04.01.2024 D: Konzepte und Politik Grupp, Hahn: Beitrag D1-2024
Wege in den inklusiven Arbeitsmarkt für kognitiv und seelisch beeinträchtigte Menschen – Zusammenfassung der Online-Diskussion im moderierten Forum Fragen – Meinungen – Antworten zum Rehabilitations- und Teilhaberecht (11.–31.10.2023)
Die Autorinnen Livia Grupp und Nikola Hahn berichten über die Online-Diskussion zum Thema „Wege in den inklusiven Arbeitsmarkt für kognitiv und seelisch beeinträchtigte Menschen“ vom Oktober 2023. Unter Beteiligung von Expertinnen und Expertinnen sowie Forenmitgliedern wurden 3 Wochen lang Erfahrungen aus Betroffenen- und Arbeitgebersicht sowie Perspektiven aus Politik und Beratung und vonseiten der Leistungserbringer erörtert. Es wurde deutlich, dass der Arbeitsmarkt nur dann auch für Menschen mit bisher noch erheblichen Exklusionsrisiken zugänglich wird, wenn alle Angebote (von der Beratung, über die Bedarfsermittlung bis zur Leistungsgewährung und Leistungsausführung) partizipativ und personzentriert ausgerichtet werden. Praxisnahe Beispiele und Impulse zeigten dabei Beschäftigungsmöglichkeiten unter Nutzung verschiedener Instrumente auf, insbesondere auch des Budgets für Arbeit und des Budgets für Ausbildung.
(Zitiervorschlag: Grupp, Hahn: Wege in den inklusiven Arbeitsmarkt für kognitiv und seelisch beeinträchtigte Menschen – Zusammenfassung der Online-Diskussion im moderierten Forum Fragen – Meinungen – Antworten zum Rehabilitations- und Teilhaberecht (11.–31.10.2023); Beitrag D1-2024 unter www.reha-recht.de; 04.01.2024.)
Trotz zahlreicher Anstrengungen ist der allgemeine Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen bis heute nicht frei zugänglich. Auch die mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) eingeführten Instrumente Budget für Arbeit (BfA) und Budget für Ausbildung erzielen noch nicht die beabsichtigte Wirkung. Dabei könnten diese gerade für Menschen mit kognitiver oder mit seelischer Beeinträchtigung eine Alternative zur Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)[1] bedeuten. Erfahrungen, Hintergründe und Ansätze zur Weiterentwicklung der Teilhabe am Arbeitsleben wurden in der Online-Diskussion der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation e. V. (DVfR) und ihrer Kooperationspartnerin, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), mit den folgenden Expertinnen und Experten sowie weiteren Forenmitgliedern vertieft:
- Tanja Apholte, Diversity Manager und Inklusionsbeauftragte, DHL Airways GmbH
- Kerstin Bruère, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt
- Wolfgang Dings, Berufsförderungswerk (BFW) Bad Wildbad gGmbH
- Kathrin Engel und Marco Lehmann, Lebenshilfe Westpfalz e. V.
- Monika Labruier, ProjektRouter gGmbH, Köln
- Karsten Lutz, Ökumenisches Gemeinschaftswerk Pfalz GmbH, JobWERK Kaiserslautern
- Prof. Dr. Torsten Schaumberg, Sozialrecht, Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Hochschule Nordhausen
- Andrea Seeger, Access Inklusion im Arbeitsleben gGmbH, Nürnberg
Das Recht auf Arbeit umfasst gem. Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) auch die Möglichkeit, in einem offenen, inklusiven und zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld zu arbeiten. Die Online-Diskussion betrachtete die besonderen Herausforderungen für Menschen mit einer kognitiven oder seelischen Beeinträchtigung beim Übergang zu einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. In 11 Themenpfaden mit über 90 Beiträgen wurden die Erfahrungen aus Betroffenen- und Arbeitgebersicht sowie Perspektiven aus Politik und Beratung und vonseiten der Leistungserbringer diskutiert. Dabei wurden Beschäftigungsmöglichkeiten unter Nutzung von Jobcoaching, der Unterstützten Beschäftigung (UB), Außenarbeitsplätzen bzw. betriebsintegrierten Arbeitsplätzen (BiAP)[2] und Instrumenten wie die Budgets für Arbeit und für Ausbildung aufgezeigt. Praxisnahe Impulse und Best-Practice-Beispiele für die gelingende Inklusion in den allgemeinen Arbeitsmarkt bereicherten den Austausch. Wiederholt wurde die Relevanz von guten Beispielen unterstrichen, die ihre Erprobungsphase schon längst hinter sich haben und als „Blaupause“ für Unternehmen dienen können, um inklusive Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen.
