12.06.2020 E: Recht der Dienste und Einrichtungen Dittmann: Beitrag E3-2020

Qualitätssicherung in der medizinischen Rehabilitation – Neues vom 13. REHA-Rechtstag 2019

In dem vorliegenden Beitrag berichtet der Autor René Dittmann vom 13. REHA-Rechtstag 2019 und gibt die Diskussion um aktuelle Entwicklungen und Fragen des Rehabilitationsrechts wieder. Ein Schwerpunkt ist die Qualitätssicherung in der medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung und die damit verbundenen Herausforderungen.

(Zitiervorschlag: Dittmann: Qualitätssicherung in der medizinischen Rehabilitation – Neues vom 13. REHA-Rechtstag 2019; Beitrag E3-2020 unter www.reha-recht.de; 12.06.2020)

I. Einleitung

Auf dem 13. REHA-Rechtstag 2019 wurden aktuelle Entwicklungen und Fragen des Rehabilitationsrechts vorgestellt und diskutiert. Ein Thema der Veranstaltung war die Qualitätssicherung in der medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung und die damit verbundenen Herausforderungen.

II. Qualitätssicherung in der medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung: Abgrenzung und Zuständigkeiten bei konkurrierenden Qualitätssicherungsverfahren

Die Erbringung von Leistungen nach dem Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie nach dem Recht der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) hat unter Berücksichtigung von Qualitätsanforderungen und -standards zu erfolgen (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX, § 135a SGB V). Obwohl die Rehabilitationsträger gemäß § 37 Abs. 1 SGB IX eine gemeinsame Empfehlung zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der Rehabilitationsleistungen vereinbart haben,[1] zeigte Dirk van den Heuvel (Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Bundesverbands Geriatrie e. V.), dass sich in der Praxis das Qualitätssicherungsverfahren der GKV von dem der GRV unterscheidet und sich damit für Rehabilitationseinrichtungen Probleme im Rahmen der Belegungssteuerung ergeben können.

Bereits im Jahr 1999 vereinbarten die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung, der gesetzlichen Unfallversicherung, der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sowie die Bundesknappschaft die Gemeinsame Erklärung über eine Zusammenarbeit in der Qualitätssicherung in der medizinischen Rehabilitation.[2] Darin wurde erklärt, dass ein

„Ziel der Kooperation die Abstimmung, Harmonisierung und gemeinsame Weiterentwicklung bereits bestehender sowie geplanter Maßnahmen und Verfahren [ist], um zu vermeiden, dass die Rehabilitationseinrichtungen mehrfach externen Qualitätssicherungsmaßnahmen unterzogen werden“.[3]

Daher werden die Kooperationspartner

„inhaltlich gleichartige und gleichwertige Qualitätssicherungsverfahren gegenseitig anerkennen. Solange kein einheitliches gemeinsames Programm zur Qualitätssicherung vorliegt, soll grundsätzlich das jeweilige Programm des Hauptbelegers (RV / KV) zur Anwendung kommen“[4].

Ergänzt wurde die Gemeinsame Erklärung von 1999 durch die 2003 von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) veröffentlichte Gemeinsame Empfehlung Qualitätssicherung[5] sowie durch eine Vereinbarung des GKV-Spitzenverbandes und der Träger der Deutschen Rentenversicherung über die weitere Zusammenarbeit in der Qualitätssicherung der medizinischen Rehabilitation aus dem Jahr 2013.[6] Darin wurde u. a. festgehalten, dass die Grundlage der rehabilitationsträgerübergreifenden Kooperation in der Qualitätssicherung weiterhin die Gemeinsame Erklärung von 1999 ist (Nr. 1), verschiedene Ansätze und Verfahren der externen Qualitätssicherung bei den Rehabilitationsträgern bestehen (Nr. 4) und sich die Zuordnung zum Qualitätssicherungsverfahren (Kranken- oder Rentenversicherung) nach dem „Hauptbeleger“ (dem Rehabilitationsträger, der die Einrichtung am meisten in Anspruch nimmt) richtet (Nr. 8).

