ministerien als das BMAS sollten Barrierefreiheit umsetzen und ihr Bewusstsein für dieses Thema schärfen. Vor dem Hintergrund der alternden Gesellschaft stelle sich diese Frage verstärkt. Beeck betonte mit Blick auf die Verpflichtung privater Anbieter, dass es bereits jetzt Dienstleistende sowie Anbieterinnen und Anbieter gebe, die im Bereich Barrierefreiheit sehr aktiv seien. Auch von dieser Seite entstehe Druck auf den Gesetzgeber, aktiv zu werden und alle Anbieter auch vor dem Hintergrund des fairen Wettbewerbs an das Gebot der Barrierefreiheit zu binden. Wenn Barrierefreiheit von Anfang an mitgedacht werde, sei diese nicht teurer oder aufwändiger. Horst Frehe, ISL e. V., plädierte ebenfalls für die Anwendung des BGG auf private Anbieterinnen und Anbieter. Eine entsprechende Überforderungs­klausel nach österreichischem Vorbild sei dabei denkbar. Gleichzeitig müsse die Rechts­durchsetzung mit einem leistungsrecht­lichen Anspruch verbessert werden. Die bis­herige Feststellungsklage reiche nicht aus. Eine stärkere Kontrolle der Umsetzung sei insbesondere auch mit Blick auf die Deutsche Bahn erforderlich.

Dörte Maack vertiefte das Thema des öffentlichen Personennahverkehrs und das ge­plante Bundesprogramm Barrierefreiheit. Rüffer betonte, dass das Personen­beförde­rungsgesetz bereits zur barrierefreien Ausgestaltung verpflichte. Da es in der Praxis an der Umsetzung fehle, plane die Koalition die bestehenden Ausnahmen[6] zurück­zunehmen. Hannelore Loskill betonte, dass auch in Metropolregionen oft noch Nach­holbedarf hinsichtlich der Barrierefreiheit bestehe. Es fehle an einer Kontrolle der Umsetzung und an Sanktionsmechanismen, die gerade auch die privaten Anbiete­rinnen und Anbieter an die Einhaltung der Barrierefreiheit binden. Adolf Bauer, Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD), stellte fest, dass sich im Koalitionsvertrag ermutigende Signale mit Bezug auf den Arbeitsmarkt finden lassen, so z. B. die vierte Stufe der Ausgleichsabgabe. Eine Stärkung der Schwerbehindertenvertretung (SBV) sei bedauerlicher Weise nicht Gegenstand des Koalitionsvertrags geworden. Notwendig sei zudem eine weitere Debatte über Entgelterhöhung bzw. -reform in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung.[7] Horst Frehe wies im Kontext der Barrierefreiheit auf die entsprechende Umsetzung in Großbritannien oder den Vereinigten Staaten von Amerika hin. Es bestehe in Deutschland gerade keine vergleichbare Möglichkeit, Schadensersatz und Entschädi­gungen einzufordern. Verena Bentele bewertete die geplante Einführung der vierten Stufe der Ausgleichsabgabe ebenfalls als sehr positiv und betonte, dass diese mit möglichst wenigen Ausnahmen versehen werden sollte. Die Ansprechstellen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssten streng evaluiert werden.

Dörte Maack resümierte, dass Inklusion und Teilhabe an vielen Stellen Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben. Gleichzeitig zwang nicht zuletzt die Pandemie die letzte Bundesregierung oft mehr zum Reagieren als zum wirklichen Gestalten. Angelika Glöckner stellte fest, dass die Pandemie den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt von Menschen mit Behinderungen ausgebremst habe. Es sei wichtig, Menschen mit Behinderungen auch außerhalb der WfbM die Möglichkeiten zu geben, am ersten Arbeitsmarkt eine Ausbildung zu ergreifen und die notwendigen Hilfen, wie eine Gebärdensprachdolmetschung, hierfür bereitzustellen. Gleichzeitig müsse insbesondere den kleineren und mittleren Betrieben eine Unterstützung angeboten werden. Insbesondere die Ansprechstellen (§ 185a SGB IX) sollten flächendeckend ausgebaut werden. Es bedürfe zudem einer Ausgleichsabgabe, die einen tatsächlichen und wirksamen Sanktionierungscharakter hat. Corinna Rüffer betonte, die Stärkung der Rolle der Schwerbehindertenvertretung sei notwendig. Dies sei eine Leerstelle im Koalitionsvertrag. Bestehende Regelungen müssten auf ihre Wirksamkeit untersucht werden. Dies betreffe unter anderem die Ausgestaltung der Assistenz im Krankenhaus, da diese lückenhaft sei.[8] Weiterhin sei die Einrichtung einer Enquete-Kommission zu mehr Inklusion im Arbeitsmarkt sinnvoll, um eine vertiefte strukturelle Auseinandersetzung zu ermöglichen. Jens Beeck betonte, dass es nicht erneut zu Kontaktbeschränkungen in Einrichtungen, insbesondere der vollständigen Versagung von Kontakten, kommen dürfe. Ein gegenseitiges Vertrauen der Koalitionsparteien darin, die festgeschriebenen Ziele auch erreichen zu wollen sowie eine Zusammenarbeit mit den Verbänden und Betroffenen seien entscheidend.

