11.10.2022 Verwaltung, Verbände, Organisationen

Worauf bei der Finanzierung der Begleitung von Menschen mit Behinderung im Krankenhaus zu achten ist

Die Gesetzliche Krankenversicherung übernimmt gemäß einer Neuregelung im SGB V und SGB IX ab November 2022 finanzielle Leistungen, wenn Menschen mit Behinderung bei einer stationären Krankenhausbehandlung von einem nahen Angehörigen oder einer Bezugsperson aus dem engsten persönlichen Umfeld begleitet werden müssen. Für die Umsetzung des Anspruchs haben "Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung" eine Handreichung veröffentlicht.

Der Bundesverband Lebenshilfe als Mitglied der "Fachverbände für Menschen mit Behinderung" erläutert, worauf Menschen mit Behinderung und ihre Vertreterinnen und Vertreter bei diesen Neuregelungen künftig achten müssen: So sind die Voraussetzungen für die neuen Leistungen eine bestehende Behinderung, der Bezug von Leistungen der Eingliederungshilfe und das Vorliegen eines Begleitungsbedarfes. Der Begleitungsbedarf sollte künftig möglichst frühzeitig - auch ohne konkret bevorstehenden Krankenhausaufenthalt - im Gesamtplanverfahren ermittelt und im Gesamtplan benannt werden.

Eine Begleitung kann etwa bei Menschen mit geistiger Behinderung erforderlich sein, weil sie nicht hinreichend kommunizieren können, also beispielsweise Krankheitssymptome oder Schmerzen nicht verständlich artikulieren können. Auch wenn sie die für eine Behandlung erforderliche Mitwirkung nicht erbringen können, kann eine Begleitung notwendig sein.

Wird die Begleitung durch Angehörige übernommen und entsteht ihnen hierdurch ein Verdienstausfall, können sie gemäß § 44b SGB V einen Anspruch auf Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des erzielten regelmäßigen Arbeitseinkommens gegen ihre Krankenkasse geltend machen. Gleiches gilt für die Begleitung durch Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld. Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass sie und die begleitete Person gesetzlich versichert sind und die Begleitung aus medizinischen Gründen notwendig ist.

Die begleitende Person hat Anspruch auf Krankengeld für den Zeitraum der Mitaufnahme ins Krankenhaus, erläutert die Lebenshilfe. Auch für eine ganztägige Begleitung ins Krankenhaus wird Krankengeld gezahlt. Diese Zahlung ist möglich für Begleitpersonen, die nahe Angehörige oder aus dem engsten persönlichen Umfeld sind (§ 44b des SGB V). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in einer Richtlinie nach § 92 Kriterien zur Abgrenzung des Personenkreises, der die Begleitung aus medizinischen Gründen benötigt (§ 44b Absatz 2 SGB V). 

Eltern, die ihr (erwachsenes) Kind mit Behinderung ins Krankenhaus begleiten, können anstelle des Krankengeldes auch weiterhin das ebenfalls tageweise gewährte, aber höhere Kinderkrankengeld beanspruchen. Es beträgt 90 Prozent des erzielten Arbeitseinkommens, ist aber anders als das Krankengeld, das während des gesamten Krankenhausaufenthaltes gewährt wird, zeitlich auf eine bestimmte Anzahl an Arbeitstagen pro Jahr begrenzt.

Werden Menschen von einer vertrauten Bezugsperson begleitet, die sie im Alltag bereits als Mitarbeitende eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe unterstützt, sollen die Kosten für die Begleitung hingegen von den Trägern der Eingliederungshilfe übernommen werden.

Eine Evaluation der neuen Regelung ist vorgesehen. Deren Ergebnisse sollen bis Ende Dezember 2025 veröffentlicht werden.

Die fünf "Fachverbände für Menschen mit Behinderung" erarbeiteten eine informierende „Handreichung zur Umsetzung des Anspruchs auf Begleitung im Krankenhaus nach § 113 Abs. 6 SGB IX“. Diese „gibt den derzeitigen Diskussionsstand der Fachverbände für Menschen mit Behinderung wieder und zeigt Probleme und Lösungsmöglichkeiten auf. Sie ist nicht mit den Leistungsträgern konsentiert. Insofern ist es durchaus möglich, dass diese zu den jeweiligen Problempunkten andere Auffassungen vertreten“, so die Verbände.

Weitere Informationen

Handreichung zur Umsetzung der Begleitung im Krankenhaus - Ein Angebot der "Fachverbände für Menschen mit Behinderung" (Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie, Bundesvereinigung Lebenshilfe, Anthropoi Bundesverband, Bundesverband evangelische Behindertenhilfe und Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen)

"Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung" bieten dazu noch vertiefende Informationen:
Gesetzestext und Begründung (Anlage 1)
Beispiele für Unterstützungsbedarf (Anlage 2)
Personenkreis mit Begleitbedarf (Anlage 3)
Beispiele für Leistung/Aufgaben der Begleitperson (Anlage 4)
Checkliste für Gesamtplanverfahren der Fachverbände (Anlage 5)

Die Lebenshilfe informiert zum Thema Menschen mit Behinderung im Krankenhaus.

"Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Erstfassung der Richtlinie über den Personenkreis von Menschen mit Behinderung, die eine Begleitung im Krankenhaus aus medizinischen Gründen benötigen" durch das Bundesministerium für Gesundheit, im Bundesanzeiger

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe (BAGüS) hat ebenso eine Orientierungshilfe zur Assistenz im Krankenhaus veröffentlicht.

(Quelle: Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung, Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V., Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe, BAGüS)


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