Van den Heuvel hielt fest, dass sich die Rehabilitationseinrichtungen an einer externen Qualitätssicherung beteiligen müssen, die Rehabilitationsträger der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Gesetzlichen Rentenversicherung über eigene Verfahren verfügen, allerdings das jeweils andere Qualitätssicherungssystem anerkennen und daher eine Rehabilitationseinrichtung durch die Teilnahme an einem System seinen rechtlichen Verpflichtungen (grundsätzlich) nachkommen kann. Problematisch sei aber, dass mit den zwei Qualitätssicherungsverfahren auch unterschiedliche Datenbanksysteme, unterschiedliche Ergebnisberichte, unterschiedliche Bewertungen der Ergebnisparameter sowie unterschiedliche Risikoadjustierungen der Systeme verbunden seien. Folglich sei die Zusammenführung von Ergebnissen der Qualitätssicherung kaum möglich und diese seien nur schwer vergleichbar. Praktisch könne ein Vergleich der Qualität z. B. einer Reha-Klinik der Orthopädie, in der hauptsächlich Versicherte auf Kosten der GKV versorgt werden, mit einer Reha-Klinik der Orthopädie, in der hauptsächlich Versicherte auf Kosten der GRV versorgt werden, kaum vorgenommen werden. Das könne insbesondere dann zu einem Problem führen, wenn die Inanspruchnahme („Belegung“) von Rehabilitationseinrichtungen[7] vor allem über die Qualität der Einrichtungen gesteuert wird. Fraglich sei dann, ob auch die Einrichtungen (betroffen sind Einrichtungen, die sowohl für die Träger der GKV als auch der GRV medizinische Rehabilitationsleistungen erbringen) Berücksichtigung finden, die nach dem Qualitätssicherungsverfahren des jeweils anderen Rehabilitationsträgers evaluiert werden. In einem solchen Fall, so van den Heuvel, müsse eine Klinik, die nach dem Qualitätssicherungsverfahren der GKV kontrolliert werde, aber auch Rehabilitanden der GRV versorge, bei der Belegungssteuerung einbezogen werden.

Die Zusammenführung beider Systeme der Qualitätssicherung konnte bisher nicht erreicht werden. Einerseits habe die GKV hohe Kosten für die Entwicklung des eigenen Systems investiert. Andererseits könne das System der GRV auf eine längere Laufzeit und somit eine größere Erfahrung zurückblicken. Kleinere Anpassungen der Systeme wurden zwar bereits erreicht, die großen Probleme – Unterschiede bei der Erhebung, Verarbeitung und Auswertung der Daten – konnten jedoch noch nicht gelöst werden.

III. Diskussion

In der Diskussion wurden zunächst die Möglichkeiten auf Ebene der BAR angesprochen. Van den Heuvel erkenne zwar eindeutig den Willen, dass auf diesem Wege eine Vereinheitlichung der Qualitätssicherungssysteme angestrebt werde. Allerdings scheitere es dort an den gleichen Problemen wie auf bilateraler Verhandlungsebene. Des Weiteren wurde gefragt, ob die §§ 37 SGB IX und 137d SGB V nicht die Pflicht zu trägerübergreifend kompatiblen Systemen enthalten. Van den Heuvel äußerte, dass die Vorschriften möglicherweise auch so verstanden werden könnten, dass allein eine qualitätsgesicherte Leistungserbringung gewährleistet werden müsse.

Beitrag von René Dittmann (LL.M.), Universität Kassel

Fußnoten

[1] Gemeinsame Empfehlung Qualitätssicherung nach § 37 Abs. 1 SGB IX, hrsg. von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, November 2018, abrufbar unter https://www.bar-frankfurt.de/fileadmin/dateiliste/_publikationen/reha_vereinbarungen/pdfs/GEQuali_37Abs.1SGB_IX.web.pdf, zuletzt abgerufen am 12.11.2019.

[2] Abrufbar unter https://qs-reha.de/media/dokumente/gesetze_und_richtlinien/Gemeinsame_Erklearung_RV_GKV_1999.pdf, zuletzt abgerufen am 13.11.2019.

[3] Gemeinsame Erklärung über eine Zusammenarbeit in der Qualitätssicherung der medizinischen Rehabilitation, Nr. 3, abrufbar unter https://qs-reha.de/media/dokumente/gesetze_und_richtlinien/Gemeinsame_Erklearung_RV_GKV_1999.pdf, zuletzt abgerufen am 13.11.2019.

[4] Gemeinsame Erklärung über eine Zusammenarbeit in der Qualitätssicherung der medizinischen Rehabilitation, Nr. 4, abrufbar unter https://qs-reha.de/media/dokumente/gesetze_und_richtlinien/Gemeinsame_Erklearung_RV_GKV_1999.pdf, zuletzt abgerufen am 13.11.2019.    

[5] Gemeinsame Empfehlung Qualitätssicherung nach § 20 Abs. 1 SGB IX vom 27. März 2003, abrufbar unter https://qs-reha.de/media/dokumente/gesetze_und_richtlinien/bar_gemeinsame_empfehlung_20_1_sgb_IX.pdf, zuletzt abgerufen am 13.11.2019.

[6] Abrufbar unter https://qs-reha.de/media/dokumente/gesetze_und_richtlinien/Anlage_Vereinbarung_Zusammenarbeit_GKV_und_DRV_QS_Reha_Okt_2013.pdf, zuletzt abgerufen am 13.11.2019.

[7] Dazu: Dittmann: Vergaberecht und die „open-house“-Zulassungs- und Belegungspraxis der Deutschen Rentenversicherung – Bericht vom REHA-Rechtstag 2018; Beitrag E5-2019 unter www.reha-recht.de; 21.08.2019.


Stichwörter:

Genehmigungsfiktion, Qualitätssicherung, Qualitätsstandards, REHA-Rechtstag, Medizinische Rehabilitation, Kooperation der Rehabilitationsträger, Rehabilitationsträger


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