09.04.2020 A: Sozialrecht Beyerlein: Beitrag A7-2020

Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in den Bundesländern – Teil IV: Qualität, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der Leistungen

Der Autor Michael Beyerlein gibt in einem mehrteiligen Beitrag einen Überblick über den Umsetzungsstand der Neuregelungen zur Eingliederungshilfe in den Bundesländern. Im Zuge der Reform durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) sind sowohl landesrechtliche, als auch rahmenvertragliche Konkretisierungen  des Eingliederungshilferechts nötig geworden. Der vorliegende vierte und letzte Teil des Beitrags beschäftigt sich mit den Rahmenbedingungen für Wirtschaftlichkeit, Qualität und Wirksamkeit von Eingliederungshilfeleistungen, die in Landesrahmenverträgen nach § 131 SGB IX vereinbart wurden.  Nach Ansicht des Autors ist mit der personenzentrierten Neuausrichtung der Eingliederungshilfe der Auftrag an die Vertragsparteien verbunden, Vorgaben aus der Gesamtplanung (§§ 117 ff. SGB IX) und der institutionellen Leistungserbringung sinnvoll und überprüfbar miteinander zu verknüpfen.

(Zitiervorschlag: Beyerlein: Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in den Bundesländern – Teil IV: Qualität, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der Leistungen; Beitrag A7-2020 unter www.reha-recht.de; 09.04.2020)

I. Einleitung

Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) wurde das Recht der Eingliederungshilfe reformiert. Das wirkt sich auf alle Akteure im sozialrechtlichen Dreieck aus. Konkretisiert werden die Regelungen durch Ausführungsgesetze der Länder und durch Landesrahmenverträge zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern, wobei erstmals auch die Leistungsberechtigten selbst mitwirken können.

In den ersten drei Teilen dieses Beitrags[1] wurden wesentliche Inhalte der Ausführungsgesetze der Länder und von Landesrahmenverträgen, insbesondere zur Trennung von Fach- und existenzsichernden Leistungen sowie Verfahren der Vergütungsfindung mit Bezug auf im Gesamtplan festgestellte individuelle Bedarfe der Leistungsberechtigten thematisiert. Der vorliegende vierte und letzte Teil des Beitrags beschäftigt sich mit den Rahmenbedingungen für Wirtschaftlichkeit, Qualität und Wirksamkeit der Leistung in den Verträgen und ordnet sie ein.

II. Qualität, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der Leistungen

Das Recht der Eingliederungshilfe soll durch das BTHG personenzentriert ausgerichtet werden. Die Leistungen sollen sich am persönlichen Bedarf orientieren und mit einem einheitlichen Verfahren personenbezogen ermittelt werden. Leistungen sollen nicht institutionenzentriert, sondern auf die Person bezogen bereitgestellt werden. Dieses Ziel, das sich so im Koalitionsvertrag für die 18. Wahlperiode findet,[2] soll u. a. mit vereinheitlichenden Vorgaben für die Bedarfsermittlung und -feststellung einerseits und für vertragliche Regelungen andererseits erreicht werden.

Um die Fachleistung personenbezogen bereitstellen zu können, wurde das Gesamtplanverfahren in §§ 117 ff. SGB IX geschaffen, das auf dem Teilhabeplanverfahren nach §§ 19 ff. SGB IX aufbaut und dieses ergänzt. Der Gesamtplan dient der Steuerung, Wirkungskontrolle und Dokumentation des Teilhabeprozesses (§ 121 Abs. 2 S. 1 SGB IX) und enthält neben den Inhalten von § 19 SGB IX u.a. Aussagen zu Maßstäben und Kriterien der Wirkungskontrolle einschließlich des Überprüfungszeitpunkts (§ 121 Abs. 4 Nr.1 SGB IX). Damit die Ziele der Eingliederungshilfe auch durch die Leistungserbringer erreicht werden und die Leistungsträger ihrem Sicherstellungsauftrag gerecht werden können, sind in Landesrahmenverträgen nach § 131 SGB IX Grundsätze und Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen sowie Inhalt und Verfahren zur Durchführung von Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen zu regeln (§ 131 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB IX).

