23.04.2019 E: Recht der Dienste und Einrichtungen Beyerlein: Beitrag E1-2019

Vergütungsfindung für ambulante Dienste der Eingliederungshilfe – Anmerkung zum Urteil des BSG vom 25. April 2018; Az. B 8 SO 26/16 R – Teil I

Der Autor Michael Beyerlein bespricht das Urteil des BSG vom 25.04.2018, Az. B 8 SO 26/16 R. Der 8. Senat des BSG hat mit seiner Entscheidung eine grundlegende Weichenstellung zur Reichweite des externen Vergleichs bei der Vergütungsfindung für durch Dritte erbrachte Leistungen der Eingliederungshilfe vorgenommen. Das Urteil gibt weiterhin Hinweise für die künftige Anwendung der Regelungen zur Vergütungsfindung durch Träger der Eingliederungshilfe und Leistungserbringer (§ 124 Abs. 1 SGB IX) sowie Schiedsstellen (§ 133 SGB IX) nach dem durch das Bundesteilhabegesetz im SGB IX normierten Vertragsrecht der Eingliederungshilfe. Die Erstveröffentlichung erfolgte in der Zeitschrift RP Reha 4/2018.

(Zitiervorschlag: Beyerlein: Vergütungsfindung für ambulante Dienste der Eingliederungshilfe – Anmerkung zum Urteil des BSG vom 25. April 2018; Az. B 8 SO 26/16 R – Teil I; Beitrag E1-2019 unter www.reha-recht.de; 23.04.2019.)

I. Einleitung

Der 8. Senat des BSG hat mit seiner Entscheidung vom 25. April 2018 eine grundlegende Weichenstellung zur Reichweite des externen Vergleichs bei der Vergütungsfindung für durch Dritte erbrachte Leistungen der Eingliederungshilfe vorgenommen. Das Urteil gibt gleichwohl Hinweise für die künftige Anwendung der Regelungen zur Vergütungsfindung durch Träger der Eingliederungshilfe und Leistungserbringer (§ 124 Abs. 1 SGB IX) sowie Schiedsstellen (§ 133 SGB IX) nach dem durch das Bundesteilhabegesetz im SGB IX normierten Vertragsrecht der Eingliederungshilfe.

Im vorliegenden ersten Teil der Urteilsbesprechung werden der rechtliche Rahmen der Entscheidung im Leistungserbringungsrecht der Sozialhilfe und das vom BSG für die Pflegeversicherung entworfene Verfahren der zweigliedrigen Vergütungsfindung skizziert. Anschließend wird die Entscheidung der Schiedsstelle sowie die von den Parteien vorgebrachten Argumente dafür bzw. dagegen vorgestellt. Eine Darstellung der Entscheidungen des LSG Rheinland-Pfalz und BSG sowie ein Fazit finden sich im zweiten Teil des Beitrags.

II. Wesentliche Aussagen der Entscheidung

  1. Bei der Überprüfung geltend gemachter Kosten im Rahmen der Vergütungsfindung obliegt der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII nur eine Schlüssigkeitsprüfung. Diese ist gerichtlich voll überprüfbar.
  2. Zu einem strikten Vorgehen im Sinne eines "externen Vergleichs" mit anderen Leistungsanbietern ist die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII nicht verpflichtet.
  3. Die Möglichkeiten eines Vergleichs mit den Vergütungen anderer Dienste durch die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII ist durch besondere Mitwirkungspflichten der Beteiligten in wesentlicher Hinsicht begrenzt.
  4. In den externen Vergleich sind in demselben Einzugsbereich tätige ambulante Dienste einzubeziehen.

III. Ausgangslage

Das Vertragsrecht der Sozialhilfe sieht als Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen durch Dritte an leistungsberechtigte Bürger in § 75 Abs. 3 S. 1 SGB XII den Abschluss von drei Vereinbarungen zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und über die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) vor. Können sich die Vertragsparteien bezüglich der Vergütung der Leistung sechs Wochen, nachdem eine Partei zur Verhandlung aufgefordert hat, nicht einigen, besteht gem. § 77 Abs. 1 S. 3 SGB XII die Möglichkeit, die mit Vertreterinnen und Vertretern von Leistungsträgern und Leistungserbringer paritätisch besetzte Schiedsstelle nach § 80 SGB XII anzurufen, der eine von beiden Parteien gemeinsam bestellte, neutrale Person vorsitzt.

