12.04.2024 Politik

Dialogprozess: BMAS legt Aktionsplan zur Weiterentwicklung von WfbM vor

Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) wechseln nur selten in eine Stelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAs) hat einen Aktionsplan zu diesem Thema vorgelegt und geht damit die in der zweiten Staatenprüfung Deutschlands deutlich benannten Handlungsbedarfe zur Weiterentwicklung der Werkstätten an. Erste Stellungnahmen von Institutionen und Verbänden liegen bereits vor.

Der UN-Ausschuss forderte von der Bundesregierung einen Aktionsplan zum Übergang vom Modell der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das BMAS hat daher im Jahr 2023 einen partizipativen Dialogprozess mit Werkstattträgern, Leistungsträgern, Bundesländern, Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen und Werkstattbeschäftigten, Verbänden und Sozialpartnern begonnen, um Maßnahmen zur ganzheitlichen Weiterentwicklung der WfbM zu erörtern. Das BMAS beabsichtigt, noch in dieser Legislaturperiode ein zweites Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts vorzulegen.

In dem nun veröffentlichten „Aktionsplan für Übergänge aus den Werkstätten für behinderte Menschen auf einen inklusiven Arbeitsmarkt“ wird der Dialogprozess fortgesetzt. In dem Papier wird unterstrichen, dass Menschen mit Behinderungen ein echtes Wahlrecht haben sollen, wo und wie sie arbeiten möchten.

Als Ziele einer WfbM-Reform nennt das Papier:

  • mehr Durchlässigkeit von der WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
  • Verbesserung der individuellen Förderung
  • mehr Transparenz bei der Entlohnung
  • höhere Entlohnung

Der Aktionsplan sieht Maßnahmen in vier Aktionsfeldern vor:

  1. Aktionsfeld „Förderung von Übergängen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt“
  2. Aktionsfeld „Verbesserung der Qualität der beruflichen Bildung“
  3. Aktionsfeld „Entlohnung in den WfbM“
  4. Aktionsfeld „Weiterentwicklung der Teilhabemöglichkeiten für Menschen in der Tagesförderung“

Zu den Maßnahmen aus dem 1. Aktionsfeld gehört beispielsweise die Ausweitung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nach § 162 Nummer 2 und 2a SGB VI auf Menschen mit Behinderungen, die ein Budget für Arbeit erhalten:

„Für Werkstattbeschäftigte gilt als Nachteilsausgleich die rentenrechtliche Sonderregelung, dass als Beitragsbemessungsgrundlage nicht das tatsächliche Arbeitsentgelt, sondern mindestens ein fiktives Arbeitsentgelt von 80 Prozent der Bezugsgröße zugrunde gelegt wird.“

Dieser Nachteilsausgleich soll auf das Budget für Arbeit ausgeweitet werden, erläutert das BMAS, und ein bisher bestehendes Hemmnis für einen Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt beseitigen. Alternativen zur WfbM sollen weiterhin durch folgende Maßnahmen gestärkt werden:

„Unterstützte Beschäftigung wird für Menschen geöffnet, die im Anschluss voraussichtlich Anspruch auf ein Budget für Arbeit haben. Zudem wird das Wunsch- und Wahlrecht von jungen Menschen mit Behinderungen gestärkt, indem beim Budget für Arbeit in begründeten Fällen das Erfordernis entfällt, zuvor Leistungen zur beruflichen Bildung zu durchlaufen.“

Der Aktionsplan enthält, laut BMAS, vor allem kurzfristig umzusetzende, aber auch mittel- bzw. langfristige Ziele und Maßnahmen, die zum Teil noch einer Konkretisierung und Weiterentwicklung bedürfen. Der Aktionsplan soll den Weg für die weitere Entwicklung und Umsetzung skizzieren.

Zum Aktionsplan

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) hat in einer Stellungnahme konkrete Inhalte aller vier geplanten Aktionsfelder aufgegriffen und notwendige Schlussfolgerungen bzw. Forderungen abgeleitet. Die BAG WfbM betont, dass eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung der WfbM überfällig sei, da diese nicht mehr mit den Zielvorgaben übereinstimmen. Das Festhalten an veralteten Gesetzen kollidiere zunehmend mit den Anforderungen an eine personenzentrierte und an Übergängen ausgerichtete Werkstattleistung: Zur Stellungnahme der BAG WfbM

Die Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention am Deutschen Institut für Menschenrechte hat bereits im März 2024 zur Unterstützung des Vorhabens den wichtigsten Änderungsbedarf in der Publikation „Menschenrechtliche Eckpunkte für die Reform von Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)“ zusammengefasst und plädiert dort u. a. für das Recht auf freie Berufsausbildung, die Einführung eines Mindestlohns in WfbM sowie eine reibungslose Anschlussfinanzierung beim Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und Unterstützungsleistungen unabhängig vom Arbeitsort: Zu den Eckpunkten

(Quellen: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Deutsches Institut für Menschenrechte, BAG Werkstätten für behinderte Menschen)


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