In Leistungsvereinbarungen sind Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe zu vereinbaren (§ 125 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX). Die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistung kann vom Träger der Eingliederungshilfe geprüft werden (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGB IX) und festgestellte Abweichungen von Leistungspflichten können mit Vergütungskürzungen sanktioniert werden (§ 129 SGB IX). Über § 123 Abs. 4 SGB IX wird der Leistungserbringer verpflichtet, Leistungen unter Beachtung des Gesamtplans zu erbringen und sich somit an den individuell festgestellten Teilhabezielen der Leistungsberechtigten zu orientieren.

Der Verweis auf die zu erreichende Wirksamkeit der Leistung ist durch das BTHG neu hinzugetreten und steht exemplarisch für die intendierte personenzentrierte Ausrichtung des Gesetzes. Er wird sowohl mit dem Begriff der Qualität als auch mit dem Begriff der Wirtschaftlichkeit in Zusammenhang gesetzt.[3]

Wirtschaftlichkeit bezeichnet grundsätzlich ein günstiges Verhältnis zwischen Nutzen und Kosten. Für die Sozialhilfe führte das BSG aus, dass Vereinbarungen nach § 75 ff. SGB XII dem Wirtschaftlichkeitsprinzip in der Ausprägung des Minimalprinzips unterliegen,[4] wonach ein vorgegebener Output mit möglichst wenig Input erreicht werden soll. Dieser Formulierung liegt eine systemische Betrachtung von sozialen Diensten und Einrichtungen zugrunde, wonach diese in sie gegebene Ressourcen (Input) durch interne Prozesse und Strukturen in Dienstleistungen (Output) verwandeln und damit ein Ergebnis (Outcome) erzielen. Auch geht die Dimension der Wirksamkeit über die reine Erstellung einer Dienstleistung (Output) hinaus und fragt danach, welches Ergebnis mit der Leistung erzielt wurde (Outcome).

Insofern findet durch das BTHG aufgrund der angestrebten Personenzentrierung der Leistung und der damit verbundenen Festschreibung von Teilhabezielen im Teilhabe- und Gesamtplan eine Neuausrichtung des Wirtschaftlichkeitsbegriffs statt. Da das Ziel der Leistung klar beschrieben ist, geht es nicht darum, auf Grundlage einer allgemein gehaltenen Leistungsvereinbarung unter Verweis auf einen Leistungstyp eine Leistung zu erstellen, sondern mit dieser Leistung auch tatsächlich festgelegte und überprüfbare Ziele zu erreichen. Unwirksame Leistungen sind als unwirtschaftlich zu betrachten[5] und dementsprechend auch nur wirksame Leistungen als wirtschaftlich. Die unmittelbare Wirksamkeit von Dienstleistungen im Sinne von Teilhabeförderung ist schwer festzustellen, dennoch ist eine im Gesamtplan festgestellte Erreichung von Teilhabezielen ein guter Indikator für eine wirksame und somit wirtschaftliche Leistungserbringung mit angemessener Ergebnisqualität.[6]

III. Wirtschaftlichkeit

In den untersuchten vertraglichen Regelungen zu Grundsätzen und Maßstäben für die Wirtschaftlichkeit der Leistungen wird nur in zwei Verträgen auf Zielerreichung bei notwendigem Ressourceneinsatz als Maßstab für Wirtschaftlichkeit abgestellt. Die LRV Hamburg und Schleswig-Holstein formulieren das wie folgt:

„Die Wirtschaftlichkeit einer Leistung ist dann gegeben, wenn die Leistung mit dem auf das für die Zielerreichung notwendige Maß beschränkten Einsatz personeller und sächlicher Mittel erbracht wird“ (Anlage 3, § 10 LRV HH).

