13.10.2020 Politik

Referentenentwurf zur Reform der Kinder- und Jugendhilfe

Mit Bearbeitungsstand vom 5. Oktober 2020 hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) relevanten Verbänden den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen vorgelegt. Die Verbände haben bis zum 26. Oktober 2020 Gelegenheit zur Stellungnahme.

Dem Gesetzgebungsprozess des Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG war ein Beteiligungsprozess „Mitreden – Mitgestalten“ zur Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe vorausgegangen. Dieser mündete 2019 in einen Abschlussbericht. Im Referentenentwurf stellen sich nun auf 156 Seiten die durch das Familienministerium geplanten Änderungen dar, auch im Hinblick auf Zugänge zu bedarfsorientierten, qualifizierten und wirksamen Hilfen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen. Querverweise knüpfen an die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses an.

Die Leistungsbeantragung und -gewährung für behinderte Kinder und Jugendliche ist gegenwärtig noch geprägt von einer Schnittstellenproblematik zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfe, die den sogenannten „Hilfen aus einer Hand“ im Wege steht. Im Zuständigkeitsbereich der Kinder- und Jugendhilfe sind Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen erfasst, nicht aber mit geistigen oder körperlichen Behinderungen. Auch die Neuregelungen durch das Bundesteilhabegesetz änderten nichts an der Kategorisierung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen bzw. nach der Form der Beeinträchtigung, um Hilfen zu erhalten.

Tragfähige Strukturen für Hilfen aus einer Hand aufbauen

Die ganz überwiegende Mehrheit in der Arbeitsgruppe „SGB VIII: Mitreden – Mitgestalten“ habe sich vor diesem Hintergrund für die Zusammenführung der Zuständigkeiten für junge Menschen mit Behinderungen im SGB VIII, die sog. „Inklusive Lösung“ ausgesprochen, heißt es im Referentenentwurf. Im Sinne der rechtlichen Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention an eine inklusive Gesellschaft und damit auch an ein inklusives Sozialleistungssystem sieht der Gesetzentwurf nun eine verbindliche Weichenstellung für die Inklusive Lösung vor.

„Zur Umsetzung der Zusammenführung der Zuständigkeiten der Leistungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII sind in verschiedenen Bereichen grundsätzliche Voraussetzungen zu schaffen. Für den Prozess der Umsetzung muss daher ein ausreichender Zeitraum zur Verfügung stehen, um tragfähige Umstellungsstrukturen aufzubauen, die in konkreten Schritten die notwendigen fachlichen, (infra-) strukturellen, personellen und finanziellen (Weiter-) Entwicklungen in den Länder(n) ermöglichen.“

Stufenmodell zur Umsetzung der Inklusiven Lösung

In einem Zeitraum von 7 Jahren sollen die Voraussetzungen für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII geschaffen und die Schnittstellen zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfe beseitigt werden.

In einer ersten Stufe gehören dazu u. a. Regelungen

  • zur Weiterentwicklung der inklusiven Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege,
  • zur Zusammenarbeit der Sozialleistungsträger beim Zuständigkeitsübergang,
  • zur Beratung zu Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie zur Orientierung an den Schnittstellen zu anderen Leistungssystemen sowie
  • zur fallbezogenen Zusammenarbeit im Gesamt- und Hilfeplanverfahren.

Die zweite Stufe sieht die Einführung eines „Verfahrenslotsens“ beim Jugendamt im Jahr 2024 vor. Für die Wahrnehmung dieser Aufgabe durch das Jugendamt sind die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Einen weiteren Zwischenschritt bei der Umsetzung der zweiten Stufe markiert die Verkündung eines Bundesgesetzes bis spätestens 1. Januar 2027. Es soll konkrete Regelungen zum leistungsberechtigten Personenkreis, zu Art und Umfang der Leistung und zur Kostenbeteiligung enthalten.

In einer dritten Stufe soll die Zuständigkeit für Leistungen der Eingliederungshilfe auch an junge Menschen mit (drohenden) körperlichen oder geistigen Behinderungen an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe übergehen. Geplant ist hierfür ein Prozess bis zum Jahr 2028.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat den Referentenentwurf im Internet veröffentlicht: 

Referentenentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG; PDF)

(Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Paritätischer Wohlfahrtsverband)


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