18.09.2023 Verwaltung, Verbände, Organisationen

Außerklinische Intensivpflege: Erfahrungsberichte Betroffener online

Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) hat eine Internetseite mit Erfahrungsberichten Betroffener zur Umsetzung von Außerklinischer Intensivpflege (AKI) veröffentlicht. Das Inkrafttreten des Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetzes (GKV-IPReG) löst die AKI aus der Richtlinie zur häuslichen Krankenpflege. Menschen, die bisher im Rahmen der häuslichen Krankenpflege versorgt wurden, benötigen jetzt AKI.

„Als ISL empfangen wir seit Monaten viele Nachrichten von Betroffenen sowie Angehörigen, die derzeit durch das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz mit unzumutbaren Herausforderungen und existenziellen Schwierigkeiten konfrontiert werden“, so Projektmitarbeiterin Eliza Gawin, die selbst mit AKI lebt. Versicherte, die beatmet werden oder tracheotomiert sind, also mit einem operativen Luftröhrenschnitt/-zugang leben, müssten nun mit jeder Verordnung der AKI eine Potenzialerhebung durch besonders qualifizierte Vertragsärztinnen und -ärzte nachweisen. Dahinter steht, dass die Möglichkeit zur Reduzierung der Beatmungszeit bis hin zur vollständigen Beatmungsentwöhnung und Dekanülierung oder die Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung regelmäßig und qualifiziert geprüft werden soll. Dies stellt Betroffene den Berichten zufolge derzeit vor gravierende Probleme, beginnend bei der Suche nach einer geeigneten Ärztin oder einem geeigneten Arzt für die Potenzialerhebung über die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung unter den geänderten Bedingungen bis hin zu der Infragestellung langjähriger Beatmung an sich.

Im Rahmen des Projektes „Das Recht auf außerklinische Intensivpflege – Begleitung und Umsetzung aus Betroffenenperspektive“ der Aktion Mensch werden eingereichte Erfahrungsberichte von Menschen mit AKI-Bedarf anonymisiert und veröffentlicht. Auch auf der Website selbst gibt es ein Formular, um Erfahrungen zu schildern. Die Vielzahl an Berichten aus erster Hand mache es möglich, die Umsetzung des GKV-IPReG nachvollziehbar zu monitoren, zu begleiten und die Politik mit den alarmierenden Missständen sowie herausfordernden Lebenslagen von Betroffenen transparent zu konfrontieren, so die ISL in ihrer Pressemitteilung.

Der Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA), der die Änderungen beschlossen hatte, hat am 15. September 2023 in einer Pressemitteilung über die aktuelle Situation informiert. Dr. Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied des G-BA, erklärt: „Um Engpässe in der Versorgung mit außerklinischer Intensivpflege zu vermeiden, hat der G-BA mit den Anpassungen der Richtlinie einen praktikablen und rechtlich vertretbaren Weg gefunden. Es geht um ein komplexes und anspruchsvolles Leistungsangebot und entsprechend sind auch hohe Anforderungen an die Qualifikation der verordnenden und potenzialerhebenden Ärztinnen und Ärzte geboten. Diese Anforderungen dürfen aber nicht dazu führen, dass die kontinuierliche Versorgung gefährdet wird, weil es noch nicht in allen Regionen ausreichend Ärztinnen und Ärzte gibt. Wir werden mit Unterstützung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung weiterhin beobachten, wie sich die Zahlen entwickeln.“ Bis Ende 2024 gelte nunmehr eine Ausnahmeregelung für die vom Gesetzgeber vorgesehene Potenzialerhebung bei beatmeten oder trachealkanülierten Patientinnen und Patienten. Darüber hinaus habe der G-BA den Kreis der Ärztinnen und Ärzte erweitert, die das Entwöhnungspotenzial erheben können, sowie den der verordnungsberechtigten Ärztinnen und Ärzte. Voraussetzung für alle Potenzialerhebenden ist eine pneumologische Zusatzqualifikation oder der Nachweis mehrmonatiger Berufserfahrung in der Behandlung der spezifischen Patientengruppe in hierfür spezialisierten Einrichtungen.

aki-hkp.de

(Quelle: Gemeinsamer Bundesausschuss; Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland)


Nachtrag: Inzwischen haben 20 Verbände in einem gemeinsamen Positionspapier vom 19. September 2023 Nachbesserungen am GKV-IPReG gefordert, bevor am 31. Oktober der Anspruch auf häusliche Krankenpflege entfällt: Zum Positionspier "Die Sicherstellung der Versorgung von Menschen mit Bedarf an außerklinischer Intensivpflege"

 


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