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Mit Beschluss vom 14. Oktober 2020 hat das Verwaltungsgericht Minden (VG Minden) dem Eilantrag einer Pflegeheimbewohnerin gegen eine coronabedingte Isolationsanordnung stattgegeben (Az. 7 L 729/20). Die Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen wird damit nicht aufgehoben, aber aufgeschoben und in der Hauptsache neu verhandelt. Patientenschützer fordern schon länger klare Vorgaben für Pflegeeinrichtungen.
Für die umstrittene Isolierungsanordnung fehle es an einer tauglichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und einer behördlichen Einbeziehung, befand das VG Minden unter Berücksichtigung des Rechts auf Teilhabe und soziale Kontakte der pflegebedürftigen Menschen. Nach derzeitiger Ausgestaltung der Regelung soll eine Pflegeeinrichtung selbst entscheiden, wer isoliert werde. Wegen des hochwertigen Schutzguts der Gesundheit des menschlichen Lebens sei es zwar grundsätzlich denkbar, die Pflegeeinrichtung bei der Umsetzung einer Isolierung einzubeziehen. Dazu hätte es jedoch einer Präzisierung bedurft, unter welchen tatsächlichen Gegebenheiten eine Isolierung zu erfolgen hat, heißt es in der Begründung.
Auch Patientenschützer bezeichnen klare Vorgaben als überfällig. Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, kündigte in einem Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung an, den Einrichtungen demnächst einheitliche Corona-Regeln an die Hand zu geben: „In wenigen Wochen, deutlich vor Weihnachten, werden wir – unterstützt von Gesundheitsminister Jens Spahn und dem Robert Koch-Institut – eine Handreichung vorlegen, um dem Flickenteppich mehr Einheitlichkeit und Nachvollziehbarkeit zu geben“, sagte Westerfellhaus.
Der BIVA-Pflegeschutzbund greift die Mindener Entscheidung auf und empfiehlt bei unverhältnismäßigen Besuchseinschränkungen derweil den Klageweg, sollte ein Gespräch mit der Heimleitung oder der Kontakt zum Gesundheitsamt bzw. zu der Heimaufsichtsbehörde nicht zu einer Lösung führen. Dr. Manfred Stegger, Vorsitzender des BIVA-Pflegeschutzbunds, sagte dazu: „Viele Angehörige scheuen eine Klage, weil sie Nachteile für den Heimbewohner oder einen langwierigen Prozess fürchten. Dennoch ist sie das geeignete Mittel, wenn sonstige Bemühungen nicht zum Erfolg führen. Hier bieten wir Betroffenen unsere Beratung und Unterstützung an.“
Am 15. Oktober ist eine Verordnung in Kraft getreten, nach der Pflegeheime und Krankenhäuser Antigen-Schnelltests nutzen können, um Personal, Besucher sowie Patienten und Patientinnen bzw. Bewohnerinnen und Bewohner regelmäßig auf das Corona-Virus zu testen („Dritte Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“). Künftig sollen Schnelltests die aufwendigeren PCR-Tests ergänzen. Sie sind schneller auszuwerten, zeigen nach 15 bis 20 Minuten ein Ergebnis an und müssen nicht eigens im Labor analysiert werden. Von Nachteil ist, dass sie nicht so zuverlässig sind wie die PCR-Tests und erst reagieren, wenn Getestete schon infektiös sind.
Die Träger der Wohn- und Pflegeeinrichtungen sind nun gefordert, Strategien zu entwickeln, um mit der neuen Verordnung umzugehen.
(Quellen: BIVA-Pflegeschutzbund, Bundesministerium für Gesundheit, Springer Medizin Verlag – ÄrzteZeitung, Verwaltungsgericht Minden)
Bei dem genannten Urteil handelt es sich um eine ausgewählte Entscheidung zum Teilhaberecht.
Entscheidungen zum Rehabilitations- und Teilhaberecht finden sich auch in der
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