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Im zweiten Teil der Besprechung zum Urteil des VG Halle vom 20.11.2018 beschäftigt sich der Autor mit möglichen Auswirkungen der UN-BRK auf das Prozessrecht. Am Beispiel des Rechtsschutzbedürfnis werden drei Lösungswege skizziert, die aufzeigen, wie der völkerrechtlich determinierte Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an Bildung gerichtlich durchgesetzt werden könnte. Dabei werden unter anderem Normen der VwGO und des BGG-LSA herangezogen.
(Zitiervorschlag: Kirmse: Zur inklusiven Hochschulbildung und den Auswirkungen der UN-BRK auf das Gerichtsverfahren anhand der Entscheidung des VG Halle vom 20.11.2018 – Teil 2 – Anmerkung zu VG Halle, Urteil vom 20.11.2018, 6 A 139/17 HAL; Beitrag A22-2020 unter www.reha-recht.de; 07.12.2020)
Die vollständige Fallgeschichte befindet sich in Teil 1.[1] Daraus werden hier nur die Passagen dargestellt, soweit dies zum Verständnis für die Besprechung erforderlich ist: Die gehörlose Klägerin stellte bei der Hochschule am 21. November 2016 einen Antrag auf Bereitstellung/Kostenübernahme von Schriftdolmetschenden für ihr Studium. Diesen lehnte die Hochschule durch einen mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen förmlichen Bescheid vom 23. November 2016 ab; ein Widerspruchsverfahren musste nicht durchgeführt werden, da dieses nach dem Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Sachsen-Anhalt entbehrlich ist. Im Klageverfahren beantragte die Klägerin, die Hochschule unter Aufhebung des Bescheides vom 23. November 2016 zu verurteilen, ihr Schriftdolmetscher für ihr Studium (Hauptantrag), hilfsweise ihr geeignete technische Hilfen zur unmittelbaren Kommunikation mit Dozentinnen und Dozenten/Kommilitonen und Kommilitoninnen (Hilfsantrag) zur Verfügung zu stellen und die hierdurch entstehenden Kosten zu übernehmen.
Die Klägerin brachte einen Kostenvoranschlag (aus München) bei, da die Beklagte sie dazu aufgefordert hatte. Dieser enthielt für zwei Schriftdolmetschende Kosten i. H. v. rund 30.000 Euro pro Semester bei einem Stundensatz von 75 €, auch bei An- und Abfahrt, zzgl. Kilometerpauschale und Übernachtungskosten. Zwei Schriftdolmetschende sind erforderlich, da das sehr schnelle Mitschreiben Wort für Wort so intensiv belastend ist, dass sich beide nach etwa 20–30 Minuten abwechseln.
Der Hauptantrag blieb erfolglos, da das Gericht Kosten für zwei Schriftdolmetschende i. H. v. rund 30.000 Euro pro Semester für die Beklagte als „unverhältnismäßig belastend“ i. S. v. § 4 S. 3 BGG LSA beurteilte. Im Rahmen dieser Beurteilung stellte das VG pauschal die Kosten i. H. v. rund 30.000 Euro pro Semester ein (vgl.VG Halle, Juris Rn. 27). Hingegen hatte das Gericht zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 20. November 2018 ermittelt, dass die Klägerin im Jahr 2019 voraussichtlich (nur) noch einen Schriftdolmetschenden für eine Vorlesung und zur Anfertigung ihrer Masterarbeit benötige (VG Halle, Juris Rn. 17).
Da der Hauptantrag erfolglos blieb, hatte das VG über den Hilfsantrag der Klägerin zu entscheiden: Der Hilfsantrag sei unzulässig. Für technische Hilfen fehle es am erforderlichen Antrag der Klägerin bei der Beklagten und somit am Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin habe am 21. November .2016 ausdrücklich nur Schriftdolmetschende beantragt. Bei technischen Hilfen handle es sich nicht um ein im Hauptantrag enthaltenes „Weniger“ (minus), sondern um etwas anderes (aliud).