Zunächst bestätigten die Expertinnen und Experten, dass der Wunsch von Menschen mit Behinderungen nach einem inklusiven Arbeitsplatz von verschiedenen Akteuren häufig nicht hinreichend berücksichtigt wird.[3] Immer noch fehle es an einer wirklich personzentrierten Bedarfsermittlung. Als problematisch wurde eine zu geringe Bandbreite in der Beratung durch Fachkräfte identifiziert, oft verbunden mit mangelnder Kenntnis der Alternativen zur Werkstatt wie z. B. das Budget für Ausbildung oder die berufliche Bildung mit Persönlichem Budget. So setzten Leistungsträger von vornherein häufig einen restriktiven Rahmen, den nur wenige Menschen mit Behinderungen verlassen. Um das enge Korsett zu überwinden, das sich aus der jahrzehntelangen, tradierten Verwaltungspraxis naturgemäß ergibt, bedarf es eines umfassenden Neuverständnisses, gerade auch bei den Trägern. Einen entsprechenden Weiterbildungsbedarf verorteten die Diskutanten sowohl bei den Beratenden als auch in Betrieben und Unternehmen. Mehr Wissen über mögliche berufliche Erprobungs-, Qualifizierungs- und Unterstützungsleistungen der verschiedenen Leistungsträger benötigten auch Menschen mit Behinderungen. Schon vor Beginn einer Maßnahme sei eine gesetzlich refinanzierte, ergebnisoffene, unabhängige Unterstützung und Begleitung notwendig. Auch die Assessments der Berufsförderungswerke (BFW) müssten in den Blick genommen werden:
„Die hier Verantwortlichen müssen neben den ‚standardisierten‘ Mustern der Empfehlung, die durchaus den individuellen Interessen entsprechen können, auch andere Wege der Integration in den Arbeitsmarkt kennen und gemeinsam mit dem Ratsuchenden als angemessenen Weg erarbeiten.“ (Wolfgang Dings)[4]
„In Summe müssen wir weg vom Maßnahmendenken, sondern uns fragen: Was braucht die Person, um im allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wie das gelingt, wissen wir längst, wenn man uns alle nur lässt und entsprechend finanziell ausstattet. Den Dialog hierzu mit Kostenträgern und der Politik zu führen, ist immens wichtig.“ (Andrea Seeger)
Hier wurde u. a. auf das Positionspapier des Verbändetreffens Inklusive Arbeit verwiesen, das ein konsequent personenzentriertes Handeln aller Akteure fordert.[5] Positiv wurde bewertet, dass nach dem im Juni 2023 verkündeten Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes nun jeder Leistungsträger Jobcoaching zur besseren Vorbereitung auf eine Tätigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzen könne.[6] Ein externer Jobcoach (w/m/d) unterstützt alle Beteiligten dabei, einen Arbeitsplatz zu sichern, indem mit dem Blick von außen geschaut werde, ob die Person passend eingesetzt sei. Allerdings wurde angemerkt, dass der Leistungskatalog des § 49 SGB IX ohnehin nicht abschließend sei, und Jobcoaching schon vorher als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) möglich gewesen wäre. Auch wurde auf Qualitätsunterschiede hingewiesen, wenn bei der Ausschreibung für ein Jobcoaching die „günstigsten“ Anbieter den Zuschlag erhalten. Eine Expertin äußerte die Erwartung, dass die neuen Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) nach § 185a SGB IX durch ihre Arbeitgeberausrichtung „eine Schlüsselfunktion im Aufbau eines möglichst breit gefächerten inklusiven Arbeitsmarktes einnehmen werden“ und zudem die Weiterentwicklung der Instrumente verfolgen könnten. Die EAA unterstützen Arbeitgeber bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung, vermitteln an Leistungsträger und unterstützen bei der Antragstellung.[7]
Als Denkanstoß wurde angeregt, die berufliche Inklusion grundsätzlich zu vereinfachen:
„Was wäre, wenn das komplexe Konstrukt der beruflichen Inklusion einfacher und vor allem ganzheitlicher gestaltet würde?
- Die Grundlagen für die Umsetzung sind gesetzlich verankert und damit bundesweit für alle nutzbar.
- Die Leistungsträger verfügen für die verschiedenen Phasen der beruflichen Befähigung, Erprobung, Qualifizierung und Beschäftigung über inklusiv ausgerichtete Instrumente.
- Inklusive Leistungserbringer, wie beispielhaft Access, können individuelle und bedarfsorientierte Unterstützungsleistungen anbieten.“ (Monika Labruier)
Eine kognitive Beeinträchtigung kann sich u. a. in Konzentrations- oder Lernschwierigkeiten sowie Entwicklungsverzögerungen zeigen. Der Allgemeine Behindertenverband in Deutschland (ABiD e.V.) thematisierte die noch immer präsente Diskriminierung und Stigmatisierung von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, unklare Zuständigkeiten bei rechtlichen Fragen zu ihrer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, fehlende Ansprechpersonen und schwer verfügbare Informationen z. B. zur Erstellung eines Teilhabeplans[8] nach § 19 SGB IX. Auch bürokratische Hemmnisse bei der zeitnahen Zurverfügungstellung von Hilfsmitteln wurden genannt. Eine Angehörige monierte, dass es der zuständigen Reha-Abteilung der Agentur für Arbeit an Erfahrung und Kontakten mangele, um junge Menschen mit Behinderung bei einer Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu unterstützen. Zu häufig würden diese in Maßnahmen des Übergangsbereichs vermittelt, was ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz und anschließende Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verschlechtere.[9] Junge Menschen mit kognitiven Einschränkungen können häufig keine Vollausbildung absolvieren und das Spektrum an theoriereduzierten Ausbildungen[10] bzw. Fachpraktiker- oder Fachwerker-Ausbildungen sei wiederum so gering, dass man kaum von einer freien Berufswahl sprechen könne.[11] Am Beispiel von Fachpraktikerinnen bzw. Fachpraktikern im Gartenbau wurde ein praktisches Problem geschildert. So wird berichtet, dass einem Gärtnereibetrieb, der Menschen mit Behinderungen als Fachwerker[12] beschäftigt, der Beschäftigungssicherungszuschuss[13] vom Integrationsamt immer nur für das erste Beschäftigungsjahr bewilligt wird. In der Folge wechselten die Fachwerker jährlich die Betriebe. In der Diskussion wurde hier angemerkt, dass Arbeitgeber nach Fristablauf einen Antrag auf Weiterbewilligung stellen können inklusive erneuter Stellungnahme des Integrationsfachdiensts (IFD). Eine ähnliche Konstellation führte in Nordrhein-Westfalen zur Gründung von Inklusionsbetrieben, die eng verzahnt mit anderen Garten-Landbau-Betrieben wiederkehrende, klar strukturierte Aufgaben übernehmen.[14] So hätten sich vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben, und der Leistungsträger könne für anerkannte Beschäftigte der Zielgruppe für Inklusionsunternehmen/-abteilungen unbefristet pauschalierte Lohnkosten- und Betreuungszuschüsse gewähren, so Monika Labruier.
