13.03.2024 Daten, Fakten, Statistiken

Aktion Mensch: Studie zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention

Bei der generellen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) liegen die Vertragsstaaten nicht weit auseinander, Unterschiede sind aber bei der Verwirklichung von einzelnen Rechten erkennbar. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Aktion Mensch. Als Querschnittsthemen für viele Staaten, insbesondere auch Deutschland, sind die „Intersektionale Diskriminierung“ und „Deinstitutionalisierung“ zu nennen.

Die englische Rechtswissenschaftlerin Dr. Fiona MacDonald hat für die Studie 29 Abschließende Bemerkungen des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen für 16 Vertragsstaaten untersucht – davon 16 aus dem ersten Prüfverfahren (2011–2015) und 13 aus dem zweiten Prüfverfahren (2019–2023). Neben einer inhaltlichen und thematischen Analyse erfolgte eine Bewertung der einzelnen Abschließenden Bemerkungen. Dabei ging es um folgende Forschungsfragen:

  1. Gibt es Unterschiede im Grad der Umsetzung der UN-BRK zwischen den Vertragsstaaten?
  2. Gibt es Unterschiede zwischen den Staaten hinsichtlich der Fortschritte / Rückschritte bei der Umsetzung der UN-BRK zwischen den beiden Zeiträumen?
  3. Können die Vertragsstaaten nach dem Grad oder den Fortschritten der Umsetzung eingestuft werden?
  4. Lassen sich thematische Schwerpunkte erkennen, in denen sich die Abschließenden Bemerkungen bestimmter Vertragsstaaten von denen anderer Staaten unterscheiden?

Zu den Staaten, die miteinander verglichen wurden, zählten neben Deutschland, Österreich, Spanien und Ungarn auch Länder wie Australien, Neuseeland, China, Ecuador, Mexiko, Südkorea und Tunesien. Mit Hilfe einer qualitativen Textanalyse wurden die vom Ausschuss geäußerten Sorgen und Bedenken quantifiziert und in Noten übersetzt. Es wurde deutlich, dass die Gesamtergebnisse der Staaten nicht weit auseinanderliegen und der Ausschuss „schwere Bedenken“ gegenüber jedem der untersuchten Vertragsstaaten geäußert hatte.

Bei der Analyse einzelner Rechte zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den Staaten: bspw. liegt Deutschland in der Artikelgruppe „Rechtliche Interessen und Freiheiten“ (Art. 10, Art. 12–16 und Art. 21–22 UN-BRK) in der oberen Hälfte und Spanien auf dem letzten Platz, in der Artikelgruppe „Tägliches Leben“ (Art. 5, Art. 9, Art. 19–20, Art. 23–28, Art. 30) liegt Spanien dagegen auf den vorderen Plätzen und Deutschland an letzter Stelle.

Über alle untersuchten Abschließenden Bemerkungen hinweg äußerte der UN-Ausschuss auffallend häufig Bedenken im Zusammenhang mit den Themen „intersektionale Diskriminierung“, d. h. das Zusammenspiel verschiedener Diskriminierungsmerkmale, und „Institutionalisierung“, das Festhalten an parallelen Strukturen im Rahmen von Einrichtungen für Wohnen, Bildung und Arbeit, so die Aktion Mensch. Dies deute darauf hin, dass es sich bei diesen Themen um Kernprobleme handelt, deren Beseitigung für die Umsetzung der UN-BRK von entscheidender Bedeutung ist. Dazu Fiona MacDonald:

„Wenn es den Vertragsstaaten gelänge, diese Probleme deutlich zu verbessern oder sogar ganz zu beseitigen, würden nicht nur die vom Ausschuss geäußerten Bedenken erheblich verringert, sondern es würde sich auch die tatsächliche Umsetzung vieler, wenn nicht aller Rechte deutlich verbessern.“

Die Forschungsfrage zur Möglichkeit eines Vergleichs von Fort-/Rückschritten zwischen den beiden Prüfungszeiträumen wurde mit einem „Nein“ beantwortet. Dies liege daran, dass die ersten Abschließenden Bemerkungen der Stichprobe aus einem sehr frühen Zeitpunkt stammen. Nachfolgende Veränderungen können als Rückschritt erscheinen, sind aber der Forscherin zufolge auf ein „wachsendes Verständnis und eine immer gründlichere Analyse der Umsetzung der Rechte durch den Ausschuss“ zurückzuführen.

Die Prüfung der Abschließenden Bemerkungen könne dabei helfen, Querschnittsthemen zu ermitteln, die die Verwirklichung der Rechte behindern. Darüber hinaus könne diese Untersuchung den Vertragsstaaten helfen, herauszufinden, an welchen Artikeln noch gearbeitet werden muss, um die Rechte von Menschen mit Behinderungen besser umzusetzen. Die Gesamtbewertung könnte laut der Autorin der Studie durch eine größere Stichprobe, die idealerweise alle Vertragsstaaten umfasst, theoretisch aussagekräftiger sein. Eine verstärkte Standardisierung der Abschließenden Bemerkungen wird in Zukunft wahrscheinlich Längsschnittanalysen ermöglichen, so Fiona MacDonald.

Weitere Informationen und ein Download der Studie in deutscher und englischer Sprache sind unter folgendem Link verfügbar: www.aktion-mensch.de/unbrk-staatenvergleich

(Quelle: Aktion Mensch e. V.)


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