Die Schiedsstelle soll als Vertragshilfeorgan den fehlenden Konsens zwischen den zum Abschluss einer Vereinbarung berechtigten Parteien durch einen vertragsgestaltenden Akt der Konfliktlösung und Schlichtung überwinden.[1] Das Schiedsstellenverfahren ist dabei ein Verwaltungsverfahren eigener Art und kein gerichtliches Verfahren, weist aber Parallelen zu gerichtsförmigen Verfahren auf und hat sich zunehmend an gesetzlichen Vorgaben zu orientieren.[2]

Gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle ist nach § 77 Abs. 1 S. 4 SGB XII der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Das Gericht ist jedoch darauf beschränkt zu prüfen, ob der Sachverhalt ermittelt ist, die verfahrensrechtlichen Regelungen eingehalten sind und die Schiedsstelle ihren Gestaltungsspielraum nicht verkannt hat.[3]

IV. Der Sachverhalt

Umstritten war ein Schiedsspruch der rheinland-pfälzischen Schiedsstelle nach § 80 SGB XII vom 04.03.2015.

Nachdem sich der klagende Träger der Sozialhilfe und der beklagte Träger eines ambulanten Dienstes (folgend Leistungserbringer) nicht über die Vergütung von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft einigen konnten, stellte der Leistungserbringer einen Antrag auf Entscheidung durch die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII des Landes Rheinland-Pfalz. Diese setzte die Vergütung einer Fachleistungsstunde auf zunächst 63,42 € ab dem 23.12.2013, dann auf 65,34 € ab dem 01.01.2015 und schließlich auf 66,92 € ab dem 01.03.2015 fest. Die Leistungsstunde für Kräfte ohne fachspezifische Ausbildung wurden im selben Zeitraum auf zunächst auf 37,04 €, dann auf 38,16 € und schließlich auf 39,07 € festgesetzt. Die Laufzeit wurde bis Ende 2015 festgelegt. Die Schiedsstelle entschied damit weitgehend im Sinne des beklagten Leistungserbringers.

In ihrer Entscheidung führte die Schiedsstelle aus, dass die vom Leistungserbringer geforderten Beträge sachgerecht seien und dessen Anträgen darum stattzugeben sei. Entscheidungsweisend sei dabei die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur leistungsgerechten Vergütung von Pflegediensten, die in ihren Grundzügen auch auf ambulante Dienste der Eingliederungshilfe anwendbar sei.

Der 3. Senat des BSG hatte in seinem Urteil vom 17.12.2009[4] ähnlich der Vorgaben für die Vergütungsfindung in stationären Einrichtungen ein zweistufiges Verfahren zur Vergütungsfindung für ambulante Pflegedienste entworfen.

Mit Blick auf die Intention des Gesetzgebers, durch ein marktförmiges System der Leistungserbringung mit Gewinnmöglichkeiten, aber auch Verlustrisiko Kostensenkungen zu bewirken[5] stellt das BSG dort fest, dass ausschließlich auf Gestehungskosten gestützte Vergütungsansprüche im Leistungserbringungsrecht der Pflegeversicherung keine Grundlage fänden, diese aber gleichwohl nicht außer Acht bleiben dürfen.[6]

Im Ergebnis seien Entgelte dann leistungsgerecht, wenn

  1. die voraussichtlichen Gestehungskosten der Einrichtung nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden und sie
  2. in einer angemessenen und nachprüfbaren Relation zu den Sätzen anderer Einrichtungen für vergleichbare Leistungen stehen.

Geltend gemachte Entgelte sind dann nicht angemessen, wenn Kostenansätze und erwartete Kostensteigerungen nicht plausibel erklärt werden können oder wenn die begehrten Sätze im Verhältnis zu anderen Pflegediensten unangemessen sind.[7]

In einem ersten Prüfungsschritt (einrichtungsbezogener interner Vergleich) ist demnach die Plausibilität der angegebenen Gestehungskosten festzustellen. Der Pflegedienst hat dabei seine Gestehungskosten so darzustellen, dass seine Kostenstruktur erkennbar und eine Beurteilung seiner Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit möglich wird. Das erreicht er durch die Vorlage einer hinreichend belegten und tatsächlich nachvollziehbaren Kostenkalkulation. Auch die Erhöhung von Kostensätzen aufgrund einer vormals falschen oder aus Wettbewerbsgründen bewusst zu niedrig angesetzten Kalkulation ist nicht von vornherein als unplausibel ausgeschlossen, aber besonders begründungsbedürftig.[8] Der Pflegedienst hat seine Vergütungsforderung in tatsächlicher Hinsicht so zu belegen, dass die für die Zukunft geltend gemachte Entwicklung seiner Gestehungskosten plausibel und nachvollziehbar ist.[9]