Bislang haben die möglichen Auswirkungen der UN-BRK auf das Prozessrecht der verschiedenen Gerichtsbarkeiten nur vereinzelt Aufmerksamkeit gefunden. Beiträge[2] darüber gibt es vor allem in Bezug auf das sozialgerichtliche Verfahren unter besonderer Auseinandersetzung mit Art. 13 UN-BRK (Zugang zur Justiz). Art. 13 Abs. 1 UN-BRK verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen einen wirksamen Zugang zur Justiz zu gewährleisten, wobei besonders verfahrensbezogene und das Alter berücksichtigende Vorkehrungen zu treffen sind, um die wirksame unmittelbare und mittelbare Teilnahme an allen Gerichtsverfahren zu erleichtern. Um dieses Recht des wirksamen und gleichberechtigten Zugangs zur Justiz zu gewährleisten, sieht Art. 13 Abs. 2 UN-BRK vor, dass die Vertragsstaaten geeignete Schulungen für die Justizangehörigen fördern.[3]
Die UN-BRK ist von den Gerichten vor allem dort heranzuziehen, wo unbestimmte Rechtsbegriffe auszulegen oder behördliche und gerichtliche Ermessens- oder Abwägungsspielräume im materiellen, aber auch im Prozessrecht eröffnet sind;[4] dabei haben sie von mehreren Auslegungs- und Anwendungsmöglichkeiten des nationalen Rechts die völkerrechtskonforme zu wählen.[5] Das Sozialstaatsprinzip wirkt auch in das Prozessrecht hinein. Danach gilt auch im gerichtlichen Verfahren, dass alle materiellen Ansprüche und sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden sollen (vgl. § 2 Abs. 2 SGB I).[6] Ein solches Prinzip der möglichst weitgehenden Verwirklichung gilt – erst recht – auch für völkerrechtlich determinierte Ansprüche oder Rechte, wie solche aus der UN-BRK. Dabei haben die Gerichte alle geeigneten Maßnahmen zur Änderung oder Aufhebung bestehender Gepflogenheiten und Praktiken zu treffen, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellen (Art. 4 Abs. 1 lit. b UN-BRK). Ferner handeln die Gerichte als „staatliche Behörden und öffentliche Einrichtungen“ im Einklang mit der UN-BRK bzw. unterlassen solche Handlungen und Praktiken, die mit der UN-BRK nicht vereinbar sind (Art. 4 Abs. 1 lit. d UN-BRK). Zwar richtet sich Art. 4 Abs. 1 UN-BRK an die Vertragsstaaten und damit an die Bundesrepublik, wonach diese verpflichtet ist, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Soweit jedoch Beurteilungs-, Ermessens-, Abwägungs- oder zeitliche Spielräume in den von den Gerichten jeweils anzuwendenden Prozessordnungen bestehen, bedarf es keines gesonderten Umsetzungsgesetzes. Die vorhandenen prozessualen Spielräume sind bis zu ihrer äußersten Grenze vollständig zu nutzen, ggf. unter Aufgabe bzw. Änderung jahre- bis jahrzehntelang geübter Gewohnheiten, Praktiken oder Gepflogenheiten, um Menschen mit Behinderungen – neben einem effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) – einen wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung zu garantieren (vgl. Art. 5 Abs. 2 UN-BRK). Durch diesen wirksamen rechtlichen Schutz haben die Gerichte – als „alle geeigneten Schritte“ der Vertragsstaaten bzw. der Bundesrepublik – auch angemessene Vorkehrungen zur Beseitigung von Diskriminierung (wie im Fall der Klägerin durch die beklagte Hochschule) zu gewährleisten (Art. 5 Abs. 3 UN-BRK). Dies ist inzwischen in Judikatur[7] und Literatur[8] anerkannt.
Das VG Halle hatte den Hilfsantrag auf Bereitstellung technischer Hilfen zur unmittelbaren Kommunikation mit Dozenten und Dozentinnen/Kommilitoninnen und Kommilitonen als unzulässig abgelehnt, da die Klägerin keinen entsprechenden Antrag zuvor bei der Hochschule gestellt habe und ihr deshalb das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Im Rahmen der Zulässigkeit einer allgemeinen Leistungsklage ist seit jeher umstritten, ob dem Kläger das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn er die begehrte Leistung nicht vor Klageerhebung bei der Behörde beantragt hat; ein vorheriger Antrag bei der Behörde wird – überwiegend – als einfachere oder effektivere Möglichkeit zur Realisierung des Rechtsschutzes gesehen.[9] Nachfolgend stelle ich drei vertretbare Argumentations- und Lösungsmöglichkeiten vor, bei deren Anwendung durch das VG Halle der völkerrechtlich determinierte Anspruch der Klägerin auf gleichberechtigte Teilhabe an der (Hochschul-)Bildung hätte verwirklicht bzw. gerichtlich durchgesetzt werden können: Die Lösung der VwGO (a), das materielle Recht in Form des grundlegenden Gedankens einer inklusiven (Hochschul-)Bildung (b) und der „Grundsatz der Meistbegünstigung“ (c).
