17.06.2020 Verwaltung, Verbände, Organisationen

Interessenvertretung hält IPReG-Gesetzentwurf für unvereinbar mit Grund- und Menschenrechten

„Keine Zustimmung für das ‚Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz – IPReG‘ aus dem Bundesgesundheitsministerium!“ Das fordert die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e. V. (ISL) anlässlich einer Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss des Bundestages am Mittwoch, den 17. Juni 2020. Aus Sicht der ISL wäre eine völlige Neukonzeption unter Beteiligung von Betroffenen am besten.

„Dieser Gesetzentwurf darf jetzt nicht im Schatten der Corona-Krise gnadenlos durchgewunken werden, denn er ist in vielen Punkten unvereinbar mit Grund- und Menschenrechten,“ mahnt Dr. Sigrid Arnade, ISL-Sprecherin für Gender und Diversity, die den Verband bei der Anhörung als Sachverständige vertritt. Als Beispiele nennt sie Einschränkungen bei der Wahl von Wohnort und Wohnform; unterschiedliche Kostenübernahmen der Krankenkassen für gleiche Leistungen sowie unterschiedliche Zuzahlungsregelungen, beides abhängig von der Wohnform.

„Am besten wäre es, das Gesetz vollkommen neu unter wirksamer Beteiligung der Betroffenen und ihrer Selbstvertretungsorganisationen zu konzipieren und zu erarbeiten“, schlägt Arnade vor. Vorab gelte es, als Grundlage eine solide Fakten- und Datenbasis zu schaffen. Zumindest seien aber folgende Klarstellungen unerlässlich:

  • Betroffene, die Intensivpflege benötigen, entscheiden weiterhin selbst über ihre Wohnform und werden nicht in eine stationäre Einrichtung gedrängt;
  • die Krankenkassen stellen die medizinische und pflegerische Versorgung am Ort der Leistungserbringung sicher;
  • Kosten werden beim Leben in der eigenen Häuslichkeit wie bisher übernommen, und es werden auch keine höheren Zuzahlungen fällig;
  • nach wie vor muss es möglich sein, dass selbst angelernte Assistenzkräfte die Pflege übernehmen;
  • wenn Rahmenempfehlungen und -richtlinien erarbeitet werden, sind Betroffene und ihre Selbstvertretungsorganisationen daran unter barrierefreien Bedingungen zu beteiligen.

Schließlich muss der Grundsatz „ambulant vor stationär“ laut Arnade weiter gelten und darf nicht durch das IPReG ins Gegenteil verkehrt werden.

Zur Stellungnahme und Pressemitteilung der ISL

Ziel des Gesetzes ist es laut Bundesgesundheitsministerium, die Versorgung vor allem von beatmeten Menschen zu verbessern sowie Missbrauchsmöglichkeiten in diesem Bereich zu unterbinden. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens hatten sich u. a. der Bundesbehindertenbeauftragte, der Deutsche Behindertenrat, der Inklusionsbeirat, das Forum behinderter Juristinnen und Juristen und auch die DVfR kritisch zu Wort gemeldet.

Weitere Informationen:

IPReG Gesetzentwurf (Bundestags-Drucksache 19/19368)

Nachtrag: Die Aufzeichnung der Anhörung vom 17. Juni 2020 steht online zur Verfügung: Mediathek des Deutschen Bundestags

Zur Sachverständigenliste, den schriftlichen Stellungnahmen und zum Wortprotokoll

(Quelle: Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland)


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