Im zweiten Prüfungsschritt findet dann der externe Vergleich statt. Da aufgrund der Gestehungskosten allein noch nicht von einer wirtschaftlichen Leistungserbringung ausgegangen werden kann, werden zum Vergleich die Vergütungen anderer Pflegedienste in dem gleichen Einzugsbereich herangezogen. Entspricht die geforderte Vergütung des Leistungserbringers dem günstigsten Entgelt einer vergleichbaren Einrichtung oder liegt sie sogar darunter, erübrigt sich eine weitere Prüfung.[10] Von einer wirtschaftlichen Mittelverwendung wird ebenfalls ausgegangen, wenn sich das geforderte Entgelt im unteren Drittel der vergleichsweise ermittelten Vergütungen befindet.[11] Auch Vergütungsforderungen, die sich oberhalb des unteren Drittels der Vergleichsvergütungen befinden, können als leistungsgerecht anerkannt werden, wenn diese angemessen sind. Angemessen ist eine Vergütung dann, wenn die Forderung auf einem zuvor nachvollziehbar prognostizierten höheren Aufwand der Einrichtung beruht und das im Einzelfall wirtschaftlich angemessen ist. Als rechtfertigende Gründe kommen beispielsweise Standort und Größe des Pflegedienstes in Frage, sofern sich daraus wirtschaftliche Nachteile ergeben.[12] Auch in der regionalen Versorgungsstruktur oder der Tarifbindung des Leistungserbringers können rechtfertigende Gründe liegen.[13]

Zur tariflichen Vergütung hat das BSG – jedoch für den stationären Bereich – ausgeführt, dass eine Grenze für übertarifliche Vergütung von Personal dort zu ziehen ist, wo im Einzelfall gezahlte Arbeitsentgelte Lohn- und Gehaltssteigerungen anderer Einrichtungen deutlich übersteigen ohne dass es auf dem Markt dafür nachvollziehbare Gründe gäbe. Beispielsweise nennt das BSG eine Anpassung von Arbeitsentgelten zur Vermeidung einer Abwerbung durch die Konkurrenz oder eine leistungsorientierte Vergütung. Die Vergütungsforderung müsse in solchen Fällen gut begründet werden. Es gebe keinen "Freibrief", auf Kosten der Versicherungsträger und der Versicherten jedwede Gehaltserhöhung zu vereinbaren, auch wenn dies auf Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung beruht.[14]

Abweichend von der Rechtsprechung des 3. Senats des BSG zur Vergütungsfindung sah die Schiedsstelle jedoch aufgrund der schlechten Datenlage die Durchführung des externen Vergleichs als unangemessen, wenn nicht sogar undurchführbar an. Der klagende Landkreis sei darum auf die Erforderlichkeit eines substantiierten Bestreitens hingewiesen worden. Der beklagte Leistungserbringer habe zwar vor der Schiedsstelle eine höhere Vergütung als bei den Verhandlungen mit dem Leistungsträger verlangt, begründete das aber mit der Heranziehung aktueller Zahlen und damit, dass mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung bisher mit nicht absolut kostendeckenden Zahlen verhandelt wurde. Ebenso musste der Leistungserbringer im ambulanten Dienst angestellte Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Urteils nach einer höheren Tarifstufe bezahlen.

Streitig war auch das Verhältnis von direkten zu indirekten Personalkosten. Vereinbart war im vorliegenden Fall eine Vergütung nach Leistungsstunden. Dabei werden alle zur Leistungserstellung notwendigen Kosten durch die verfügbare Jahresarbeitszeit der (Fach)kräfte in Stunden geteilt und so ein Stundensatz ermittelt.[15] Das bedeutet, dass sowohl direkte, unmittelbar erbrachte Leistungen wie Beratung, Begleitung, Förderung und Anleitung, als auch mittelbar erbrachte Leistungen wie Vor- und Nachbereitung, Kontakt mit gesetzlichen Betreuerinnen und Betreuern, Besprechungen etc. gleichermaßen abgegolten und dafür in ein Verhältnis gesetzt werden müssen.[16] Das Verhältnis von unmittelbaren zu mittelbaren Leistungen konnte der Leistungserbringer aufgrund eigener Erhebungen mit genau 70% zu 30% angeben. Der Leistungsträger habe die Richtigkeit der Datenerhebung allgemein bestritten und insoweit insbesondere auf fehlende Einzelleistungsnachweise und die fehlerhafte Zuordnung von Fahrtzeiten verwiesen. Die Schiedsstelle habe die Forderung für indirekte Personalkosten dann auch gekürzt, nachdem der mit der Erhebung beauftragte Dienstleister auf eine gewisse Unschärfe der Zahlen hingewiesen habe. Der klagende Landkreis monierte weiterhin das Verhältnis von Personal- zu Verwaltungskosten sowie die Kosten für ein neues EDV-Programm. Er gab dabei jedoch keine Hinweise auf die Verwaltungskosten vergleichbarer Einrichtungen oder kostengünstigere EDV-Lösungen.