„Eine Leistung ist wirtschaftlich, wenn sie mit dem auf das für die Zielerreichung notwendige Maß beschränkten Einsatz personeller und sächlicher Mittel vereinbart und erbracht wird“ (§ 11 Abs. 1 LRV SH).

Andere Landesrahmenverträge beziehen sich in ihren grundsätzlichen Regelungen zur Wirtschaftlichkeit der Leistung nicht explizit auf die Erreichung von Zielen, sondern auf die vereinbarte Leistung und damit nicht auf den Outcome im Sinne von Wirksamkeit, sondern auf den Output. Dieser ist dann jedoch in der vereinbarten Qualität zur vereinbarten Vergütung zu erbringen. Die Regelungen ähneln sich:

„Eine wirtschaftliche Leistungserbringung ist zu vermuten, solange und soweit der Leistungserbringer die vereinbarte Leistung in der vereinbarten Qualität zur vereinbarten Vergütung erbringt“ (Punkt 7.1 Abs. 2 LRV NW).

„Ausreichende, zweckmäßige und notwendige Leistungen sind dann wirtschaftlich, wenn sie in der vereinbarten Qualität mit den verhandelten Entgelten erbracht werden“ (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 LRV RP).

„Ausreichende, zweckmäßige und notwendige Leistungen sind dann wirtschaftlich, wenn sie in der vereinbarten Qualität mit den vereinbarten Vergütungen erbracht werden“ (Punkt 2.4.4 LRV SN).

Eine weitere Einschränkung nimmt der LRV Thüringen vor. Er formuliert:

„Die Wirtschaftlichkeit der Leistungen wird als gegeben vorausgesetzt, wenn die Qualität gemäß Abs. 4 (Strukturqualität) und Abs. 5 (Prozessqualität) im Rahmen der vereinbarten Vergütung erreicht wird“ (§ 12 Abs. 8).

Die Dimension der Ergebnisqualität wird also explizit ausgenommen. Der Thüringer LRV nimmt in § 12 Abs. 6 eine Gleichstellung mit Ergebnisqualität und Wirkung der Leistung vor. Maßstab für die Ergebnisqualität sind die im Gesamtplanverfahren (in der Ausprägung des Thüringer ITP) vereinbarten Ziele und Indikatoren.

Grund für diese Zurückhaltung dürfte auch eine praktikable Handhabung von Prüfungsprozessen sein und die Frage, inwiefern Sanktionierungen nach § 129 SGB IX wegen fehlender Erreichung von Teilhabezielen vorgenommen werden können und sollen.

IV. Qualität

Alle untersuchten Landesrahmenverträge beschreiben Qualität anhand des Donabedian-Prinzips. Das ist eine im Qualitätsmanagement sozialer Dienste und Einrichtungen gebräuchliche Unterscheidung.

  • Strukturqualität erfasst die Bereitstellungsleistung, die zur Erbringung er Dienstleistungen vorgehalten werden.
  • Prozessqualität bezieht sich auf die fachliche und organisatorische Art und Weise, wie in Koproduktion mit Leistungsberechtigten und anderen Akteuren soziale Dienstleistungen ausgestaltet werden.
  • Ergebnisqualität wird an der Erreichung von Zielen gemessen und ist daran erkennbar, welche Effekte auftreten bzw. welcher Outcome bei den Leistungsberechtigten und anderen Akteuren auftritt. [7]

In den Rahmenverträgen werden die drei Dimensionen Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität in unterschiedlicher Intensität beschrieben. Von besonderem Interesse im Hinblick auf die intendierte Personenzentrierung des Gesetzes ist, wie der neu hinzugetretene unbestimmte Rechtsbegriff der Wirksamkeit bestimmt wird, der die Leistung stärker am Outcome ausrichten soll. Hier findet sich in mehreren Verträgen eine Gleichsetzung mit Ergebnisqualität.