Gegen das Erfordernis, die begehrte Leistung vor Erhebung einer allgemeinen Leistungsklage zunächst bei der Behörde (hier der Hochschule) beantragen zu müssen, spricht bereits der Vergleich mit den einschlägigen Regelungen über die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO), die eine besondere Form der Leistungsklage darstellt: In § 68 Abs. 2 VwGO ist für die Verpflichtungsklage ausdrücklich geregelt, dass ein Vorverfahren durchzuführen ist, „wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes abgelehnt worden ist“. Nach § 75 S. 1, 2 VwGO (Untätigkeitsklage) ist die (Verpflichtungs-)Klage auch ohne Durchführung des Vorverfahrens zulässig, wenn die Behörde „über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes“ in angemessener Frist (i. d. R. drei Monate) nicht entschieden hat.
Eine solche prozessuale Regelung über das Erfordernis einer vorherigen Antragstellung bei der Behörde – als spezielle Zulässigkeitsvoraussetzung der Verpflichtungsklage – fehlt für die allgemeine Leistungsklage. Gegen ein allgemeines vorprozessuales Antragserfordernis spricht auch die Norm des § 156 VwGO. Daraus ergibt sich, dass eine Klage auch dann zulässig (und ggf. begründet) sein kann, wenn der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat. Erkennt der Beklagte in diesem Fall den Anspruch sofort an, trägt der Kläger die Prozesskosten. Es ergeben sich also lediglich kostenrechtliche Folgen. Bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen hat der Beklagte, also die Behörde, Veranlassung zur Klage gegeben. Daher ist die Erhebung einer allgemeinen Leistungsklage ohne vorherigen Antrag bei der Behörde gerade ein solcher Fall i. S. v. § 156 VwGO, bei dem der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat. Daraus ist zu schließen, dass der vorherige Antrag keine zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung ist.
Wenn ein Kläger vor Erhebung der allgemeinen Leistungsklage (und auch der Feststellungsklage i. S. v. § 43 VwGO) immer bei der zuständigen Behörde zunächst erfolglos einen entsprechenden Antrag stellen müsste, wäre die Kostenregelung des § 156 VwGO gegenstandslos, sie liefe also offensichtlich leer.[10] Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist daher bei Leistungsklagen in aller Regel, also auch ohne vorherigen Antrag bei der Behörde, zu bejahen,[11] da die Rechtsordnung immer dann, wenn sie ein materielles Recht gewährt und eine prozessuale Klage normiert, grundsätzlich auch ein Interesse an dessen gerichtlichem Schutz anerkennt.[12]
Von dem unter a) dargelegten Grundsatz kann sich eine Ausnahme nur ergeben, wenn das einschlägige materielle Recht gebietet, die geforderte Leistung zunächst bei der Behörde zu beantragen.[13] Eine solche Forderung stellt das materielle Recht, insbesondere das BGG LSA, nicht auf. Gerade die UN-BRK, welche das BGG LSA für den Bereich (Hochschul-)Bildung umsetzt, zielt auf die wirksame gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Dem steht gerade entgegen, die gleichberechtigte Teilhabe – hier die aktive Teilnahme an Lehrveranstaltungen durch Herstellung barrierefreier Studienbedingungen – erst formal beantragen zu müssen. Dies widerspräche auch dem grundlegenden Gedanken der Inklusion. Art. 24 Abs. 1 UN-BRK verlangt die Gewährleistung eines inklusiven Bildungssystems als Konkretisierung von Diskriminierungsfreiheit und Chancengleichheit bei der Realisierung des Rechts auf (Hochschul-)Bildung. Der gegenwärtige Zustand in der Hochschulbildung – einschließlich des Prüfungsrechts – entspricht allerdings qualitativ weitestgehend immer noch demjenigen einer „integrativen Bildung“. Unter Integration versteht man, dass von den behinderten Studierenden eine Anpassung an