15.06.2011 B: Arbeitsrecht Porsche: Diskussionsbeitrag B8-2011

Zur (Un-) Zulässigkeit der tätigkeitsneutralen Frage nach der Schwerbehinderung – Anmerkung zu Hessisches LArbG, Urt. v. 24.03.2010, Az.: 6/7 Sa 1373/09

(Zitiervorschlag: Porsche: Zur (Un-) Zulässigkeit der tätigkeitsneutralen Frage nach der Schwerbehinderung – Anmerkung zu Hessisches LArbG, Urt. v. 24.03.2010, Az.: 6/7 Sa 1373/09; Forum B, Beitrag B8-2011 unter www.reha-recht.de; 15.06.2011)

Die Autorin beschäftigt sich in diesem Sonderbeitrag mit der Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen dem Arbeitgeber das Recht zusteht, im Bewerbungsverfahren nach einer (Schwer-) Behinderung zu fragen. Ausgangspunkt dieses Sonderbeitrages ist ein Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. März 2010, über dessen Revision der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) am 7. Juli 2011 zu entscheiden hat.

In diesem Kündigungsschutzverfahren begehrte die Arbeitnehmerin festzustellen, dass dem Arbeitgeber kein tätigkeitsneutrales (d. h. von den Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit unabhängiges) Fragerecht nach einer anerkannten Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren zustand und sie diesen daher nicht i. S. d. § 123 Abs. 1 BGB arglistig täuschte, als sie diese Frage nicht wahrheitsgemäß beantwortete. Das Landesarbeitsgericht schloss sich der Argumentation der Klägerin an und verneinte mit Verweis auf das Benachteiligungsverbot in § 81 Abs. 2 SGB IX ein tätigkeitsneutrales Fragerecht des Arbeitgebers und damit sowohl einen Anfechtungsgrund als auch ein außerordentliches Kündigungsrecht.

Die Autorin begrüßt die Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts im Ergebnis, ist jedoch der Ansicht, dass dieses die Grenzen eines tätigkeitsbezogenen Fragerechts nach § 8 Abs. 1 AGG nicht hinreichend herausgestellt hat. Dies holt die Autorin nach. Sie geht außerdem der Frage nach, unter welchen Voraussetzungen ein tätigkeitsneutrales Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Vorliegen einer (Schwer-) Behinderung ausnahmsweise nach geltendem Recht als sogenannte positive Maßnahme einer Integrationsvereinbarung i. S. d. §§ 5 AGG, 83 SGB IX zulässig sein kann. Diese Ausführungen werden ergänzt durch eine Darstellung der Klagerechte der Verbände nach § 63 SGB IX sowie der Betriebsräte und Gewerkschaften nach § 17 Abs. 2 AGG.

Der Beitrag ist die überarbeitete Fassung eines Vortrages mit dem Titel: „Die (Un-) Zulässigkeit der Frage nach der Schwerbehinderung unter Geltung des AGG: Neue Überlegungen zu einer alten Frage“, gehalten auf dem 20. Rehabilitationswissenschaftlichen Kolloquium, das vom 14.–16. März 2011 in Bochum stattgefunden hat. Die Powerpoint-Präsentation zum Vortrag ist abrufbar auf den Internetseiten der Deutschen Rentenversicherung unter dem Stichwort Rechtswissenschaften I (http://forschung.deutsche-rentenversicherung.de/ForschPortalWeb/contentAction.do?key=main_reha_kollo_mats_201120_session#recht_I.).

 


Stichwörter:

Fragerecht des Arbeitgebers (tätigkeitsneutral/tätigkeitsbezogen), Klagerecht der Betriebsräte und Gewerkschaften, § 63 SGB IX, Klagerechte der Verbände, Anfechtung Arbeitsvertrag, Arglistige Täuschung, § 81 Abs. 2 SGB IX, § 5 AGG, § 7 AGG0, § 8 AGG, § 17 Abs. 2 AGG, Positive Maßnahmen, Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen, Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers, Angemessene Vorkehrungen, Integrationsvereinbarung (Inklusionsvereinbarung), Antidiskriminierungsrichtlinie (Richtlinie 2000/78/EG)/ Richtlinie zur Gleichstellung 2000/78/EG)


Kommentare (1)

  1. Jürgen Apperger
    Jürgen Apperger 08.11.2011
    in der Praxis führt eine Bejahung der schwerbehinderung zu einer Nichtberücksichtigung der Bewerbung. Das passiert auch bei Stellenausschreibungen mit dem Hinweis der bevorzugten Einstellung von Behinderten. Hier sollte grundsätzlich ein Nachweis des Unternehmens erbracht werden müssen, dass tatsächlich kein behinderter Bewerber anfragte. Die Formulierung bei gleicher Eignung ist ein Gummipraragraph der nur allzuleicht angewendet werden kann. Insonfern ist das Verhalten der Angestellten leicht nachvollziehbar und völlig verständlich.

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