11.08.2021 Internationales

Studie zum Pilotprojekt „EU-Behindertenausweis“ veröffentlicht

Ein in der gesamten Europäischen Union gültiger Behindertenausweis sollte verbindlich von den Dienstleistern in den Mitgliedsstaaten anerkannt werden und Menschen mit Behinderungen Erleichterungen sowie Zugänglichkeit mindestens in den vier Bereichen Kultur, Freizeit, Sport und Verkehr bieten – so die Empfehlungen einer Bewertungsstudie zum Pilotprojekt „EU-Behindertenausweis“, die im Juli 2021 veröffentlicht wurde.

Im Zuge der neuen EU-Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen will die Europäische Kommission bis Ende 2023 einen Europäischen Behindertenausweis für alle EU-Länder vorschlagen. Dieser soll die gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern und Menschen mit Behinderungen bei der Wahrnehmung ihres Rechts auf Freizügigkeit unterstützen.

Eine Bewertungsstudie liefert hierfür Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt „EU-Behindertenausweis“ (EU Disability Card, Zeitraum 2016 bis 2018). Das Pilotprojekt hatte zum Ziel, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu fördern und die freiwillige gegenseitige Anerkennung des Behinderungsstatus in acht teilnehmenden Mitgliedstaaten (Belgien, Zypern, Estland, Finnland, Italien, Malta, Rumänien und Slowenien) zu unterstützen. Der Ausweis in einheitlich gestaltetem Scheckkartenformat ermöglichte Personen mit Behinderungen den Zugang zu bestimmten Leistungen in den Bereichen Kultur, Freizeit, Sport und Verkehr. Die Bewertungsstudie analysierte anschließend zwischen August 2019 und Juli 2020 die Umsetzung des Pilotprojekts in den teilnehmenden Staaten. Laut Befragungsergebnissen wurde der Ausweis als Wegbereiter für eine gegenseitige Anerkennung des Behinderungsstatus in allen Mitgliedstaaten angesehen, die ohne die Intervention der Europäischen Kommission nicht möglich gewesen wäre. Die Studie bewertet die Einführung des EU-Behindertenausweises in den acht beteiligten Ländern insgesamt als wirksam und kosteneffizient. Hervorgehoben wurde, dass weitere gesetzgeberische Schritte der EU zur Ausweitung auf alle Mitgliedstaaten im Detail zu prüfen seien. In der Zusammenfassung heißt es:

„Nur im Falle der Ausdehnung des Ausweises auf alle Mitgliedstaaten und einer obligatorischen Teilnahme von Dienstleistern würden alle Dienstleistungen und Leistungen für Menschen mit Behinderungen in einem Mitgliedstaat automatisch auf Ausweisinhaberinnen und -inhaber aus allen anderen Mitgliedstaaten ausgedehnt werden. In diesem Szenario kann der Ausweis ein wichtiges Instrument zur Umsetzung von EU-Recht sein.“

Die Anerkennung des Behinderungsstatus und die Zuweisung der damit verbundenen Leistungen unterliegen der nationalen Zuständigkeit. Dienstleister könnten sich jederzeit weigern, eine Leistung für Menschen mit Behinderungen auch Personen aus anderen EU-Staaten zur Verfügung zu stellen, ohne damit gegen das EU-Recht zu verstoßen.

Der Verein BIZEPS – Zentrum für selbstbestimmtes Leben, Wien, hebt hervor, dass das Potential eines EU-Behindertenausweises und die mit ihm verbundenen Erleichterungen für Menschen mit Behinderungen weitaus größer sein könnten, wenn andere Rahmenbedingungen geschaffen würden: Ein neuer EU-Behindertenausweis sollte u. a. alle Transport- und Verkehrsmittel abdecken, damit die Bewegungsfreiheit (eine der vier Grundfreiheiten der EU) auch tatsächlich für alle EU-Bürgerinnen und Bürger gilt – auch für Menschen mit Behinderungen.

Weitere Informationen

Studie zum Pilotprojekt EU-Behindertenausweis: Study assessing the implementation of the pilot action on the EU Disability Card

Europäische Kommission: EU-Behindertenausweis

BIZEPS: Neues zum EU-Behindertenausweis – EU-weite Anerkennung bis 2023?

(Quelle: EU-Kommission, BIZEPS)


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