die bestehenden Strukturen und Verhältnisse verlangt wird. Ihnen wird lediglich die Option eröffnet, durch Hilfeleistungen in diesem Anpassungsprozess unterstützt zu werden: Die Hauptanpassungsleistung wird also von den Studierenden verlangt, indem sie die erforderlichen Hilfen bei der Hochschule oder sogar beim Eingliederungshilfeträger erst beantragen müssen. Damit haben sich die Studierenden an das bestehende System durch eigene Aufwendungen und Anstrengungen anzunähern und anzupassen. Das Ziel ist jedoch genau der umgekehrte Weg zu einer inklusiven Hochschule. Danach obliegt die Hauptanpassungsleistung der Hochschule, die sich durch geeignete Maßnahmen an die Fähigkeiten und Bedürfnisse des einzelnen Studierenden mit Behinderung annähern muss.[14]
Dieses Ziel setzt eine systemische Veränderung des gesamten Hochschulwesens und damit einer jeden Hochschule voraus. Konkret erforderlich werden Veränderungen u. a. in der Hochschulorganisation (z. B. organisatorische Maßnahmen wie das Teilzeitstudium), der Didaktik und Methodik in der Lehre, der Aus- und Fortbildung bzw. Schulung von Lehrenden, Mitarbeitenden bzw. Mitgliedern in Verwaltungen, Prüfungsämtern und -ausschüssen (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. i, 24 Abs. 4 UN-BRK) sowie der inklusiven Gestaltung von (hochschulischen und staatlichen) Prüfungen unter Berücksichtigung des grundlegenden Prinzips der Barrierefreiheit und des Konzepts angemessener Vorkehrungen (vgl. §§ 4 und 5 BGG LSA i. V. m. Art. 3 lit. b-f, 5 Abs. 2-4, 9, 24 Abs. 1 und 5 UN-BRK).[15]
Wie im konkreten Fall der Klägerin ist auch in Bezug auf Prüfungen zu konstatieren: „Jeder Antrag auf Nachteilsausgleich ist eine Anfrage an die Inklusivität (der Hochschule) und damit an die sachliche Rechtfertigung des Prüfungssettings“.[16] In einer von vornherein barrierefrei(er) gestalteten Hochschule müssten viele Studierende nicht mit zusätzlichem Aufwand einen Antrag stellen, Nachweise oder – wie die Klägerin – sogar Kostenvoranschläge beschaffen und vor allem ihre persönliche/gesundheitliche Situation offenbaren, was viele Studierende als unangenehm bzw. belastend empfinden, um für sich erst ein diskriminierungsfreies, chancengleiches Studium durch angemessene (Prüfungs-)Bedingungen herzustellen.[17]
Ein weiterer Gesichtspunkt, der gegen ein Antragsprinzip überhaupt anzuführen ist, ist in der möglichen ablehnenden „Antwort“ der Hochschule begründet. Erfolgt diese ablehnende „Antwort“ in Form eines mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen förmlichen Bescheids, wird dieser einen Monat nach Zustellung bestandskräftig, wenn der Studierende aus bestimmten für ihn „vorrangigen“ Gründen keine Klage erhebt. Unmittelbar vor oder während der Prüfungswochen oder bei gesundheitlichen Beschwerden (ohne dass die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand vorliegen) wird die gesamte Aufmerksamkeit jeweils darauf fokussiert sein. Auch der (erfolgreiche) Versuch, ggf. aufgrund des „Verweises“ durch die Hochschule, die erforderliche Hilfe vom Eingliederungshilfeträger bewilligt zu erhalten, mag den Studierenden veranlassen, keine Klage zu erheben.
Der Träger der Eingliederungshilfe kann prüfen, ob er den Anspruch der behinderten Studierenden auf sich nach § 141 SGB IX überleitet, weil diese Forderung zum Vermögen der Studierenden gehört. Dies kommt aber allenfalls bei Zahlungsansprüchen in Betracht, vor allem bei Ansprüchen auf Kostenerstattung.[18] Nicht überleitungsfähig sind persönliche Dienstleistungen.[19] Vorrangig ist nach § 141 Abs. 4 S. 2 SGB IX ein Übergang eines Schadensersatzanspruchs nach § 116 SGB X; dies setzt allerdings voraus, dass ein Verschulden der Hochschule nachgewiesen werden kann.
