07.01.2021 Politik

Entwurf für ein Teilhabestärkungsgesetz im Stellungnahmeverfahren

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 22./23. Dezember 2020 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (Teilhabestärkungsgesetz) an Verbände und Organisationen versandt, um diesen bis zum 8. Januar 2021 Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Geregelt werden soll u. a. der leistungsberechtigte Personenkreis in der Eingliederungshilfe, die Begleitung von Menschen mit Behinderungen durch Assistenzhunde oder die Erweiterung des Budgets für Ausbildung.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband in Bayern hat den Entwurf inzwischen veröffentlicht. Darin ist u. a. eine Überarbeitung der Aufgabenzuweisungen an die Kommunen vorgesehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte Teile des kommunalen Bildungs- und Teilhabepakets im SGB XII beanstandet. Mit seinen Änderungen stellt der Referentenentwurf die betreffenden Leistungen auch über das Jahr 2021 hinaus sicher.

Grundlegend ist ebenso die beabsichtigte Regelung des leistungsberechtigten Personenkreises in der Eingliederungshilfe. In das Bundesteilhabegesetz (BTHG) wurde mit Artikel 25a BTHG für § 99 SGB IX eine Regelung zur Neudefinition dieses Personenkreises (SGB IX Teil 2) aufgenommen, die durch ein späteres Bundesgesetz konkretisiert und zum 1. Januar 2023 in Kraft gesetzt werden sollte. Die gesetzlichen Kriterien für die Berechtigung zu Leistungen der Eingliederungshilfe im SGB IX Teil 2 (§ 99 SGB IX) sollen nun entsprechend dem Konzept der Arbeitsgruppe „Leistungsberechtigter Personenkreis“ durch Orientierung an den Begrifflichkeiten des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) und der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation angepasst werden.

Weitere Regelungen

  • Das Teilhabestärkungsgesetz soll bundesweit einheitliche Zutrittsregelungen für Assistenzhunde schaffen. Darüber hinaus soll die Ausbildung von Hunden zum Assistenzhund finanziell unterstützt werden.
  • Künftig sollen auch Menschen, die sich schon im Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen oder eines anderen Leistungsanbieters befinden, über das Budget für Ausbildung gefördert werden. Für diese Menschen wird somit neben dem Budget für Arbeit eine weitere Möglichkeit geschaffen, eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen.
  • Mit verschiedenen Änderungen im SGB II sollen die Zugänge zu Hilfen (Schuldner-oder Suchtberatung) und anderen Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen verbessert werden.
  • Das BMAS möchte in der Eingliederungshilfe eine Sprache umsetzen, die sich am modernen Verständnis von Behinderung orientiert. So wird beispielsweise anstelle der „Einschränkung der Teilhabefähigkeit“ auf die gleichberechtigte „Teilhabe an der Gesellschaft“ abgestellt, da jeder Mensch zur Teilhabe fähig sei.
  • Digitale Gesundheitsanwendungen sollen in den Leistungskatalog der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aufgenommen werden. Dazu zählen Apps mit medizinischem Nutzen, die über die Funktion einer Kommunikationsplattform hinausgehen, positive Versorgungseffekte für die Patientinnen und Patienten haben und in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte aufgenommen wurden.

Außerdem ist erstmals vorgesehen, den Terminus des „Gewaltschutzes“ im SGB IX zu verankern. Die Erbringer von Teilhabeleistungen müssen geeignete Maßnahmen treffen, um Menschen mit (drohenden) Behinderungen wirksam vor Gewalt zu schützen. Gefordert sind damit auch Rehabilitationsträger und Integrationsämter. Diese können etwa Gemeinsame Empfehlungen vereinbaren und bei der Zusammenarbeit im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) oder anderer trägerübergreifender Strukturen auf die Umsetzung hinwirken.

Teilhabe weiter stärken

Verbände der Menschen mit Behinderungen begrüßen die vorgesehen Änderungen grundsätzlich, kritisieren aber u. a. den Zeitpunkt des Stellungnahmeverfahrens mit Blick auf die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel sowie die knappe Frist. Die LIGA Selbstvertretung vermisst die von Bundesminister Hubertus Heil angekündigte Verdoppelung der Ausgleichsabgabe, AbilityWatch fordert weitere Nachbesserungen der Reformen durch das BTHG, wie etwa bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen oder beim Wunsch- und Wahlrecht.

Weitere Informationen

Paritätischer Wohlfahrtsverband, Landesverband Bayern: BMAS legt Referentenentwurf für ein Teilhabestärkungsgesetz vor

(Quelle: AbilityWatch; PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband, Landesverband Bayern; LIGA Selbstvertretung)


Eine Übersicht über den Stand des Gesetzgebungsverfahrens und weitere Stellungnahmen hat das BMAS auf seiner Webseite veröffentlicht:

Zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales


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