Die Schiedsstelle hatte darauf hingewiesen, dass aufgrund der fehlenden Möglichkeit eines externen Vergleichs eine besonders substantiierte Pflicht zur Darlegung von Zweifeln an der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung bestehe. Dem kam der klagende Landkreis nicht nach und es war aus der Sicht der Schiedsstelle offen, wie er auf den angebotenen Preis für eine Fachleistungsstunde komme.

Die Schiedsstelle sah sich auch gehindert, die Vergütungsforderung des Leistungserbringers einem externen Vergleich zu unterziehen, da das BSG diesen für den Bereich der sozialen Pflegeversicherung auf den räumlichen Einzugsbereich der Beteiligten begrenzt habe.[17] Zudem befinde sich die ambulante Unterstützung von Menschen mit seelischer Behinderung noch in einem Aufbaustadium und es gebe entsprechend keine Leistungsvereinbarung, die man zum Vergleich hätte heranziehen können. Die vom klagenden Leistungsträger benannten Leistungsvereinbarungen bezogen sich auf Angebote für Menschen mit sog. geistiger und körperlicher Behinderung oder allen Behinderungen. Der Schiedsstelle hätte somit nur die Möglichkeit offen gestanden, den räumlichen Bereich des externen Vergleichs auszuweiten oder aber alle ambulanten Angebote für Menschen mit Behinderung miteinander zu vergleichen. Beides erschien als nicht sachgerecht.

Kleinere Abstriche an der geforderten Vergütung nahm die Schiedsstelle für die indirekten Personalkosten vor, weil die vorgelegten Daten nicht ganz plausibel erschienen.

Gegen diese Entscheidung der Schiedsstelle wandte sich der klagende Landkreis.

Er monierte, dass die Schiedsstelle zwar auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG hinweise, das vorgegebene Prüfschema dann aber nur zur Hälfte anwende. Eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Kostensätze des Leistungserbringers könne so nicht stattfinden und die Gestehungskosten würden ohne weitere Prüfung als wirtschaftlich zu Grunde gelegt. Es könne nicht Aufgabe der Leistungsträger sein, alternative Kostenkalkulationen zu errechnen. Das Mittel der Wahl zur Feststellung der Wirtschaftlichkeit sei der externe Vergleich. Es bestehe die Möglichkeit, andere Einrichtungen mit vergleichbaren Leistungsvereinbarungen in den Vergleich einzubeziehen oder aber den betrachteten Bereich anzupassen. Der Entscheidungsspielraum der Schiedsstelle erlaube es, diesen räumlichen Bereich zu bestimmen. Ein gänzlicher Verzicht auf den externen Vergleich überdehne diesen Entscheidungsspielraum aber. Es sei nicht ersichtlich, warum die Schiedsstelle nicht Daten aus anderen Landkreisen herangezogen habe. Auch die Tatsache, dass der Leistungserbringer ausschließlich Dienste für Menschen mit seelischer Behinderung erbringt, rechtfertige die vergleichsweise hohe Vergütung nicht. Dieser Personenkreis werde auch von anderen Anbietern in Rheinland-Pfalz betreut und das zu durchweg niedrigeren Kosten. Auch die dargestellte Steigerung der Gestehungskosten sei nicht plausibel. Es seien im Laufe der Zeit immer wieder Kostenanpassungen vorgenommen worden. Auch folge aus einer tariflich bedingten Erhöhung der Personalkosten nicht zwingend eine Erhöhung der Vergütungssätze. Das Besserstellungsverbot sei zu beachten. Darum seien auch nur Personalkosten anzuerkennen, die bei einer Einstufung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch das Land Rheinland-Pfalz in den TVöD entstehen würden. Auch abgerechnete Fahrtkosten seien bereits in die Leistungsstunden eingepreist. Das Verhältnis von direkten zu indirekten Leistungen sei ebenfalls zu beanstanden. Die vorgenommene Datenerhebung über einen Monat hätte mit Leistungsnachweisen unterfüttert werden müssen. Von einer plausiblen Darlegung im Sinne der BSG-Rechtsprechung könne hier keine Rede sein.

