15.10.2015 Verwaltung, Verbände, Organisationen

Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben beschließt drei Kernpunkte für ein gutes Bundesteilhabegesetz

Die komplette Abschaffung der Einkommens- und Vermögensanrechnung, der Verzicht auf den Mehrkostenvorbehalt und die gesetzliche Verankerung einer unabhängigen Beratung gehören für die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) untrennbar zusammen. Auf ihrer Mitgliederversammlung in München wurden die drei Kernpunkte beschlossen, die ein gutes Bundesteilhabegesetz ausmachen sollten.

 "Diese drei Punkte gehören für uns untrennbar zusammen", so Vorstandsmitglied Uwe Frevert in dem entsprechenden Bericht auf der Webseite der ISL. "Demnächst etwa eine unabhängige Beratung zu haben und gleichzeitig einen menschenrechtswidrigen Mehrkostenvorbehalt als geltendes Recht, ist nicht sinnvoll in Einklang zu bringen!"

Als ein wichtiges Dokument betrachtete die Mitgliederversammlung auch die "Abschließenden Bemerkungen", die der Genfer Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen kürzlich an die Adresse der Europäischen Union gerichtet hat. Darin wurde die Deinstitutionalisierung als ein bedeutender Schritt zu einem selbstbestimmten Leben behinderter Menschen gesehen."Dem können wir uns nur anschließen", so Frevert. "Ich erwarte jetzt, dass auch auf europäischer Ebene ein neuer Impuls für eine diskriminierungsfreie Wahl des Wohnortes und der Wohnform entsteht."

(Quelle: Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland)


Kommentare (1)

  1. Gisela Maubach
    Gisela Maubach 24.10.2015
    Der Mehrkostenvorbehalt wird in NRW sogar ad absurdum geführt, indem die Vorrangigkeit der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch für arbeitsunfähige Menschen Anwendung findet, weil keine Einrichtungen gemäß § 136 Abs. 3 SGB IX existieren.

    Für eine Tagesstruktur zahlt der LVR gemäß Leistungstyp 25 für eine Person mit hohem Betreuungsbedarf (Fallgruppe C) durchschnittlich etwa 2.400 € pro Monat an die Werkstatt - auch während der 35 "Urlaubs"tage, an denen die Angehörigen die Betreuung selbst organisieren müssen.

    Außerhalb von Werkstätten wird gemäß Leistungstyp 24 ein Pauschalbetrag von etwa 37 € pro Betreuungstag (!) gezahlt - und zwar unabhängig vom Ausmaß des Betreuungsbedarfs.

    An die Werkstätten wird in NRW für Menschen mit hohem Betreuungsbedarf also ein Mehrfaches von dem gezahlt, was außerhalb von Werkstätten in Anspruch genommen werden kann.

    Schriftlich formuliert der LVR dies wie folgt:

    "Neben den gesetzlichen Bestimmungen des SGB XII sind Grundlage für die Erfüllung der Aufgabe der Sozialhilfe durch Einrichtungen und Dienste die Leistungs-, Prüfungs- und Entgeltvereinbarungen , die der Träger der Sozialhilfe gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII mit Einrichtungen und Diensten als Leistungserbringern auf der Grundlage der in dem jeweiligen Landesrahmenvertrag gemäß § 79 Abs. 1 SGB XII vorgenommenen abstrakten Leistungsbeschreibungen abschließt. Daneben besteht zwischen der Einrichtung und dem Leistungsberechtigten ein zivilrechtlicher Vertrag über die Erbringung von Betreuungsleistungen."

    Aufgrund dieser Leistungsvereinbarungen existieren erst gar keine Angebote außerhalb von Werkstätten für Menschen mit hohem Betreuungsbedarf.
    Solange die Rahmenverträge laut § 79 SGB XII Vergütungspauschalen vorsehen, welche indirekt für ganze Personengruppen die Werkstatt-Pflicht bedeuten, nutzt diesen Menschen auch der Verzicht auf den Mehrkostenvorbehalt gar nichts.

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