Bezogen auf die Ergebnisqualität nehmen einige LRV auch eine Abgrenzung vor. So z. B. der LRV Berlin, der zwischen Ergebnisqualität der Einrichtung, die sich darin zeigt, ob die Leistungserbringung passend und ausreichend ist, den fachlichen Standards entspricht und das vereinbarte Leistungsangebot entsprechend der Leistungsvereinbarung vorgehalten wird, und einer personenbezogenen Ergebnisqualität, die sich nach dem Gesamtplan richtet (§ 8 Abs. 4 LRV BE), unterscheidet. Diese wird gemeinsam mit dem Leistungsberechtigten, Leistungserbringer und dem Träger der Eingliederungshilfe festgestellt und soll nicht Gegenstand von Prüfungen nach § 128 SGB IX sein (§ 11 Abs. 5 LRV BE). Die Feststellung der personenbezogenen Ergebnisqualität findet unter Einbezug der leistungsberechtigten Person und des Leistungsträgers mit dem Leistungserbringer statt.

Der LRV NW trennt Wirkung als Ergebnis der Dienstleistung auf der Ebene der leistungsberechtigten Person begrifflich von Wirksamkeit als dafür institutionell vorzuhaltenden Strukturen und Prozessen. Siehe Punkt 7.2.3 Abs. 2 und 3 LRV NW:

„Wirkungen sind auf der Ebene der jeweils leistungsberechtigten Person der intendierte Erhalt und die Veränderungen, die mittels zielorientierter Arbeit gemeinsam mit leistungsberechtigten Personen, deren Lebensumfeld oder der Gesellschaft erreicht werden.

Die Wirkung im Einzelfall ist nicht Gegenstand von Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 128 SGB IX. Sie wird im Rahmen der Wirkungskontrolle im Gesamtplanverfahren (§ 121 Abs. 2 SGB IX) im Hinblick auf die im Gesamtplan dokumentierten Ziele und unter Berücksichtigung der Leistungen anderer Leistungserbringer (auf der Grundlage u.a. der Bücher SGB V, VIII, IX, XI und XII des Sozialgesetzbuches) erörtert.

Die Wirksamkeit setzt voraus, dass die Leistungen den im Rahmenvertrag und in den Vereinbarungen nach § 125 SGB IX niedergelegten Grundsätzen und Maßstäben der Qualität entsprechen und dazu dienlich sind, die Ziele des § 1 SGB IX und der UN-BRK zu verfolgen und zu erreichen.“

Es ist erkennbar, dass Wirkungen im Einzelfall nicht Gegenstand von Qualitäts- und Wirksamkeitsprüfungen nach § 128 SGB IX sein sollen, sondern eher die grundsätzliche Eignung der Leistungserbringer, diese Wirkungen hervorzurufen. Es wird jedoch trotzdem eine Verbindung zwischen individueller und institutioneller Ebene geschaffen. Die Wirksamkeit der Leistung wird anhand von Qualitätssicherungsberichten erhoben (Anlage E LRV NW). Dort soll der Leistungserbringer für die gesamte Leistungserbringung zu folgenden Themenkomplexen Stellung beziehen:

  • Wie wurde im Berichtszeitraum der Auftrag der Eingliederungshilfe (§ 53 Abs. 3 i.V.m. § 1SGB XII) umgesetzt?
  • Wurden Hilfeplanungen verwirklicht?
  • Welche Ziele wurden erreicht?
  • Was haben Sie im Berichtszeitraum als hilfreich erlebt?
  • Wie wurden Fortschreibungen angegangen?
  • Welche externen Ressourcen [Angehörige, rechtl. Betreuer, andere Dienste (z. B. WfbM, ifd, Beratungsstellen, etc.)] wurden an Leistungserbringung und Hilfeplanung beteiligt?
  • Welche Schlüsse ziehen Sie aus den Erfahrungen im Berichtszeitraum?

