21.12.2015 Rechtsprechung

Verkehrsgesellschaft darf nicht pauschal alle E-Scooter von der Beförderung in Bussen ausschließen

Mit seinem Urteil vom 11.12.2015 untersagt der 1. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes der Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG), in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen E-Scooter von der Beförderung in Bussen pauschal auszuschließen, ohne nach der Art des Modells zu differenzieren.

Das Oberlandesgericht sieht in dem pauschalen Mitnahmeverbot aller E-Scooter-Modelle eine unzulässige Benachteiligung von Menschen mit Behinderung und einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (§ 19 AGG). Ein sachlicher Grund für das pauschale Verbot liege nicht vor, insbesondere rechtfertigen die vorgetragenen Sicherheitsbedenken der KVG nicht den Beförderungsausschluss von allen E-Scootern (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 11.12.2015, Az. 1 U 64/15).

Dem Urteil war eine Klage im Eilverfahren vorausgegangen, die der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. gegen die KVG angestrengt hatte. Diese hatte im Februar 2015 angekündigt, künftig keine E-Scooter mehr in ihren Bussen mitzunehmen. Als Ausweichmöglichkeit bot die KVG unter anderem an, dass Betroffene in der Zeit zwischen 6 und 24 Uhr einen Einzeltransport mit einer Rufzeit von 30 bis 60 Minuten nutzen könnten. Anlass für diese Regelung war eine Empfehlung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen e.V., die auf eine Studie der Forschungsgesellschaft STUVA aus dem Mai 2014 zurückging, wonach E-Scooter in bestimmten Fahrsituationen in Bussen kippen oder rutschen können.

E-Scooter werden zum großen Teil durch Körperbehinderte bzw. von Menschen mit einer eingeschränkten Gehfähigkeit genutzt. Es gibt über 400 Modelle von E-Scootern auf dem Markt. Dabei handelt es sich um Modelle mit drei oder vier Rädern mit einer Vielzahl verschiedener Abmessungen und Gewichten.

Weitere Details zu diesem Urteil  finden Sie in der Pressemitteilung  des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht vom 11.12.2015: "Die Mitnahme von E-Scootern in den Bussen der Kieler Verkehrsgesellschaft darf nicht pauschal verboten werden"

Die Mitnahmemöglichkeit individuell benötigter Hilfsmittel als Voraussetzung für Barrierefreiheit wird auch thematisiert in der Stellungnahme der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) zur Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG)

(Quellen: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, Deutsche Vereinigung für Rehabilitation e.V.)


Weitere Entscheidungen zum Rehabilitations- und Teilhaberecht finden sich auch in der Rechtsdatenbank unseres Partners REHADAT.


Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Mit * gekennzeichnete Felder müssen ausgefüllt werden.