Der klagende Landkreis hatte den Eindruck, die Schiedsstelle lehne das Heranziehen von Vergleichsmaßstäben bewusst als zu aufwendig und komplex ab, um keinen externen Vergleich durchführen zu müssen. Die Schiedsstelle habe aber eine Aufklärungspflicht und sei ihrem Auftrag nicht gerecht geworden.

Der Leistungserbringer argumentierte, dass die Entscheidung der Schiedsstelle nur eingeschränkt überprüfbar sei und sich in den Grenzen ihres Beurteilungsspielraums bewege. Die geltend gemachten Personalkosten seien als plausibel betrachtet worden und das vom Leistungsträger angeführte Besserstellungsverbot erstrecke sich nur auf den Bereich der öffentlichen Zuwendungen. Die Steigerung der Personalkosten sei auf ein Urteil eines kirchlichen Arbeitsgerichts zurückzuführen, das der Schiedsstelle vorgelegen habe. Sofern der klagende Landkreis mit der Anschaffung eines EDV-Programms nicht zufrieden sei, hätte er zumindest darlegen müssen, welches vergleichbare, kostengünstigere Programm ebenfalls geeignet wäre. Soweit moniert werde, dass keine Leistungsnachweise vorgelegt worden seien, übersehe der Kläger, dass entsprechende Nachweise nicht verpflichtend seien. Voraussetzung für die Durchführung eines externen Vergleichs sei, dass vergleichbare Angebote überhaupt in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen. Die vom Kläger vorgeschlagenen Vergleichsdienste richteten sich vorwiegend an Menschen mit sog. geistiger Behinderung. In der Arbeit mit diesen beiden Personenkreisen bestehe aber ein fachlicher Unterschied, was die Schiedsstelle auch berücksichtigt habe.

Beitrag von Michael Beyerlein, LL.M., Universität Kassel

Fußnoten

[1] Jaritz/Eicher, in: Schlegel/Voelzke, § 80 SGB XII, Rn. 9.

[2] Jaritz/Eicher, in: Schlegel/Voelzke, § 80 SGB XII, Rn. 21; Schnapp, in: Düring/Schnapp (Hrsg.), Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens, S. 39.

[3] BSG 8. Senat, Urt. v. 23.07.2014 – B 8 SO 2/13 R (juris), Rn. 14; BSG 8. Senat, Urt. v. 07.10.2015 – B 8 SO 21/14 R (juris), Rn. 12.

[4] BSG 3. Senat, Urt. v. 17.12.2009 – B 3 P 3/08 R (juris).

[5] Bundestags-Drucksache 12/5262, S. 144.

[6] BSG 3. Senat, Urt. v. 17.12.2009 – B 3 P 3/08 R (juris), Rn. 49.

[7] BSG 3. Senat, Urt. v. 17.12.2009 – B 3 P 3/08 R (juris), Rn. 50.

[8] BSG 3. Senat, Urt. v. 17.12.2009 – B 3 P 3/08 R (juris), Rn. 53.

[9] BSG 3. Senat, Urt. v. 17.12.2009 – B 3 P 3/08 R (juris), Rn. 54.

[10] BSG 3. Senat, Urt. v. 17.12.2009 – B 3 P 3/08 R (juris), Rn. 61.

[11] BSG 3. Senat, Urt. v. 17.12.2009 – B 3 P 3/08 R (juris), Rn. 62.

[12] Z. B. direkte Nähe zur Schweiz. Vgl. BSG 3. Senat, Urt. v. 29.01.2009 – B 3 P 7/08 R (juris).

[13] BSG 3. Senat, Urt. v. 17.12.2009 – B 3 P 3/08 R (juris), Rn. 63.

[14] BSG 3. Senat, Urt. v. 16.05.2013 – B 3 P 2/12 R (juris), Rn. 22.

[15] Vgl. dazu Gros, in: Bernzen/Grube/Sitzler u. a. (Hrsg.), Leistungs- und Entgeltvereinbarungen in der Sozialwirtschaft, § 3 Rn. 22ff.

[16] BSG 8. Senat, Urt. v. 25.04.2018 – B 8 SO 26/16 R (juris), Rn. 17.

[17] Vgl. BSG 3. Senat, Urt. v. 17.12.2009 – B 3 P 3/08 R (juris), Rn. 58.


Stichwörter:

Bundessozialgericht (BSG), Vergütungssatz, Vergütung, Ambulante Leistungen, Eingliederungshilfe, Leistungserbringungsrecht, Schiedsstellen, Kostenvergleich, Bundesteilhabegesetz (BTHG)


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