08.12.2020 Verwaltung, Verbände, Organisationen

Paritätischer Teilhabebericht zur Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen

Der Teilhabeforschungsbericht 2020 der Forschungsstelle des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes befasst sich im Schwerpunkt mit einer vergleichenden Untersuchung der Situation von Frauen und Männern mit Beeinträchtigungen. Im Kontext der Corona-Pandemie haben die Autorinnen und Autoren u. a. Daten aus dem Jahr 2018 in den Blick genommen, die auf ein erhöhtes Risiko der Vereinsamung hinweisen.

Die von der Aktion Mensch Stiftung geförderte Forschungsstelle des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes legt einmal jährlich ihren Teilhabeforschungsbericht vor. Sie stellt darin auf der Basis eigener Auswertungen des Sozio-ökonomischen Panels, einer seit 1984 jährlich stattfindenden, repräsentativen Wiederholungsbefragung von Privathaushalten, aktuelle Ergebnisse zur Lebenslage von Menschen mit Behinderungen vor.

Schwerpunkt des Paritätischen Teilhabeberichts 2020 ist die vergleichende Untersuchung der Lebenssituation von Frauen und Männern im Alter zwischen 18 und 49 Jahren für das Berichtsjahr 2018. Viele der Menschen in dieser Altersgruppe sind von Geburt oder Jugend an beeinträchtigt. Ihre Lebenslage unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der von Menschen, die erst im Alter eine Beeinträchtigung erfahren.

Aus dem Inhalt (in Auszügen):

  • Frauen und Männer mit Beeinträchtigungen leben deutlich häufiger alleine in einem Haushalt im Vergleich zu Personen ohne Beeinträchtigungen. Sowohl innerhalb der Frauen (14,8 % gegenüber 21,7 %) als auch innerhalb der Gruppe der Männer (20,9 % gegenüber 29,2 %) sind Personen mit Beeinträchtigungen um knapp 50 Prozent häufiger alleinlebend. Zudem leben Frauen und Männer mit Beeinträchtigungen um gut 10 Prozentpunkte seltener in Paar-Haushalten als Frauen und Männer ohne Beeinträchtigungen. Auffallend ist, dass mit 3 von 10 Männern mit Beeinträchtigungen diese anteilig am häufigsten alleinlebend sind.
     
  • Menschen mit Beeinträchtigungen weisen auch einen deutlichen Unterschied hinsichtlich der Einschätzung über Wert und Nützlichkeit dessen, was sie im Leben machen, im Vergleich zu Menschen ohne Beeinträchtigungen auf. 11,6 Prozent der Menschen mit Beeinträchtigungen geben sehr niedrige Werte an bzw. verneinen die Aussage, dass das, was man im Leben macht, wertvoll und nützlich ist. Diese Einordnung ist vier Mal höher als bei Menschen ohne Beeinträchtigungen (2,8 %). Grundsätzlich weist der Indikator auf strukturelle Benachteiligungen bzw. Hürden im Leben von Menschen mit Beeinträchtigungen hinsichtlich der Möglichkeit hin, ein wertvolles und nützliches Leben zu führen.
     
  • Mit 32,4 Prozent sind Männer mit Beeinträchtigungen mehr als doppelt so häufig von Armut betroffen wie Männer ohne Beeinträchtigungen (14,6 %). Sie leben ebenfalls häufiger als Frauen mit Beeinträchtigungen (28,1 %) in Armut. Das Geschlechterverhältnis verkehrt sich in Bezug auf die Armutsbetroffenheit in Abhängigkeit des Merkmals Beeinträchtigung: Bei Menschen ohne Beeinträchtigungen sind Frauen stärker von Armut betroffen als Männer.
     

Der Haushaltskontext biete entsprechende Risikopotenziale, die zu Vereinsamung führen könnten, heißt es in dem Bericht auch im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen zur Bekämpfung von SARS-CoV-2. Weitere Themen des Berichts sind die Teilhabe an politischen Gestaltungsfeldern, Gesundheit oder Freizeitgestaltung.

Sozialgesetzliche Regelungen und Forderungen

Für Menschen mit Beeinträchtigungen besonders relevante sozialgesetzliche Regelungen werden in einem separaten Monitoringteil zusammengefasst und kommentiert:

  • Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes
  • Reform der Kinder- und Jugendhilfe
  • Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz
  • Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts 
  • Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge
  • Anpassung der Regelbedarfe in der Grundsicherung
  • Neue Grundrente

Der Teilhabebericht mündet in Forderungen zur Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen. Eine inklusive Gesellschaft entstehe nicht, wenn damit (in erster Linie) Geld gespart werden solle und über Inklusion nur gesprochen werde. „Es bedarf der entsprechenden Veränderung des bestehenden exkludierenden Systems. Dieses muss so umgestaltet werden, dass es für alle Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit möglichst gleichermaßen geeignet ist.“

Der Paritätische Teilhabebericht 2020: Teilhabe und Geschlecht im frühen und mittleren Erwachsenenalter

(Quelle: Der Paritätische Gesamtverband)


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