„Es gibt in Deutschland eine Bandbreite an unterschiedlichen Unterstützungsmöglichkeiten, gleichzeitig gibt es auch verschiedenste Kostenträger und Zuständigkeiten sowie Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Aus Unternehmensperspektive sind diese oftmals nur schwer zu durchblicken und stellen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen in der Praxis vor Herausforderungen.“ (Tanja Apholte)[15]
Für eine Übersicht zu Leistungen und Förderungen für Arbeitgeber und Menschen mit Behinderungen wurde in der Diskussion vor allem auf die einschlägigen Informationen und Publikationen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) verwiesen.[16]
Herausforderungen sind weiterhin bei der Inanspruchnahme der Budgets für Arbeit und für Ausbildung zu beobachten, was sich auch in den Statistiken zur Nutzung dieser Instrumente spiegelt.[17] Um die Nutzung der Budgets zu steigern, müssen sie einerseits besser bekannt gemacht werden, u. a. mit guten Beispielen.[18] Andererseits sei die aktive fachliche Begleitung von Werkstattbeschäftigten und Arbeitgebern im Vorfeld nötig, mithin durch unabhängige Dienste.[19] Das Notwendige für ein Budget zu verhandeln, abzuklären und zu verschriftlichen sei ein fachlich derart komplexer und aufwändiger Prozess, dass dies nicht allein die antragstellende Person (und/oder deren Umfeld) bewältigen sollte. Es handele sich um Fachleistungen, die anerkannt und vergütet werden müssen. Dazu seien gesetzliche Anpassungen notwendig.
„Wir haben einen Beratungsprozess zum Budget für Arbeit entwickelt, der die Menschen (und ihr verantwortliches Umfeld) schon vor und während ihrer Praktika darüber aufklärt, was die Konsequenzen einer Entscheidung für Budget für Arbeit sein werden. Das ist für uns bis heute eine der wichtigsten Komponenten: So gut als möglich aufklären und informieren. Ein Teil davon, neben der Rentengeschichte, ist die Gegenüberstellung der aktuellen Einkommenssituation (und anderer Privilegien) und jener, wie sie sich im Rahmen Budget für Arbeit zusammensetzen würde, unter Berücksichtigung der individuellen Lebensumstände.“ (Karsten Lutz)
Als Hürde für den Arbeitgeber wird die oft unklare Förderhöhe, mit nicht nachvollziehbaren unterschiedlichen Berechnungen von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter wahrgenommen. An die Leistungsträger richtete sich die Erwartung, dass diese künftig das nötige Verfahren fachkompetent und handlungsleitend koordinieren. Ein „langer Rückstau“ bei Bescheiden mit Wartezeiten von bis zu 1,5 Jahren biete Unternehmen keine Planungssicherheit. Für Menschen mit Behinderungen wiederum wurde der Aufbau einer ausreichenden Rentenversorgung als eines der Hemmnisse für die Nutzung des Budgets für Arbeit bezeichnet. Derzeit erhalten Menschen mit Behinderung bei Beschäftigung in einer Werkstatt Rentenansprüche mindestens, als hätten sie ein Entgelt in Höhe von 80 Prozent des durchschnittlichen Verdienstes aller Versicherten erzielt (vgl. § 162 Nr. 2 SGB VI); dazu werden ihre Rentenversicherungsbeiträge aufgestockt. Wenn sie aus der WfbM oder von einem anderen Leistungsanbieter mit einem BfA in einen Inklusionsbetrieb wechseln, bleibt ihnen dieses sogenannte „Rentenprivileg“ erhalten (vgl. § 162 Nr. 2a SGB VI). Menschen mit Behinderung, die direkt mit einem BfA am allgemeinen Arbeitsmarkt tätig werden, ohne vorherige Beschäftigung in einer Werkstatt, können dieses „Rentenprivileg“ nicht nutzen. Hier wurde die Hoffnung geäußert, dass bei der Weiterentwicklung der WfbM diese Fragestellungen aufgegriffen und positive Impulse in der Gesetzgebung gesetzt werden.
