07.08.2018 Politik

Kleine Anfrage zu Problemen bei der Gewährung von Arbeitsassistenz

Die Fallzahlen von Arbeitsassistenzen für schwerbehinderte Menschen sind seit 2008 kontinuierlich gestiegen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (Bundestags-Drucksache 19/2339) auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor, die die Bewilligungspraxis von Integrationsämtern thematisiert.

Die Fraktion Die Linke hatte auf zu lange Bearbeitungszeiten der Anträge, pauschale Kürzungen des Bedarfes sowie oft wechselnde Zuständigkeiten für die Sachbearbeitung hingewiesen und sich dabei auf Berichte in den Medien berufen.

Die Bundesregierung teilt in ihrer Antwort nicht die Einschätzung der Fragesteller, dass es bei der Bewilligung von Arbeitsassistenz durch Integrationsämter bundesweit erhebliche Probleme und willkürliche Kürzungen gebe. Sie weist auf den Unterschied hin zwischen Arbeitsassistenz und weiteren Leistungen der Integrationsämter zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben. Beispiele für eine Arbeitsassistenz seien etwa die Vorlesekraft für einen blinden Menschen, Gebärdensprachdolmetscher oder Assistenten für körperlich eingeschränkte Menschen. Auf Arbeitsassistenz bestünde ein Anspruch (§ 185 Absatz 5 SGB IX), die weiteren Leistungen seien Ermessensleistungen, deren Gewährung u. a. vom Budget der Integrationsämter abhängig sei. Auch bei der Arbeitsassistenz sei zu prüfen, inwieweit die Leistung notwendig sei. Die gemeinsame Empfehlung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) gebe für diese Prüfung rechtlich unverbindliche Hinweise.

Urteile zur Bewilligung von Arbeitsassistenzen

Die Bundesregierung spricht auch an, dass schwerbehinderte Menschen den Entscheidungen von Integrationsämtern widersprechen können. In einigen Fällen sei die Praxis der Bewilligung bzw. Nichtbewilligung von Arbeitsassistenzen von den Gerichten teilweise kritisiert worden, so z.B. hinsichtlich

  • eines Anspruchs auf Arbeitsassistenz für die Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung (Urteil vom 23. Januar 2018, BVerwG 5 C 9.16) oder
  • einer selbstständigen Tätigkeit mit geringen Einkünften (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Oktober 2017, OVG 6 B 86.15) oder
  • des Wunsch- und Wahlrechts bei der Wahl des Dienstleistungsmodells (Verwaltungsgericht Dresden, Beschluss vom 17. Februar 2017, 1 L 179/17).

Die BIH prüfe daher derzeit ihre Empfehlung. Davon unabhängig gehe die Bundesregierung davon aus, dass die Rechtsprechung bereits jetzt in die Entscheidungspraxis der zuständigen Landesbehörden eingeht.

Rund 3700 Förderfälle im Jahr 2017

Die Fallzahlen für Arbeitsassistenzen haben sich in den letzten zehn Jahren stetig erhöht bzw. nahezu verdoppelt, wie aus der Bundestags-Drucksache hervorgeht. Anlage 1 enthält die Zahl der Förderfälle pro Bundesland von 2008 bis 2017. Insgesamt nahmen im Jahr 2008 rund 1.900 Menschen eine Arbeitsassistenz in Anspruch, im Jahr 2017 knapp 3.700 Menschen. Weitere Anlagen geben Auskunft über die den Integrationsämtern in den Bundesländern zur Verfügung stehenden Mittel aus der Ausgleichsabgabe sowie über die Entwicklung der Ausgaben für Arbeitsassistenzen in den letzten zehn Jahren pro Bundesland.

Der Rechtsanspruch auf Arbeitsassistenz und damit das Recht auf angemessene Vorkehrungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention wird aus Sicht der Bundesregierung nicht durch das Verhalten der genannten Behörden der Länder in Frage gestellt. Es ginge nicht um das „Ob“, sondern um das „Wie“ der Leistungserbringung. Die Umsetzung unterliege grundsätzlich dem (sozial-)rechtlichen Gestaltungsspielraum.

Zur Bundestags-Drucksache 19/2339:

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Sören Pellmann, Susanne Ferschl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/1972 – Probleme bei der Gewährung des Rechtsanspruchs auf Arbeitsassistenzleistungen

(Quelle: Deutscher Bundestag, Heute im Bundestag [hib])


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