Dazu formuliert Punkt 8.4 Abs. 3 LRV NW:

„Werden über alle Leistungsberechtigten im Betrachtungszeitraum in einem erheblichen Maße individuelle Ziele nicht erreicht oder übertroffen, tritt der Träger der Eingliederungshilfe mit dem Leistungserbringer in einen Qualitätsdialog. Ziel des Qualitätsdialogs ist die fachliche Leistungserbringung.“

Ähnliche Verbindungen zwischen individueller und institutioneller Ebene werden auch in anderen Landesrahmenverträgen formuliert, jedoch nicht so detailliert und mit Berichtspflichten oder anderen Formularen hinterlegt. So zum Beispiel in § 9 Abs. 2 LRV RP und Punkt 2.7.5 LRV SN oder § 10 Abs. 5 LRV SH.

In Hamburg sind wirksamkeitsbezogene Kennzahlen, die aus dem Gesamtplan abgeleitet werden, explizit Teil von Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen nach § 128 SGB IX. Der LRV formuliert in Anlage 4.I.2:

„Zur Prüfung der Qualität und Wirksamkeit werden insbesondere die in den Leistungsvereinbarungen vereinbarten wirkungsbezogenen Daten und Kennzahlen herangezogen. Daten und Kennzahlen, die die Wirksamkeit der Leistung im Interesse der Leistungsberechtigten betrachten, stehen grundsätzlich immer im Mittelpunkt einer allgemeinen Wirksamkeitsbetrachtung.“

Auch zeigt sich, dass in allen Landesrahmenverträgen zur Beurteilung der Wirksamkeit von Diensten und Einrichtungen auf eine Messung der Zufriedenheit der Leistungsberechtigten abgestellt wird. So z. B. in Punkt 2.7.5 Abs. 2 LRV SN:

„Bei der Beurteilung der Ergebnisqualität und Wirksamkeit der Leistungen sind im Übrigen das Befinden und die Zufriedenheit der/des Leistungsberechtigten zu berücksichtigen.“

Anlage 3 § 10 LRV HH:

„Der Anbieter ist insbesondere verpflichtet, regelmäßig, mindestens jedoch alle 2 Jahre, Maßnahmen zur Messung der Lebensqualität der Leistungsberechtigten (gem. § 14 Abs. 1 Nr. 6 HmbWBG) sowie zur Feststellung der Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (gem. § 14 Abs. 2 HmbWBG) sowie […] durchzuführen […].“

Weitere Regelungen dazu gibt es in NRW (Punkt 7.2.3 LRV NW), Rheinland-Pfalz (§ 9 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 LRV RP), Schleswig-Holstein (§ 10 Abs. 5 LRV SH) und Thüringen (§ 12 Abs. 4 S. 2 lit. i LRV TH). Wie genau die Zufriedenheit der Leistungsberechtigten erhoben werden soll, wird jedoch soweit ersichtlich, in keinem der Verträge geklärt.

V. Fazit

Positiv erscheint, dass in fast allen untersuchten Verträgen das Befinden der leistungsberechtigten Personen Kriterium zur Beurteilung der Qualität und Wirksamkeit der Leistungserbringung ist. Jedoch werden dafür soweit ersichtlich keine konkreten Instrumente vorgegeben. Da zu dem Regelungsgebiet Qualität und Wirksamkeit in manchen Ländern noch nachgesteuert werden soll, wäre es sinnvoll, wenn sich die Vertragsparteien hier auf konkrete Empfehlungen für Instrumente einigen könnten oder ein einheitliches Instrument bundesweit vorgeben würden, etwa durch gemeinsame Empfehlungen.