„Persönlich fände ich es gut und richtig, das Rentenprivileg gesetzlich auf alle Budget-Arbeitsverhältnisse auszuweiten. Alleine schon, weil viele Budgetnehmer:innen eher Verdienste auf "Helferniveau" erzielen. Aber grundsätzlich deswegen, da es sich um den gleichen Personenkreis handelt und ein Wechsel aus Werkstatt in Budget für Arbeit daran – zumindest bisher – auch nichts ändert. Das Privileg sollte dem Menschen geschuldet sein, nicht der Unternehmensform.“ (Karsten Lutz)
Als diskriminierend bzw. „ableistisch“[20] bezeichnete ein Forenmitglied die Koppelung der Budgets für Arbeit und Ausbildung an Zugangsvoraussetzungen wie die Werkstattberechtigung und ein „Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung“. Dies hindere Menschen mit Behinderungen weiterhin an einer vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe. Hierzu wurde betont, dass das BfA den Menschen mit Behinderungen vorbehalten sei, die sonst keine anderen Teilhabeleistungen für den Übergang zum allgemeinen Arbeitsmarkt hätten. Da Menschen mit Behinderungen, die nach einer Förderschule sofort in eine WfbM wechselten, hinsichtlich ihrer Bildung ebenso benachteiligt waren, habe man konsequent für sie das Budget für Ausbildung geschaffen.
„Expertinnen und Experten sind sich inzwischen darin einig, dass die qualitativen Anforderungen an das Budget für Ausbildung für sehr viele Werkstattbeschäftigte viel zu hoch sind und deshalb soll es zukünftig auch möglich sein, dass Teilqualifizierungen und einzelne Qualifizierungsbausteine auch als Leistung im Budget für Ausbildung anerkannt werden. Dazu bedarf es jedoch einer Gesetzesänderung seitens des Bundes. Die Länder haben den Bund bereits dazu aufgefordert.“ (Kerstin Bruère)
Das „Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung“ nach § 219 SGB IX Abs. 2 wurde als schwer einzugrenzen beschrieben: „Wirtschaftlich verwertbar ist eine Arbeitsleistung, wenn ihr Ergebnis wirtschaftlichen Wert besitzt, sich also beispielsweise als Ware oder Dienstleistung verkaufen lässt.“ Mit Blick auf ein höchstrichterliches Urteil wurde konstatiert, dass das Gesetz kein bestimmtes Mindestmaß voraussetze, vielmehr sei jedes Minimum an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung ausreichend (Bundessozialgericht, Urteil vom 22.02.1984, 7 RAr 72/82). Ergänzt wurde die Perspektive, dass sich hieraus Chancen für einen inklusiven Arbeitsmarkt auch für die Menschen, die behinderungsbedingt mehr Unterstützung benötigen, eröffnen. So könnten Unternehmen gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden kleine bis kleinste Nischentätigkeiten entwickeln, und wo Beschäftigte eine erhöhte Unterstützung benötigten, könnte diese durch erfahrene Fachcoachs geleistet werden. Hinterfragt wurde angesichts des Fachkräftemangels der Begriff „Fachkräfte“, denn es gebe durchaus fachliche Einsatzfelder, die auch für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen geeignet sein können; beispielhaft wurden hier das Verräumen von Produkten im Einzelhandel oder das fachgerechte Entpacken, Waschen und Neuverpacken von Boden- bzw. Reinigungstüchern bei einem Klinik-Reinigungs-Dienstleister genannt.
Menschen mit einer seelischen Beeinträchtigung haben es ebenfalls besonders schwer, eine geeignete sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu finden und zu behalten. Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit sind nach Angaben des Robert Koch Instituts (RKI) weit verbreitet und reichen von leichten Einschränkungen des seelischen Wohlbefindens bis zu schweren psychischen Störungen.[21] Besonders häufig sind Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen.[22] Dauert die Teilhabeeinschränkung mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate an, spricht das Sozialrecht von einer Behinderung (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die im Rahmen der Diskussion verwendete Formulierung der „seelischen Beeinträchtigung“ wurde hinterfragt:
„Der Begriff der ‘Seelischen Beeinträchtigung‘ hier scheint uns trotz Verwendung im SGB IX nicht mehr zeitgemäß und weltanschaulich aufgeladen. Wir verwenden stattdessen psychisch beeinträchtigte (bzw. erkrankte) oder neurodivergente Menschen.“ (Referat für Inklusion)
Im Folgenden werden die Formulierungen „seelische Beeinträchtigung“ und „psychische Beeinträchtigung“ synonym verwendet. Das Konzept der Neurodiversität bezieht sich auf eine neurologische Vielfalt, zu der in der sogenannten noch jungen „Neurodiversitätsbewegung“ u. a. Autismus, bipolare Störung oder auch Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) gezählt und als natürliche Formen der menschlichen Diversität betrachtet werden.[23] Ausgehend von der Impulsfrage, welchen Herausforderungen Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen in der Arbeitswelt begegnen,[24] schilderte eine Diskussionsteilnehmerin mit Schwerbehinderung ihre Erfahrungen im Büromanagement nach mehrjähriger Arbeitspause:
