26.09.2022 Barrierefreiheit

Teilhabe von gehörlosen Menschen fördern durch mehr Gebärdensprache

Anlässlich des „Internationalen Tages der Gebärdensprache“ (23.09.2022) und der „Internationale Woche der gehörlosen Menschen“ (19.-25.09.2022) sprachen sich verschiedene Politiker und Verbände für eine breitere Anerkennung und Nutzung der Deutschen Gebärdensprache aus. Vielfach sind gehörlose Menschen in der Teilhabe an Bildung, am gesellschaftlichen und beruflichen Leben noch eingeschränkt bzw. davon ausgeschlossen.

In den letzten Jahren hat sich in Deutschland einiges getan – so bemüht sich beispielsweise die Bundesregierung, deutlich mehr aktuelle Informationen in Deutscher Gebärdensprache (DGS) bereitzustellen. Allerdings fehlen in vielen Lebensbereichen immer noch aktuelle und regelmäßige Informationen in DGS: Ob bei Behörden, in den Medien oder im Privatleben wie zum Beispiel bei ehrenamtlichen Tätigkeiten. In vielen anderen Ländern ist dies bereits viel selbstverständlicher.

Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, fordert unter anderem, dass das Merkzeichen GL (gehörlos) im Schwerbehindertenausweis mit einem direkten Anspruch auf Finanzierung von Gebärdensprachdolmetschung verbunden ist. Denn für viele gehörlose Menschen sei Gebärdensprache ihre Muttersprache, auf die sie angewiesen sind. Untertitel, etwa in Filmen und Fernsehsendungen, allein reichten daher nicht. Fehlen die entsprechenden Informationen in der Muttersprache, seien die Teilhabemöglichkeiten deutlich eingeschränkt.

Der Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Belange von Menschen mit Behinderungen im Gesundheitsausschuss, Hubert Hüppe, erläutert: „Zwar ist die Deutsche Gebärdensprache (DGS) im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) als eigenständige Sprache anerkannt, dennoch begegnen Gehörlose im Alltag vielfach Schwierigkeiten, über Gebärdensprache zu kommunizieren und können kaum am sozialen und kulturellen Leben teilhaben.“ Der Politiker ergänzt: „Die bestehenden Rechtsansprüche beziehen sich nur auf kleine Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und stoßen nicht selten auf Grenzen in der praktischen Umsetzung. So wird beispielsweise eine politische Teilhabe von Gehörlosen unmöglich gemacht.“ Eine barrierefreie Teilhabe in möglichst allen Lebensbereichen sei anzustreben. Die Reduzierung der Beratungsmöglichkeiten für taube und taubblinde Menschen in der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) für 2023 sei nicht hinnehmbar, so Hüppe.

Sören Pellmann (Die Linke) beklagte, dass aus Kostengründen oft auf eine Gebärdensprachdolmetschung verzichtet werde. Wenn die Regierung „Inklusion und Teilhabe ernst meinen würde, dann dürften nicht alle Forderungen aufgrund eines Kostenvorbehaltes abgewiegelt werden. Nur wenn wir Inklusion im Alltag, also in der Freizeit – wie beispielsweise im Sportverein – finanziell entsprechend untersetzen, dann wird sie auch zur Normalität.“

„Das Ziel ist nach wie vor, dass die Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen gewährleistet werden muss“, schrieb der Deutsche Gehörlosen-Bund anlässlich des Aktionstags und kündigte eine Pressekonferenz und Podiumsdiskussion für den 10. November 2022 an. Dort sollen die Umsetzung des Koalitionsvertrags mit Bezug zu Gehörlosen und anderen Menschen mit Hörbehinderungen diskutiert werden.

Initiiert wurde der Internationale Aktionstag von der "World Federation of the Deaf", einer Interessensgemeinschaft von 135 nationalen Verbänden. Weltweit gibt es etwa 70 Millionen taube Menschen und über 300 verschiedene Gebärdensprachen, von denen die American Sign Language am verbreitetsten ist. In Deutschland sind rund 0,1 Prozent – also etwa 83.000 Menschen – gehörlos. Die Deutsche Gebärdensprache wurde erst 2002 als eigene Sprache anerkannt.

Vertiefende Information

Forderungen von Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

Pressemitteilung des Deutschen Gehörlosenbunds (10/2022)

Informationen der Gesellschaft für die deutsche Sprache (gfds) zur Internationalen Woche der Gehörlosen und zur Gebärdensprache

Informationen der TU Dresden zur Deutschen Gebärdensprache

(Quellen: Jürgen Dusel, Hubert Hüppe, Sören Pellmann, Deutscher Gehörlosen-Bund e. V., TU Dresden)

 


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