31.05.2011 A: Sozialrecht Francke: Diskussionsbeitrag A10-2011

Häusliche Krankenpflege bei Heimunterbringung – LSG Hamburg, 1. Senat, Beschl. v. 12.11.2009, L 1 B 202/09 ER KR

(Zitiervorschlag: Francke: Häusliche Krankenpflege bei Heimunterbringung – LSG Hamburg, 1. Senat, Beschl. v. 12.11.2009, L 1 B 202/09 ER KR; Forum A, Beitrag A10-2011 unter www.reha-recht.de; 01.06.2011)

Der Autor bespricht eine Entscheidung des Landessozialgerichts Hamburg vom 12. November 2009. Bei dem Beitrag handelt es sich um eine Anmerkung, die bereits im Juris-Praxisreport Medizinrecht als „jurisPR-MedizinR 3/2010 Anm. 5“ veröffentlicht wurde.

Streitgegenstand war die in der Rechtsprechung umstrittene Frage, ob eine Bewohnerin einer stationären Wohneinrichtung der Behindertenhilfe einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege aus § 37 Abs. 2 SGB V gegen ihre Krankenkasse hat. Das LSG sah in der Einrichtung einen geeigneten Ort im Sinne des § 37 Abs. 2 SGB V n. F. und bejahte einen entsprechenden Anspruch, da vom Personal der Einrichtung keine Behandlungspflege erbracht werde und die Wohneinrichtung daher nicht vergleichbar mit einem Krankenhaus oder einem Pflegeheim sei.

Der Autor begrüßt die Entscheidung des Landessozialgerichts. Er zeigt den derzeitigen Meinungsstand auf und rät dazu, alle Rechtsbehelfe auszuschöpfen, wenn Krankenkassen einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege für BewohnerInnen von Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe ablehnen, obwohl diese keinen Anspruch auf Behandlungspflege gegen den Einrichtungsträger haben.


Stichwörter:

Zuständigkeitsfrage, Grundpflege, Betreutes Wohnen, Wohneinrichtung der Behindertenhilfe, Leistungspflicht Heimträger, Heimträger, § 37 Abs. 2 SGB V, Behandlungspflege, Häusliche Krankenpflege, Heimrecht


Kommentare (1)

  1. Avalh
    Avalh 30.11.2011
    Zwischenzeitlich fand beim BSG am 04.11.2011 eine mündliche Verhandlung zu der im vorgenannten Beitrag zitierten Revision (Az: B 8 SO 16/09 R) gegen das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen statt.

    Der Rechtsstreit wurde ohne Urteil erledigt. Der Beklagte Sozialhilfeträger erkannte den Anspruch der Heimbewohnerin an und einigte sich in einem Vergleich mit der beigeladenen Krankenkasse, dass diese der Klägerin die vorläufig gezahlte Vergütung für häusliche Krankenpflege ab dem 01.04.2007 erstatte. Des Weiteren beabsichtigte der Sozialhilfeträger, die Kosten für die vorangegangene Zeit von dem ebenfalls beigeladenen Heimträger geltend zu machen.

    Die Richter teilten den Beteiligten jedoch auch ihre Rechtsauffassung über den zugrunde liegenden Streitgegenstand mit. Der 8. Senat des BSG führte hierzu in Absprache mit dem 3. Senat aus, dass auch in einem Wohnheim für behinderte Menschen der Ausschlussgrund des § 37 Abs. 3 SGB V entsprechend anwendbar ist. Die hierin enthaltene Regelung besagt, dass häusliche Krankenpflege nur gewährt wird, „soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann“. Besteht nun eine Verpflichtung des Heimes zur Erbringung der von der häuslichen Krankenpflege umfassten Leistungen, so besteht nach Ansicht der Richter auch kein Anspruch auf diese Leistung gegenüber der Krankenversicherung. Eine solche Verpflichtung des Heimes kann sich entweder direkt aus dem Heimvertrag ergeben – was ggf. durch Auslegung zu ermitteln wäre – oder bereits in der Leistungsvereinbarung zwischen Pflegekasse und Heimträger enthalten sein, welche Mindestanforderungen für den einzelnen Heimvertrag setzt.
    Diese vom BSG vollzogene, analoge Anwendung des § 37 Abs. 3 SGB V auf die spezielle Situation eines Heim-Bewohner-Verhältnisses ist jedoch fragwürdig. Während in der Neufassung des § 37 SGB V die möglichen Orte, an denen häusliche Krankenpflege erbracht werden kann, ausgeweitet wurden, hielt der Gesetzgeber in Absatz 3 an dem Merkmal der Häuslichkeit fest. Dieser entgegenstehende Wortlaut lässt keinen Raum für eine entsprechende Anwendung auf Wohnheime und auch mit Blick auf den in § 31 SGB I normierten Vorbehalt des Gesetzes überraschte die Rechtsauffassung des BSG.
    Da eine diesbezügliche Urteilsbegründung nicht vorliegt, bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung zukünftig zu dieser Frage positionieren wird.

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