„Ich versuchte meinem Chef und dem Team mehrfach zu erklären, was mir Stress bereitet. Es wurde von ihnen aber nicht verstanden oder ernst genommen, da ich im ausgeglichenen Modus sehr souverän auftrete. Flüchtigkeitsfehler wurden mir von meinem Chef dann schriftlich vorgeworfen und nach einem Tages-Firmenevent, zu dem wir in eine andere Stadt fliegen mussten (ca. 14 Stunden Abwesenheit), sollte ich am nächsten Tag wieder zur Arbeit kommen, obwohl ich um einen freien Tag bat, zudem ich nur einen 20-Stunden-Vertrag hatte. Natürlich gab es dann aufgrund der Überforderung einen Zusammenbruch mit Panikattacke, den meine Kollegin fassungslos machte.“ (Jolinde)
„Jolinde“ berichtete auch darüber, wie schwierig es sei, in behinderungsbedingten Belangen ein Gleichgewicht zwischen Offenheit und Wahrung der Privatsphäre gegenüber Kolleginnen und Kollegen zu finden. In der oben beschriebenen Situation hätte sie gerne einen Jobcoach gehabt, der zwischen den Parteien vermittelt und klärende Gespräche führt. Aus Sicht von Andrea Seeger ist das Jobcoaching am Arbeitsplatz[25] bislang zu wenig bekannt. Auch brauche es viel Aufklärungsarbeit und ein wertschätzendes Umfeld, damit Jobcoaching nicht als Stigma erlebt werde. Wie wichtig die Sensibilisierung des Arbeitsumfelds gerade im Umgang mit seelischen Beeinträchtigungen sei, betonte auch Kathrin Engel, pädagogische Leitung der Integrationsgesellschaft Kaiserslautern, Lebenshilfe Westpfalz:
„Bei einem Mitarbeiter mit kognitiver Beeinträchtigung fällt es den Menschen schlichtweg einfacher Dinge mehrmals zu erklären, Sachen umzuformulieren, Hilfsmittel einzubauen. Bei Mitarbeitern mit psychischer Beeinträchtigung fällt es gerade Menschen ohne fachlichen Hintergrund schwerer. Man sieht den erwachsenen Menschen, der sich gut ausdrücken kann und auch gute Leistungen bringt und bekommt das, gerade im stressigen Arbeitsalltag, nicht unter einen Hut mit auftretenden Schwierigkeiten. Als unterstützende Fachkraft ist man dann in der Rolle immer wieder zu sensibilisieren und aufmerksam zu machen. Diesen Raum und die Zeit haben wir, glücklicherweise häufig, als Inklusionsbetrieb. In einem reinen Wirtschaftsbetrieb wird für diesen wichtigen Austausch kaum Platz sein.“ (Kathrin Engel)
Aus den Beiträgen der begleitenden Expertinnen und Experten geht hervor, dass es bereits vielfältige Ansätze zum Umgang mit seelischen Beeinträchtigungen in der Arbeitswelt gibt, die vor allem auf gute Kommunikation setzen. Bei DHL Airways[26] wurde die Beschäftigung von Menschen aus dem Autismus-Spektrum bzw. neurodiverser Menschen von einem interdisziplinären Team aus den Bereichen Pädagogik und Psychologie, Schwerbehindertenvertretung, Betriebsrat und Fachabteilungsleitenden begleitet und wird bis heute kontinuierlich weiterentwickelt:
„Retrospektiv hat sich bewährt, dass das Management von vornherein alle beteiligten Akteure informiert, sensibilisiert und in allen aufkommenden Fragen und Bedenken abgeholt hat. So wurden beispielsweise zunächst die Führungskräfte von einer erfahrenen Psychologin der Uniklinik Köln (Spezialambulanz für Autismus im Erwachsenenalter) zum Thema Autismus und Beruf geschult und Teammeetings gehalten. Es wurden mögliche Arbeitsplätze analysiert und identifiziert (von regulären Stellen bis hin zu Nischentätigkeiten) und Einstellungsprozesse angepasst (z. B. durch neu geschaffene Assessmentcenter, die Anpassung von Stellenbeschreibungen oder die Implementierung von Arbeitsplatzbesichtigungen im Anschluss an Vorstellungsgespräche).“ (Tanja Apholte)
Die Unterstützungsangebote im Unternehmen, so Apholte, erstreckten sich mittlerweile über das Jobcoaching, Gruppencoaching, Einzelcoaching sowie Informationsveranstaltungen, die monatlich für alle Unternehmensangehörigen angeboten und auch von den Zielgruppenangehörigen selbst mit referiert würden. Der Aufbau eines inklusiven und für alle fairen Arbeitsmarktes erfordere vor allem den Mut, den bestehenden Status Quo in Frage zu stellen und – scheinbar – bewährte Arbeitsabläufe und -strukturen noch einmal neu zusammenzusetzen, so eine weitere Expertin. Immer mehr Unternehmen entwickelten mit dem zunehmenden Mangel an Fach- wie auch Arbeitskräften neue Strategien, um diese an sich zu binden:
„Wie pfiffig und innovativ solche Strategien sein können, zeigen insbesondere Unternehmen aus dem KMU-Bereich (kleine und mittelständische Unternehmen, Anm. d. Red.).“ (Monika Labruier)
Die bislang noch selten genutzten Budgets für Ausbildung/ Arbeit stehen u. a. auch zur beruflichen Eingliederung von Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen aus der WfbM in den allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung.
„Bei Einführung (des) Budget für Arbeit, 2006 in RLP (Rheinland-Pfalz, Anm. d. Verf.), vermutete man, dass es zunächst eher psychisch beeinträchtigte Menschen sein würden, denen damit die Chancen auf Vermittlung/ Übergang erleichtert werden. Begründet wurde dies mit besseren kognitiven Fähigkeiten, verbunden ev. mit Vorbildung/ Ausbildungen. Dies hat sich in meinem Wirkungsfeld so nicht bewahrheitet. Wir haben – seit 2006 weitgehend unverändert – eine Quote von ca. 70:30 (Menschen m. kogn./mehrfachen Beeinträchtigungen: Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen), die (das) Budget für Arbeit für sich erschließen können. Die Gründe dafür sind vielfältig und komplex.“ (Karsten Lutz)
Einen möglichen Grund für die schleppende Inanspruchnahme der Budgets sah das Expertenteam hier auch dem Umstand geschuldet, dass häufig zunächst Zuständigkeitsfragen zu klären seien.
