14.01.2020 Verwaltung, Verbände, Organisationen

Rechtsgutachten zu Nachteilsausgleichen an Hochschulen

Das Deutsche Studentenwerk hat das Rechtsgutachten "Nachteilsausgleiche für Studierende mit Behinderungen – Prüfungsrechtliche Bausteine einer inklusiven Hochschule" veröffentlicht.

Das Rechtsgutachten setzt sich kritisch mit der gängigen Rechtsprechung zu Nachteilsausgleichen auseinander, stellt relevante rechtliche Entwicklungen zur Teilhabesicherung dar und skizziert Eckpunkte für eine Neuausrichtung der prüfungsrechtlichen Praxis.

Anlass für das Gutachten waren Berichte von Studierenden mit Behinderungen, die von Hochschulen pauschal und ohne Einzelfallprüfung von Nachteilsausgleichen in Studium und Prüfungen ausgeschlossen wurden. Davon berichteten besonders Studierende mit chronischen Erkrankungen, z. B. Studierende mit Rheuma, Multipler Sklerose, Epilepsie oder Depressionen, aber auch Krebs-, Schmerz- oder Trauma-Patientinnen und -patienten. Die Hochschulverwaltungen und Prüfungsämter orientieren sich bei ihren Ablehnungen überwiegend an der Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1985 (Az. BVerwG 7 B 210.85). Das Gericht lehnte damals einen zusätzlichen Prüfungsversuch mit der Begründung ab, studienrelevante Auswirkungen eines „Dauerleidens“ seien nicht ausgleichbar, weil diese als „persönlichkeitsbedingte Eigenschaft“ die Leistungsfähigkeit prägten und zum „normalen Leistungsbild des Prüflings“ gehörten. Die Rechtsprechung ist dieser Position überwiegend gefolgt.

Prof. Dr. iur. Jörg Ennuschat ist Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht, an der Ruhr-Universität Bochum. Gefördert vom Ministerium für Bildung und Forschung nahm er eine Neubewertung der Möglichkeiten und Grenzen von Nachteilsausgleichen für Studierende mit Behinderungen vor und kommt u. a. zu folgendem Schluss:

„Nur in ganz engen Grenzen kann eine angemessene Vorkehrung in Form eines Nachteilsausgleichs verweigert werden, wenn dies unter abwägender Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu einer unverhältnismäßigen und unzumutbaren Belastung für das Prüfungsamt und die Hochschule führen würde. Die Darlegungs- und Beweislast für die Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit liegt beim Prüfungsamt. Es hat keinen Beurteilungsspielraum.“

Zum Rechtsgutachten „Nachteilsausgleiche für Studierende mit Behinderungen“ (Berlin 2019) auf der Webseite des Deutschen Studentenwerks

(Quelle: Deutsches Studentenwerk)


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