30.06.2022 Verwaltung, Verbände, Organisationen

Handreichung zur bedarfsgerechten Abstimmung von Rechtlicher Betreuung und Sozialleistungen

Die vorliegende Handreichung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. vom Mai 2022 nimmt Abgrenzungsfragen zwischen Rechtlicher Betreuung und der Unterstützung durch soziale, pflegerische und gesundheitliche Leistungen in den Blick. Sie soll als Orientierungs- und Arbeitshilfe für die Praxis dienen und die bedarfsgerechte Versorgung von Menschen verbessern, die auf Unterstützung bei der Besorgung ihrer Angelegenheiten angewiesen sind.

Die 54-jährige Renate F. hat Multiple Sklerose und eine psychische Erkrankung. Sie wird durch einen Rechtlichen Betreuer unterstützt und lebt in der eigenen Wohnung. Zur Versorgung mit grundpflegerischen Hilfen ist ein Pflegedienst im Einsatz, für die teilweise notwendige hauswirtschaftliche Versorgung kommt ebenfalls ein Dienst vorbei. Die Betreute wendet sich an den Rechtlichen Betreuer mit der Frage, wer sie beim Einkaufen unterstützen wird. Sie könne das ohne Hilfe nicht und niemand helfe ihr. Der Betreuer vereinbart zur weiteren Klärung einen gemeinsamen Gesprächstermin mit der Haushaltshilfe, der Einzelfallhilfe und der Betreuten. Im Gespräch wird geklärt, dass die Haushaltshilfe zwar grundsätzlich auch Einkäufe erledigt, ihr allerdings kein Zeitbudget für die Begleitung eines Einkaufs, wie von der Betreuten gewünscht, zur Verfügung steht. Der Betreuer stellt sicher, dass die Betreute ihre Wünsche und Bedürfnisse umfassend darstellen kann. Sie erklärt, sie wolle so einkaufen, wie alle anderen Menschen das aus ihrer Sicht auch tun. Für sie bedeute das, in einen oder mehrere Läden zu gehen, sich unterschiedliche Waren anzuschauen und sich dann spontan zum Kauf zu entscheiden. Auf Vorschlag des Betreuers besprechen die Beteiligten, dass die Einkäufe im Hinblick auf ihre Funktion zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltags der Betreuten zukünftig von der Einzelfallhilfe begleitet werden, in deren Zuständigkeitsbereich diese Aufgabe fällt. Der Rechtliche Betreuer hat in diesem Fall steuernd und kontrollierend in den Hilfeverlauf eingegriffen und so die Angelegenheit besorgt.

Dieses (gekürzte) Fallbeispiel des Deutschen Vereins ist eines von fünf, die anschaulich beschreiben, worum es im Zusammenspiel verschiedener Zuständigkeiten geht: Gute Kooperation und exakte Abgrenzung im Verhältnis von Rechtlicher Betreuung sowie sozialen, gesundheitlichen und pflegerischen Leistungen sind aus Sicht des Deutschen Vereins der Schlüssel zu einer gelingenden und bedarfsgerechten Versorgung von Menschen, die sich in rechtlichen Angelegenheiten nicht oder nur eingeschränkt selbst vertreten können.

In der Rechtlichen Betreuung spiele der Erforderlichkeitsgrundsatz eine zentrale Rolle. Mit dem Ziel, Selbstbestimmung und Partizipation betroffener Menschen zu stärken, solle Rechtliche Betreuung dann – und nur dann – zum Einsatz kommen, wenn die Erforderlichkeit es gebiete. In der Praxis sei diese Grenze nicht immer klar. „Es gilt Kriterien dafür zu entwickeln, wer im Grundsatz wann und wofür zuständig ist und welche Möglichkeiten es sowohl zeitlich als auch örtlich und personell für Absprachen und Kooperation gibt“, heißt es in dem Papier.

Zur Empfehlung/Stellungnahme vom 10.05.2022 auf der Website des Deutschen Vereins

(Quelle: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V.)


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