Gemäß § 187 SGB IX[27] liegt die Verantwortlichkeit für die Arbeitsvermittlung von Menschen mit Schwerbehinderung auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) und schließt Werkstattbeschäftigte ein. Die Diskussion zeigte aber auch, dass sich die Regelung aus § 187 in der Praxis nicht unmittelbar widerspiegelt, wenn es um das Budget für Arbeit geht:
„Die Agenturen für Arbeit sind in dem jetzigen gesetzlichen Rahmen nicht für eine Vermittlung zuständig, weil im Budget für Arbeit davon ausgegangen wird, dass die/der Budgetnehmer(in) weiter voll erwerbsgemindert bleibt und dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht. Deshalb sind bisher auch keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung im Budget für Arbeit abzuführen. (…) Die Idee, eine Jobbörse für derartige Nachfragen zu etablieren, finde ich zielführend. In Sachsen-Anhalt arbeiten wir bereits daran, so etwas aufzubauen.“ (Kerstin Bruère)
Bruère schlug vor, sich bei der Suche nach einem passenden Arbeitsplatz alternativ an das Integrationsamt bzw. den Integrationsfachdienst zu wenden. Die neu gegründeten EAA wüssten in der Regel, für welche Stellen geeignete behinderte Menschen gesucht würden. Sie seien zwar nicht für eine Arbeitsvermittlung zuständig, könnten aber sicher Kontakte herstellen. Das Problem der fehlenden Zuständigkeit der BA sei von den Ländern im Rahmen einer Gesetzesinitiative an den Bund herangetragen worden und solle „in naher Zukunft im gesetzlichen Rahmen angepasst werden“.
An der Schnittstelle zwischen Teilhabe an Bildung und Teilhabe an Arbeit liegt das Problem fehlender Arbeitsassistenz für Studierende mit psychischen Beeinträchtigungen, die an der Universität als Wissenschaftliche Hilfskraft (HIWI) arbeiten wollen oder müssen, um ihr Studium zu finanzieren. Das „Referat für Inklusion“ brachte ein, dass unklar sei, wo Studierende eine behinderungsbedingte Arbeitsassistenz für HIWI-Tätigkeiten beantragen können, wenn das Integrationsamt nur für sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten zuständig sei.[28] Diese Art von Verträgen werde von den Universitäten vermieden, außer bei Verträgen für Promovierende. – Das Problem besteht behinderungsübergreifend, stellt sich je nach Bedarf aber unterschiedlich dar. In der 22. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks gab ein Großteil der Studierenden mit Behinderungen (65 Prozent) eine studienerschwerende psychische Erkrankung an.[29] Eine weitere Barriere sei die Bedarfsermittlung selbst mit langen Bearbeitungszeiten:
„Ein blinder Studierender, eine Studierende im Rolli erhalten ggf. bereits Unterstützungsleistungen, die sie um Stunden für Arbeitsassistenz mit Hilfskonstruktionen beim Träger der Eingliederungshilfe erweitern können. Viel schwieriger ist die Situation für neurodivergente und psychisch beeinträchtigte Studierenden, ob mit Depressionen, Borderline oder Autismus und ADHS, die als Hiwi oder Tutor arbeiten wollen. Hier müssen Bedarfe für einen Hiwi-Job in einem langwierigen Ermittlungsverfahren mit dem Träger der Eingliederungshilfe geklärt werden, Verfahren, die unserer Erfahrung nach bis zu 1 1/2 Jahre dauern. Die Vorlaufzeit für Bewerbungen auf Hiwi-Jobs beträgt aber oftmals nur wenige Wochen.“ (Referat für Inklusion)
Mithilfe breiter Expertise und anhand lebensnah geschilderter Einzelfälle konnte die Diskussion eindrücklich zeigen, dass der Arbeitsmarkt nur dann auch für Menschen mit bisher noch erheblichen Exklusionsrisiken zugänglich werden wird, wenn alle Angebote (von der Beratung, über die Bedarfsermittlung bis zur Leistungsgewährung und Leistungsausführung) partizipativ und personzentriert ausgerichtet werden. Kein „Fall“ ist wie der andere, aber für jeden Fall gelten dieselben Maßstäbe – Selbstbestimmung, Partizipation, Personzentrierung, ICF-Orientierung und inklusive Sozialraumgestaltung. Daran müssen alle Verantwortlichen mitwirken.
Von Livia Grupp, M.A., und Nikola Hahn, M. A., Deutsche Vereinigung für Rehabilitation e. V., Heidelberg
Fußnoten:
[1] Nachfolgend wird neben der Abkürzung WfbM auch die Kurzform Werkstatt verwendet.
