07.11.2022 Politik

Mehr Anstrengungen für inklusiven Arbeitsmarkt notwendig

Zum Abschluss ihres 64. Treffens am 3. und 4. November 2022 haben die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern in ihrer „Erfurter Erklärung“ Forderungen für einen inklusiven Arbeitsmarkt bis 2030 gestellt und Wege dorthin aufgezeigt. Die Regelungen etwa durch das Bundesteilhabegesetz oder des Budgets für Arbeit „haben nicht zu nennenswerten Steigerungsraten bei der Ausbildung und Beschäftigung des anspruchsberechtigten Personenkreises auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt geführt", so die Erklärung.

Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, unterstreicht: „1,3 Millionen schwerbehinderte Menschen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt, sie machen jeden Tag einen guten Job. Es ist ein Vorurteil, dass Menschen mit Behinderungen nicht leistungsfähig sind, ich bin der festen Überzeugung: Es gibt keinen einzigen Arbeitsplatz, der nicht von einem Menschen mit Behinderung gut ausgefüllt werden kann – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“ Zehn Jahre nach Verabschiedung der „Mainzer Erklärung zur Inklusion behinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“ sind die Beauftragten der Auffassung, dass es neuer Anstrengungen, Impulse und Instrumente für die Erreichung eines inklusiven Arbeitsmarktes spätestens im Jahre 2030 bedarf.

In ihrer „Erfurter Erklärung“ gehen sie auf folgende Bereiche ein: 

Inklusives Arbeits- und Sozialrecht

Hier erwarten die Beauftragten insbesondere von der Bundesagentur für Arbeit, im Hinblick auf Artikel 27 UN-Behindertenrechtskonvention im Übergangsbereich Schule-Beruf alle Fördermöglichkeiten zu nutzen, um deutlich stärker in Richtung allgemeiner Arbeitsmarkt zu steuern. Sie fordern u. a. von den kommunalen Jobcentern, dass sie ihre Möglichkeiten zur Gewährung von Rehabilitationsleistungen ausschöpfen und eigene Initiativen entwickeln, um den Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern.

Inklusionsbetriebe

Die Beauftragten sehen Inklusionsbetriebe als wichtigen Ort der betrieblichen Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an, insbesondere wenn es sich um besonders betroffene Menschen oder Menschen handle, deren Beschäftigung auf besondere Schwierigkeiten treffe.

Die Beauftragten fordern u. a. „alle Arbeitgeber auf, durch die Einrichtung von Arbeitsplätzen mehr Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen zu schaffen und mindestens die Beschäftigungspflichtquote zu erfüllen.“ Sie fordern Bund, Länder und Kommunen auf „unter Einbeziehung der Monitoringstelle für die UN-Behindertenrechtskonvention und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation in partizipativer Weise die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für einen inklusiven Arbeitsmarkt bis 2030 zu schaffen.“

Werkstätten für behinderte Menschen

Die Beauftragten beklagen, „dass der Auftrag der Werkstätten aus § 219 SGB IX, den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern, bei einer Übertrittsquote von unter einem Prozent seit Jahrzehnten zu selten gelingt und deshalb als weitestgehend gescheitert angesehen wird.“ Sie weisen darauf hin, dass ein inklusiver Arbeitsmarkt gemäß Artikel 27 UN-Behindertenrechtskonvention über die Beschäftigung in einer Werkstatt in ihrer heutigen Form als Einrichtung nur für Menschen mit Behinderungen und auch aufgrund des in sich konkurrierenden Dreifachmandates von Rehabilitation, Inklusion bei gleichzeitigem Wirtschaftlichkeitsauftrag nicht erreichbar sei.

Weitere Informationen und Forderungen der Beauftragten finden sich in der Erfurter Erklärung für einen inklusiven Arbeitsmarkt bis 2030

(Quelle: Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Thüringer Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen)


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