Dörte Maack erfragte abschließend die Forderungen des DBR an die Regierungs­koalition. Adolf Bauer setze seine Hoffnung in die zügige Umsetzung des Koalitions­vertrages sowie darauf, dass Lücken in der Partizipation von Menschen mit Behinde­rungen geschlossen werden. Verena Bentele verstärkte die Forderung nach einer um­fassenden Überarbeitung der bestehenden Gesetze sowie einer Einbeziehung der privaten Anbieter in die Regelungen zur Barrierefreiheit. Hannelore Loskill äußerte die Hoffnung, dass auch die behindertenpolitischen Sprecherinnen und Sprecher ihre Zusammenarbeit mit den Menschen mit Behinderungen und ihren Verbänden fort­führen und die Inhalte des Koalitionsvertrages umgesetzt werden können.

Beitrag von Christina Janßen, LL.M., Karoline Riegel, Ass. iur., Konstanze Rothe, Ass. iur, und Jan Trienekens, Dipl.-Jurist, Universität Kassel

Fußnoten

[1] Eine Aufzeichnung ist hier verfügbar: https://www.youtube.com/watch?v=556b0hY81bw, zuletzt abgerufen am 23.03.2022.

[2] Siehe hierzu Frankenstein: Teilhabe durch barrierefreie Informationstechnik – Grund­verständnis und Perspektiven; Beitrag A1-2022 unter www.reha-recht.de, 13.01.2022.

[3] Siehe https://barrierefreiebahn.de/.

[4] Siehe hierzu Schülle: Barrieren der Barrierefreiheit – Gesundheitsversorgung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung – Teil II: Gesetzesgrundlage und Konzeption der Medizinischen Zentren für erwachsene Menschen mit Behinderungen (MZEB), D51-2017 unter www.reha-recht.de, 24.11.2017.

[5] Siehe zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz die Beiträge von Boysen und Steinbrück, Vom European Accessibility Act zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, Teil I–Teil IV, Fachbeiträge E2–E5-2021 unter www.reha-recht.de.

[6] Ausnahmen bestehen im Personenbeförderungsgesetz (PbefG)  für Regelungen zur Barriere­freiheit in Nahverkehrsplänen.  Das sind Planungsinstrumente, die eine Grundlage für die Ausgestaltung des ÖPNV schaffen, indem Anforderungen an Umfang und Qualität des Verkehrsangebotes sowie dessen Umweltqualität festgeschrieben werden. Der Nah­ver­kehrsplan hat die Belange von Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen. Für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs sollte so bis zum 01.01.2022 eine vollstän­dige Barrierefreiheit erreicht werden. Diese Frist gilt allerdings nicht, sofern in dem Nah­verkehrsplan Ausnahmen konkret benannt und begründet werden (§ 8 Abs. 3 S. 2–4 PBefG). Weitere Einschränkungen der Barrierefreiheit sind in § 64c PBefG möglich. Die Regelung verpflichtet Taxiunternehmen mit einem Fuhrpark ab 20 Fahrzeugen in Abs. 1 zur Vorhaltung von 5 % barrierefreien Fahrzeugen. Die Genehmigungsbehörde kann Ausnah­men davon bestimmen, soweit dies nachweislich aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unumgänglich ist (Abs. 2). Welche Regelungen genau gemeint sind, wurde in der Diskussion jedoch nicht vertieft. Auch der Koalitionsvertrag nennt keine konkreten Regelun­gen.

[7] Dazu gibt es aktuell ein Forschungsprojekt. Siehe https://www.reha-recht.de/infothek/beitrag/artikel/bmas-studie-die-verguetung-wfbm-beschaeftigter-auf-dem-pruefstand/ (zuletzt geprüft am 23.03.2022).

[8] Siehe dazu Janßen: Die Neuregelungen zur Assistenz im Krankenhaus; Beitrag A41-2021 unter www.reha-recht.de; 26.11.2021 sowie Janßen: Assistenz von Menschen mit Behinde­rungen im Krankenhaus – Reformbedarfe im Lichte des Rechts auf Gesundheit nach Art. 25 UN-BRK und des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG; Beiträge A11 und D14-2021 unter www.reha-recht.de.


Stichwörter:

Deutscher Behindertenrat (DBR), Inklusion, Bundesteilhabegesetz, Diskriminierung, Barrierefreiheit, Barrierefreiheit (digital), Barrierefreiheit im Verkehr, Digitalisierung, Kommunikation


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