[2] Bei betriebsintegrierten Arbeits- und Berufsbildungsplätze handelt es sich um Außenarbeitsplätze für Werkstattbeschäftigte in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes, Verwaltungen oder Organisationen. Sie sind organisatorisch weiterhin an eine anerkannte WfbM gebunden, vgl. REHADAT Lexikon unter https://www.rehadat.de/lexikon/Lex-Betriebsintegrierter-Arbeitsplatz-BiAP, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[3] Vgl. auch Deutsches Institut für Menschenrechte: Ziel sollten Hilfe und Unterstützungsleistungen sein, die von der „Verschiedenheit aller als Normalität“ (nach Oehme) ausgehen und die vom tatsächlichen Bedarf der betreffenden Jugendlichen her gedacht und konzipiert sind, anstatt als maßnahmenähnliche Struktur, die sich primär an Finanzierungsarten und abstrakten Rechtskategorien orientiert (Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland, Juli 2019 – Juni 2020, 2, Junge Menschen mit Behinderungen: anerkannte Berufsausbildung statt Sonderwege).
[4] Wolfgang Dings verwies hier u. a. auf die Nutzung von „berufsbiografischen Methoden, Spielräumen zur selbstständigen Erfahrungsspielräumen im beruflichen Handlungskontext, ergänzt um Phasen der betrieblichen Erfahrungsbildung“ für Assessments sowie auf einen im Aufbau befindlichen Berufeparcours am BFW Bad Wildbad.
[5] „Inklusive Arbeit muss über konsequent personenzentriertes Handeln aller Akteure Zugänge für Menschen mit Behinderungen ermöglichen. Leistungen im Arbeitsbereich und zur beruflichen Qualifizierung auf allen Leistungsniveaus auch über das Persönliche Budget gestalten zu können, ist eine wichtige Option“, so das Positionspapier des Verbändetreffen Inklusive Arbeit, Mai 2022, abrufbar zum Download auch in Leichter Sprache unter: https://www.bag-ub.de/news/index.php?rubrik=1&news=737481&typ=1, zuletzt abgerufen am 12.12.2023; vgl. auch die Stellungnahme der BAG UB: Arbeit und Inklusion – Betriebliche Teilhabe am Arbeitsleben in der Praxis umsetzen, März 2023, abrufbar unter https://www.bag-ub.de/texte/seite.php?id=428619, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[6] Das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes führt Jobcoaching ausdrücklich unter § 49 Abs. 8 S. 1 Nr. 2a SGB IX als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben auf.
[7] Integrations- bzw. Inklusionsämter haben flächendeckend Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber eingerichtet. Eine Suchfunktion zu bundesweiten Ansprechstellen gibt es unter https://www.bih.de/integrationsaemter/aufgaben-und-leistungen/einheitliche-ansprechstellen, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[8] Vgl. Glossar unter Reha-Recht.de zum Begriff „Teilhabeplan und Gesamtplan“:
„Der Teilhabeplan ist zu erstellen, wenn mehrere Reha-Träger und/oder Leistungen mehrerer Leistungsgruppen erforderlich sind, um eine Leistung zu erbringen. Auch wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, ist ein Teilhabeplan zu erstellen, wenn Leistungsberechtigte dies wünschen. (…)“
[9] So z. B. die Studie von Achatz, Juliane; Reims, Nancy; Sandner, Malte; Schels, Brigitte (2021): Benachteiligte Jugendliche tun sich beim Übergang von der Schule ins Erwerbsleben besonders schwer, in: IAB-Forum, 18. August 2021, abrufbar unter https://www.iab-forum.de/benachteiligte-jugendliche-tun-sich-beim-uebergang-von-der-schule-ins-erwerbsleben-besonders-schwer, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[10] In einer theoriereduzierten Ausbildung bzw. Fachpraktiker- oder Werker-Ausbildung nach § 66 BBiG/§ 42r HwO erwerben Menschen mit Behinderung ebenfalls einen Berufsabschluss. Dabei geht es vor allem um die Vermittlung von fachpraktischen Fertigkeiten. Die zuständigen Stellen für die Berufsausbildung wie z. B. IHK, HWK oder LWK erlassen hierzu besondere Ausbildungsregelungen für Menschen mit Behinderungen. Ausgebildet wird in Betrieben oder in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation. Die Ausbildung orientiert sich an anerkannten Ausbildungsberufen. Je nach zuständiger Kammer können z. B. Dauer der Ausbildung und Abschlussbezeichnungen unterschiedlich sein.
