07.03.2023 Sonstige Veröffentlichungen

Wer ist zuständig für die persönliche Assistenz eines Kindes mit Diabetes in einer Kindertagesstätte?

​​​​​​​Die Sendung „Markt“ des Norddeutschen Rundfunks (NDR) hat sich mit einem Zuständigkeitsstreitigkeit bei der regelmäßigen Begleitung eines Kindes mit Diabetes in einer Kindertagesstätte (Kita) befasst. Weder Krankenkasse noch der örtliche Träger der Eingliederungshilfe sahen sich als zuständige Kostenträger an. In der Folge musste die Mutter das Kind in der Kita betreuen und konnte monatelang ihrem Beruf nicht nachgehen.

Bei einem Kind mit Diabetes muss regelmäßig der Blutzuckerspiegel kontrolliert werden, bei Bedarf muss Insulin gespritzt bzw. über eine Insulinpumpe abgegeben werden. In einer Kita braucht das Kind daher Begleitung durch eine geschulte Person, die diese Kontrollen durchführt, ggf. Insulinwerte ausgleicht und darauf schaut, was das Kind isst und dass es sich nicht überanstrengt. Die Kosten können von den Rehabilitationsträgern wie z. B. der Krankenkasse als medizinische Leistung oder auch dem Eingliederungshilfe-Träger als Leistung zur Sozialen Teilhabe nach dem SGB IX getragen werden. In der Praxis stößt die Abgrenzung der Leistungszuständigkeit auf Probleme, wie der im NDR geschilderte Fall aus Schleswig-Holstein zeigt. Über Monate wurde ein Kind in einer integrativen Kita nicht mit der ärztlich verordneten, notwendigen Assistenz versorgt. Die Krankenkasse sah hier eine trägerübergreifende Leistung gegeben und hatte den entsprechenden Antrag an den Kreis weitergeleitet, der sich aber nicht in der Pflicht sah. Monatelang konnten sich die beiden Stellen nicht über die Zuständigkeit einigen. Die Mutter begleitete daher das Kind in die Kita und konnte nicht arbeiten – mit allen finanziellen Folgen.

Der Fall macht deutlich, dass die vom Gesetzgeber mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) auf den Weg gebrachten Änderungen im Bewilligungsverfahren noch nicht überall optimal umgesetzt werden. Dabei heißt es auf einer Seite des Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit häufigen Fragen zum BTHG:

„Im Mittelpunkt steht, welche Unterstützung jemand braucht und will – wie es die Träger untereinander organisieren, darum muss sich der behinderte Mensch nicht mehr kümmern.

Denn mit dem Umbau des SGB IX, Teil 1 wurden die Regelungen zur Zuständigkeit und zur Einführung eines trägerübergreifenden Teilhabeplanverfahrens für alle Rehabilitationsträger ohne Ausnahme ausgestaltet. Sind mehrere Rehabilitationsträger beteiligt oder werden unterschiedliche Leistungen beantragt, ist das Verfahren der Bedarfsfeststellung für alle Rehabilitationsträger verbindlich vorgeschrieben.“

In dem besprochenen Fall des NDRs haben sich die beiden betroffenen Träger schließlich nach fünf Monaten auf eine Kostenteilung „als kurzfristige Lösung“ geeinigt. So konnte eine geschulte Pflegeperson beauftragt werden, die das Kind in der Kita begleitet.

Die Sendung ist in der Mediathek des NDRs bis 27. Februar 2025 verfübar, der Beitrag zur Kita-Begleitung beginnt ab Minute 18:37: Kita-Begleiter bei Diabetes: Dringend nötig, schwer zu bekommen.
(Quellen: Norddeutscher Rundfunk, Bundesministerium für Arbeit und Soziales)


Kommentare (2)

  1. C. Gast-Schimank
    C. Gast-Schimank 12.04.2023
    Sehr geehrte Frau Pausch,

    beziehen Sie sich auf eine konkrete Entscheidung? Wenn ja könnten Sie bitte ein Aktenzeichen nennen?

    Herzlichen Dank
  2. Christiane-Beatrix Pausch, Fachanwältin für Sozialrecht
    Christiane-Beatrix Pausch, Fachanwältin für Sozialrecht 16.03.2023
    Ist leider kein Einzelfall, obwohl eigentlich die Rechtslage inzwischen geklärt ist, wenn das betroffene Kind in einer gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist. Falls die KK sich trotzdem weigert, leiten Sie ein Eilverfahren vor dem Sozialgericht ein.
    Schwieriger ist es bei Kindern, die privat krankenversichert sind, denn da gibt es noch keine Präzedenzentscheidungen.

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