24.09.2020 Rechtsprechung

Bundessozialgericht bestätigt GPS-Uhr als mögliches Hilfsmittel

Eine fixierbare GPS-Uhr mit Alarmfunktion kann ein spezielles Hilfsmittel zum Ausgleich einer Benachteiligung zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sein. Das hat das Bundessozialgericht in einer Entscheidung vom 10. September 2020 bestätigt (Az.: B 3 KR 15/19 R).

Die Revision der beklagten Krankenkasse gegen ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (vgl. L 16 KR 182/18, 17.09.2019) blieb erfolglos. Der Kläger hat gegen die GKV Anspruch auf Versorgung mit der begehrten GPS-Uhr als Hilfsmittel zum Ausgleich seiner Behinderung im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 Var 3 SGB V, ggf. auch leihweise, so das BSG. Die GPS-Uhr sei für ihn erforderlich und nicht als allgemeiner, handelsüblicher Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens zu bewerten, da sie speziell für Menschen mit eingeschränkter Orientierungsfähigkeit konzipiert und ausgestattet sei. Das Hilfsmittel mindere die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens, nämlich das Erschließen eines gewissen körperlichen Freiraums (siehe dazu bereits z. B. BSG Urteil vom 29.04.2010 – B 3 KR 5/09 R, SozR 4-2500 § 33 Nr. 30 RdNr. 12).

Das Recht auf persönliche Mobilität und Teilhabe

Das BSG sah es als erwiesen an, dass die so erzielte Wirkung dem zentralen Ziel des Rechts der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen entspreche (vgl. § 1 SGB IX). Der Senat hatte bereits in der Vergangenheit entschieden, dass ein GPS-System für blinde oder erheblich sehbehinderte Menschen zur Orientierungshilfe im Einzelfall als Teilhabeleistung erforderlich sein kann (BSG Urteil vom 26.06.2009 – B 3 KR 4/08 R).

Dass eine GPS-Uhr die Ortung und das Auffinden hilfloser Personen unterstützt, verringere die Beschränkung des Aufenthalts auf verschlossene Räume oder abgesperrte Bereiche, ohne dass dabei der Überwachungsgedanke in den Vordergrund trete. Der Senat sah sich in seiner Auslegung durch das Recht auf persönliche Mobilität nach Art. 20 UN-Behindertenrechtskonvention sowie durch die nach dem Paradigmenwechsel geänderte Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG bestätigt. Der Behinderungsausgleich sei dabei nicht von vornherein auf eine "Minimalversorgung" beschränkt (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 07.05.2020 - B 3 KR 7/19 R – zur Veröffentlichung vorgesehen, unter Hinweis auf BVerfG vom 30.01.2020, 2 BvR 1005/18, NJW 2020, 1282).

Zum Terminbericht auf der Webseite des BSG

(Quelle: Bundessozialgericht)


Bei dem genannten Urteil handelt es sich um eine ausgewählte Entscheidung zum Teilhaberecht.

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