12.04.2024 Politik

Behindertenbeauftragte fordern konsequente Umsetzung der UN-BRK

Auf ihrem Treffen am 11. und 12. April in Stuttgart haben die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern die „Stuttgarter Erklärung“ verabschiedet. In dieser fordern sie von Bund, Ländern und Kommunen verstärkte Anstrengungen, um die Umsetzung der Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) unter Beachtung der Empfehlungen des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen entschlossen voranzutreiben.

Das 67. Treffen der Konferenz der Beauftragten von Bund und Ländern für die Belange von Menschen mit Behinderungen in Stuttgart stand unter dem Motto „15 Jahre nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention: Endlich konsequente Umsetzung!“ Der Fokus lag auf den Themen Wohnen, Gewaltschutz, Ablehnung von Zwang sowie der Sicherstellung von Partizipation auf allen staatlichen, politischen und gesellschaftlichen Ebenen.

Die Beauftragten sind der Auffassung, dass es verstärkter Anstrengungen für die zielgerichtete Umsetzung der UN-BRK bedarf. Deutschland bleibe trotz positiver Entwicklungen hinter den Zielen und Möglichkeiten bei der Umsetzung der UN-BRK deutlich zurück. Sie fordern von Bund, Ländern und Kommunen die zielgerichtete Umsetzung der UN-BRK unter der Berücksichtigung der Ergebnisse der zweiten Staatenprüfung.

Die Beauftragten fordern in ihrer „Stuttgarter Erklärung“ insbesondere:

  • Recht auf selbstbestimmtes Wohnen (Art. 19 UN-BRK): Fast die Hälfte aller Menschen mit Behinderungen in Deutschland, die Leistungen zum Wohnen beziehen, leben in Sondereinrichtungen. Menschen mit Behinderungen müssen selbst entscheiden können, wie, wo und mit wem sie leben wollen. Dazu gehört ein ausreichendes Angebot an barrierefreiem und bezahlbarem Wohnraum sowie die Weiterentwicklung von ambulanten Unterstützungsangeboten. Der notwendige systemische Wandel zu dezentralen, individuellen Wohnformen, insbesondere für Menschen mit hohem Assistenzbedarf, muss konsequent vorangebracht werden.
  • Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit, Schutz vor Gewalt und Missbrauch (Art. 14, 16, 17 UN-BRK): Die Gewaltprävalenz gegen Menschen mit Behinderungen ist besorgniserregend. Es bedarf einer ressortübergreifenden, praxisgerechten und wirksamen Gewaltschutzstrategie, die den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen Rechnung trägt. Der Schutz muss intersektional sein und Lücken im Gewaltschutz, in der eigenen Häuslichkeit wie in Institutionen zeitnah schließen. Der Bund wird aufgefordert, das Gewaltschutzgesetz noch in dieser Legislaturperiode zu reformieren.
  • Ablehnung von Zwang (Art. 12, 14, 15, 16 UN-BRK): Alle Menschen haben ein Recht auf ein Leben frei von Zwang. Menschen mit Behinderungen, insbesondere mit psychosozialen Beeinträchtigungen und hohem Assistenzbedarf, sind in höherem Maße verschiedenen Formen von Zwang ausgesetzt, z.B. unfreiwillige Behandlung oder Unterbringung sowie freiheitsentziehende Maßnahmen, die erhebliche Eingriffe in die körperliche und seelische Autonomie darstellen. Gesetze, die die Anwendung von Zwang und Freiheitsentzug, in der Psychiatrie, Eingliederungshilfe und Kinder- und Jugendhilfe vorsehen, müssen in Einklang mit den menschenrechtsbasierten Bestimmungen der UN-BRK gebracht werden.
  • Partizipation auf allen staatlichen Ebenen: Menschen mit Behinderungen müssen an allen politischen Entscheidungen, die sie betreffen, von Beginn an beteiligt werden. Die Umsetzung in der Verwaltungspraxis und Gesetzgebung ist noch nicht ausreichend gewährleistet und dadurch unzulänglich. Die Beteiligungsstrukturen und Rahmenbedingungen der Beteiligung müssen weiterentwickelt, verbindlich geregelt und eingehalten werden.

Zu den weiteren, in der Staatenprüfung behandelten Themen verweisen die Beauftragten auf ihre Positionspapiere, insbesondere zu den Themenbereichen Arbeit (Erfurter Erklärung für einen inklusiven Arbeitsmarkt, November 2022) und Bildung (Positionspapier zur inklusiven schulischen Bildung, Dezember 2022). Sie sehen sich in ihren Forderungen durch die 2. Staatenprüfung bestätigt und bekräftigen diese ausdrücklich.

Die „Stuttgarter Erklärung“ ist auf der Internetseite der baden-wüttembergischen Landesbehindertenbeauftragten zu finden, dort erscheint die Erklärung in Kürze auch in einfacher Sprache.

Zur Stuttgarter Erklärung

Weitere gemeinsame Erklärungen und Stellungnahmen

(Quelle: Die Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen)


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