[11] Vgl. auch die These der Diskutantin, dass Fachpraktiker-Ausbildungen neue Sonderwelten schaffen und jungen Menschen mit Behinderung den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt erschweren, abrufbar in ihrem Blog unter https://inklusion-in-hamburg.de/inklusive-ausbildung-verzweifelt-gesucht, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[12] Vgl. https://web.arbeitsagentur.de/berufenet/beruf/579, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[13] Einen Beschäftigungssicherungszuschuss nach § 185 Abs. 3 SGB IX i. V. m. §§ 26, 27 SchwbAV, können Arbeitgeber erhalten, die schwerbehinderte Menschen beschäftigen, die nicht die volle Arbeitsleistung erbringen können. Der Zuschuss muss beim Integrationsamt beantragt werden. Davon abzugrenzen sind Eingliederungszuschüsse nach §§ 88 ff. SGB III durch die Arbeitsagenturen, siehe https://www.talentplus.de/foerderung/foerderung-im-arbeitsleben/beschaeftigungssicherungszuschuss, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[14] Vgl. die verschiedenen Betriebe von Ecoverde in NRW. Verwiesen wurde auch auf das neue inklusive Unternehmensnetzwerk e. V., das sich mit dem Aufbau eines inklusiven Arbeitsmarktes befasst, vgl. https://www.inklusives-unternehmensnetzwerk.de, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[15] Wie wichtig nachhaltige Unterstützungsangebote sowohl für die Beschäftigten wie auch für die Unternehmen sind, zeigen Erfahrungen etablierter Inklusionsbetriebe bspw. in der Studie MehrWirkung, abrufbar unter https://bag-if.de/studie-mehrwirkung, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[16] Vgl. die ZB-Info der BIH „Leistungen für schwerbehinderte Menschen im Beruf“, abrufbar unter https://www.bih.de/integrationsaemter/medien-und-publikationen/publikationen/zb-info, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[17] Daten zum Budget für Arbeit finden sich u. a. im „Kennzahlenvergleich der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe“ unter www.rehadat-statistik.de und im Forschungsbericht „Untersuchung der jährlichen Einnahmen und Ausgaben bei den Leistungen der Eingliederungshilfe nach Art. 25 Absatz 4 BTHG (Finanzuntersuchung)/ Abschlussbericht 2022“, abrufbar unter https://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/
Forschungsberichte/fb-612-finanzuntersuchung-leistungen-eingliederungshilfe.html, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[18] Dies war auch schon in der Online-Diskussion „Die Budgets für Arbeit und Ausbildung – verkannte Leistungen?“ vom November 2022 deutlich geworden, vgl. die Erfahrungsberichte abrufbar im Forum Fragen – Meinungen – Antworten sowie im Fachbeitrag D9-2023 unter www.reha-recht.de.
[19] „Die Autorin hält es für möglich, dass in den nächsten Jahren 10 % der Menschen aus Werkstätten für behinderte Menschen über ein Budget für Arbeit vermittelt werden könnten, sofern alle beteiligten Akteur:innen sich dafür einsetzen,“ vgl. Andrea Seeger „Budget für Arbeit – Zauberformel für Inklusion?“ in Schachler, Viviane (Hrsg.); Schlummer, Werner (Hrsg.); Weber, Roland (Hrsg.): Zukunft der Werkstätten. Perspektiven für und von Menschen mit Behinderung zwischen Teilhabe-Auftrag und Mindestlohn. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt; Lebenshilfe Verlag der Bundesvereinigung 2023, 333 S. – URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-265102 – DOI: 10.25656/01:26510; 10.35468/6002.
[20] Ableismus bezeichnet die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen einer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung oder aufgrund von Lernschwierigkeiten, vgl. Eintrag Ableismus bei https://www.teilhabeberatung.de/woerterbuch/ableismus, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[21] Vgl. Robert Koch Institut: Psychische Gesundheit und psychische Störungen, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/P/Psychische_Gesundheit/Psychische_Gesundheit_node.html, zuletzt abgerufen am 02.11.2023.
[22] Ebd.
[23] In Deutschland findet Neurodiversitätsforschung u. a. an der Universität Hamburg statt und dort im Rahmen der Erziehungswissenschaften, vgl.
https://www.ew.uni-hamburg.de/einrichtungen/ew2/paed-bei-behinderung-und-benachteiligung/forschungsprojekte/neumowa.html, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[24] Vgl. insbesondere den Diskussionsstrang „Mit einer seelischen Beeinträchtigung im Arbeitsleben: Erfahrungsberichte der beteiligten Akteure“ unter https://fma.reha-recht.de/index.php?thread/1856-mit-einer-seelischen-beeintraechtigung-im-arbeitsleben-erfahrungsberichte, zuletzt abgerufen am 12.12.2023.
[25] Vgl. REHADAT: Lexikon zur beruflichen Teilhabe: Jobcoaching, abrufbar unter https://www.rehadat.de/lexikon/Lex-Jobcoaching, zuletzt abgerufen am 12.12.2023. s. auch Beyerlein: Kleine Schritte zum inklusiven Arbeitsmarkt – Zur Entstehung des Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts; Beitrag D6-2023 (III. 7.) unter www.reha-recht.de; 16.05.2023.
[26] Ähnlich auch das Projekt „Autism at Work“ bei SAP SE Deutschland, vgl. Interview mit Marco Fien, Programmverantwortlicher für das Projekt, abrufbar unter https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-0987-5368, zuletzt abgerufen am 05.12.2023.
[27] Zu den Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit gehört gem. § 187 Abs. 1 Nr. 1 „die Berufsberatung, Ausbildungsvermittlung und Arbeitsvermittlung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Vermittlung von in Werkstätten für behinderte Menschen Beschäftigten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt“.
[28] Dazu auch Jahn: Studienassistenz als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben – Anmerkung zu SG Nürnberg, Urteil vom 21.07.2021 – S 22 SO 212/20; Beitrag A6-2023 unter www.reha-recht.de; 03.05.2023.
[29] Laut der 22. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks gaben 16 % der Studierenden an, eine oder mehrere studienerschwerende Gesundheitsbeeinträchtigungen zu haben (psychische Erkrankungen: 65 %), abrufbar unter https://www.studierendenwerke.de/fileadmin/api/files/Soz22_Hauptbericht.pdf (PDF, 5,5 MB), zuletzt abgerufen am 02.11.2023.
Stichwörter:
Allgemeiner Arbeitsmarkt, Personenzentrierung, Kognitive Beeinträchtigungen, Inklusive Beschäftigung, Inklusion (betriebliche), Budget für Arbeit, Budget für Ausbildung, Jobcoach, psychische Erkrankung
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