Weiterhin erscheint es positiv, dass einige der untersuchten Verträge das Gesamtplanverfahren und die institutionelle Leistungserbringung nicht getrennt betrachten. Die vereinzelte Ausnahme von personenbezogener Ergebnisqualität von Prüfungen nach § 128 SGB IX scheint vor dem Hintergrund drohender Sanktionierungen sinnvoll, kann aber das Problem schaffen, dass kein hinreichender Bezug zu den individuellen Teilhabezielen aus dem Gesamtplan auf die Leistungserbringung in Diensten und Einrichtungen hergestellt wird. Darum sind insbesondere solche Ansätze zu begrüßen, in denen die Vertragsparteien Berichte vereinbart haben, die eine Gesamtschau der Erfüllung von Teilhabezielen aus der Gesamtplanung enthalten. Leistungsträger und Leistungserbringer können so gemeinsam Verbesserungspotenziale im Sinne der Leistungsberechtigten identifizieren und die Wirksamkeit der Leistungserbringung erhöhen.

Die Erfüllung von Teilhabezielen von der Sanktionsregelung des § 129 SGB IX auszunehmen, ist nachvollziehbar. Ein partnerschaftlicher, qualitätsorientierter Dialog erscheint allein schon aufgrund der schwierig feststellbaren Kausalität zwischen Leistungserbringung und Zielerfüllung am besten geeignet, die Wirksamkeit des Gesamtsystems zu erhöhen.

Beitrag von Michael Beyerlein, LL.M., Universität Kassel

Fußnoten

[1] Vgl. Beiträge A4-2020 bis A6-2020.

[2] CDU/CSU/SPD, Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD; 18. Legislaturperiode 2013, library.fes.de/pdf-files/bibliothek/downl/7759636/20131127_koalitionsvertrag.pdf (zugegriffen am 24.03.2020).

[3] Deutsche Vereinigung für Rehabilitation, Stellungnahme der DVfR zur Bedeutung der Begriffe Wirkung und Wirksamkeit im Recht der Eingliederungshilfe, Heidelberg 2019 (zugegriffen am 24.03.2020); Beyerlein, Michael, Wirkung und Wirksamkeit im Recht der Eingliederungshilfe NDV 2019, S. 251–259.

[4] BSG, Urt. v. 7.10.2015 – B 8 SO 21/14 R, Rn. 17.

[5] Bundestags-Drucksache 18/9522, S. 299.

[6] Vgl. Deutsche Vereinigung für Rehabilitation 2019, Stellungnahme der DVfR zur Bedeutung der Begriffe Wirkung und Wirksamkeit im Recht der Eingliederungshilfe; Beyerlein, NDV 2019, S. 251 ff.

[7] Dargestellt anhand von Kuhn, Andreas, Qualität, in: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. (Hrsg.), Fachlexikon der Sozialen Arbeit, 8. völlig überarbeitete und aktualisierte Auflage, Baden-Baden 2016, S. 683.


Stichwörter:

Bundesteilhabegesetz (BTHG), Eingliederungshilfe, Sozialrecht, Behinderung, Landesrahmenverträge, § 94 SGB IX


Kommentare (1)

  1. Gabriele Barth
    Gabriele Barth 01.05.2020
    Ihren Beitrag habe ich dankbar gelesen. Ihrem Beitrag entnehme ich die Sichtweise auf Menschen mit Behinderung in Werkstätten, die mit dem Inklusionsgesetzt und der Qualität und Wirtschaftlichkeit eingegliedert werden sollen.
    Sind hier auch Menschen einbezogen worden, die aufgrund von leichteren Behinderungen arbeitsfähig waren, aber wegen fehlender Kompetenzen auf dem 1. Arbeitsmarkt und späteren psychisch hinzugekommenen Krankheiten in eine Grauzone fallen? Als Folge dann nur auf Sozialhilfe angewiesen sind?
    Mit freundlichen Grüßen
    Gabriele Barth

Neuen Kommentar schreiben

Mit * gekennzeichnete Felder müssen ausgefüllt werden.