15.05.2023 Politik

Reaktionen auf Beschluss des Gesetzes "Inklusiver Arbeitsmarkt"

Sozialverbände und Selbstvertretungsorganisationen sowie Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen haben positiv auf den Beschluss des Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes durch den Bundesrat am 12. Mai 2023 reagiert – mit Einschränkungen.

Im Vorfeld der Sitzung hatten die unionsregierten Bundesländer signalisiert, dem Gesetz nicht zustimmen zu wollen. Daher dankte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in seiner Rede vor dem Bundesrat besonders Winfried Kretschmann und Josef Laumann sowie Franziska Giffey für deren Engagement, dass das Gesetz nun in Kraft treten könne. Auch Akteure und Verbände der Menschen mit Behinderungen hatten sich dafür eingesetzt.

Die Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Simone Fischer, nannte die Zustimmung des Bundesrats gegenüber den Kobinet-Nachrichten einen wichtigen Schritt: „Jetzt müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, um bei der Beschäftigung und Teilhabe schwerbehinderter Menschen in der Arbeitswelt auch in Baden-Württemberg weiter vorwärtszukommen.“ Auch die Vorstandsvorsitzende des Sozialverband Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, begrüßt die Verabschiedung des Gesetzes: „Aktuell stehen ca. 170.000 qualifizierte Menschen mit Behinderungen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, jedoch wird deren Potential noch nicht ausgeschöpft. Die neuen Regelungen werden dazu beitragen, dass Arbeitgeber*innen dieses Potential verstärkt für sich erkennen und nutzen.“

Kritisch sieht Michaela Engelmeier jedoch die gestrichenen Bußgeldmöglichkeiten. „Die von uns als wichtig bewerteten Bußgelder sind nicht mehr im Gesetz enthalten. Das ist kontraproduktiv und schwächt seine Wirkung ab. Denn gerade die Unternehmen, die bislang keine Menschen mit Behinderungen beschäftigen, würden durch drohende Bußgelder deutlich stärker motiviert werden, sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten und einen inklusiven Arbeitsmarkt zu fördern.“

Die DVfR hatte im Februar über Regelungen in dem neuen Gesetz berichtet und Stellung zum Gesetzentwurf genommen. Sie begrüßt in ihrer Stellungnahme insgesamt die Zielsetzungen der Neuregelungen im SGB IX; die Streichung des Bußgeldes erscheint auch aus Sicht der DVfR nicht sinnvoll. Eine Erhöhung der Abgabe könne dies nicht hinreichend begründen.

Die vierte Stufe der Ausgleichsabgabe betrifft nur einen kleinen Kreis von Arbeitgebern. Von den aktuell 44.793 Arbeitgebern, die keinen schwerbehinderten Menschen beschäftigen, müssen 40.839 aufgrund ihrer Betriebsgröße nur eine reduzierte Ausgleichsabgabe zahlen.

Bundesrat: Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts

Stellungnahme der DVfR zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts 

Beyerlein: Kleine Schritte zum inklusiven Arbeitsmarkt – Zur Entstehung des Gesetzes zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts; Beitrag D6-2023 unter www.reha-recht.de; 16.05.2023

(Quelle: Beyerlein, Beitrag D6-2023; Kobinet-Nachrichten; Sozialverband Deutschland)


Kommentare (1)

  1. Wolfgang
    Wolfgang 23.05.2023
    Zwar steht weiterhin folgender Satz in § 160 Abs. 1 Satz 2 SGB IX: »Die Zahlung der Aus­gleichs­ab­ga­be hebt die Pflicht zur Be­schäf­ti­gung schwer­be­hinderter Menschen nicht auf.« Diese Norm ist aber das Papier nicht (mehr) wert, auf dem sie geschrieben steht, da diese „Pflicht“ künftig völlig „unverbindlich“ ist wegen des Bußgeld-Kahlschlags und so von der Ampel ins Belieben eines jeden privaten und öffentlichen Arbeitgebers gestellt wurde.
    www.buzer.de/160_SGB_IX.htm

    Das ist halt künftig so bei der „Beschäftigungspflicht“ wie damals bei der Gurtpflicht im Auto ohne Bußgeld: Jeder machte was er wollte …

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