Bei sachgerechter Auslegung des Begehrens der Klägerin und bei Anwendung des sog. „Grundsatzes der Meistbegünstigung“ hätte das VG in dem an die Hochschule gestellten Antrag auf Schriftdolmetschende zugleich auch einen Antrag auf technische Hilfen (an)erkennen müssen. Anträge, selbst wenn sie scheinbar schon hinreichend konkret bestimmt sein sollten, sind stets auszulegen, um ihren Inhalt festzustellen. Bei der Auslegung ist der wirkliche Wille des Antragstellers zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (vgl. § 133 BGB). Unter zusätzlicher Berücksichtigung des „Meistbegünstigungsgrundsatzes“ ist eine Erklärung (Antrag) so auszulegen, wie sie die/der Erklärende bei verständiger rechtlicher Überlegung in Bezug auf den Planungsgehalt der Erklärung und unter angemessener Berücksichtigung seiner/ihrer Interessen abgegeben haben würde. Richtet der/die Antragstellende aufgrund eines bestimmten Sachverhalts ein Leistungsbegehren an eine Behörde, so macht er/sie damit im Zweifel – ohne Rücksicht auf den Wortlaut bzw. die Formulierung seines/ihres Antrages – all die Ansprüche bzw. Leistungen geltend, die ihm/ihr aus diesem Sachverhalt zustehen bzw. ernsthaft in Betracht kommen und die ihm/ihr den größten Nutzen bringen können; dies gilt immer dann, wenn keine ausdrückliche Beschränkung auf (nur) eine bestimmte Leistungsart vorliegt.[20] Dementsprechend ist die Behörde zu umfassender Prüfung aller infrage kommenden Ansprüche bzw. Leistungen verpflichtet. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe haben die Gerichte und vorgehend die Verwaltung (einschließlich der Hochschulen) sich bei der Auslegung eines Antrages (ob als Verfahrenshandlung oder materiell-rechtliche Voraussetzung) daran zu orientieren, was als Leistung möglich ist, wenn jede/r verständige Antragstellende mutmaßlich ihren/seinen Antrag bei entsprechender Beratung und Auskunft durch die Behörde/Hochschule angepasst hätte und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen[21] – sog. Grundsatz der Vermutung des beratungs-/aufklärungsrichtigen Verhaltens (vgl auch Kirmse, Beitrag A15-2019 Teil 1, V. 3).
Die Literatur zum allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht äußert sich eher skeptisch zum Grundsatz der Meistbegünstigung.[22] Im Sozialrecht ist dieser seit Jahrzehnten bewährt; damit wird i. S. d. § 2 Abs. 2 SGB I sichergestellt, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden.[23] Ein solches Prinzip gilt – erst recht – auch für völkerrechtlich determinierte Ansprüche oder Rechte, wie solche aus der UN-BRK. Daher ist der Meistbegünstigungsgrundsatz auch außerhalb der sozialgerichtlichen Rechtsprechung stets anzuwenden, wenn dadurch völkerrechtlich determinierte Ansprüche oder Rechte verwirklicht bzw. gerichtlich durchgesetzt werden können. Gerade die Teilhaberechte behinderter Menschen sind solche soziale Rechte oder ihnen gleichzustellen.
Die drei zuvor aufgezeigten Möglichkeiten, die aus der Prozess-, sogar der gesamten Rechtsordnung zur Verfügung stehen, sind jeweils vertretbare Lösungen, mit denen der völkerrechtlich determinierte Anspruch der Klägerin auf gleichberechtigte Teilhabe an der Hochschulbildung hätte verwirklicht bzw. gerichtlich durchgesetzt werden können. Als von vornherein unvertretbar erscheint es, keine dieser Möglichkeiten anzuwenden, sondern stattdessen ohne nähere Begründung an bisherigen Praktiken/Gepflogenheiten festzuhalten und einen vorherigen, ausdrücklich gestellten Antrag bei der Hochschule zu verlangen und wegen dessen Fehlens den prozessualen Hilfsantrag insoweit als unzulässig abzuweisen, obgleich bereits die überwiegende Ansicht im Verwaltungsverfahrensrecht und das Bundesverwaltungsgericht nicht mehr an dieser Position festhalten.
Für den „maßgeblichen Zeitpunkt der Beurteilung der Sach- und Rechtslage“ gilt bei der allgemeinen Leistungsklage als Vornahmeklage grundsätzlich, dass zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Voraussetzungen des Anspruchs beurteilt werden und vorliegen müssen. Änderungen der Sach- oder Rechtslage nach dem – vom VG auch für die allgemeine Leistungsklage zwingend geforderten – Antrag bei der Behörde können sich also sowohl negativ als auch positiv auf den Erfolg der Klage auswirken. Bei Klagen auf künftige Leistung muss auf den Anspruch und seine Voraussetzungen im zukünftigen Leistungszeitraum abgestellt werden.[24]
Das VG stellte in seiner Beurteilung, ob die von der Klägerin mit dem Hauptantrag begehrte Bereitstellung/Kostenübernahme von Schriftdolmetschern für die zukünftigen Lehrveranstaltungen „unverhältnismäßig belastend“ sei, pauschal die Kosten i. H. v. rund 30.000 Euro pro Semester aus dem Kostenvoranschlag ein (VG Halle, Juris Rn. 27). Hingegen hatte das Gericht zu Beginn der mündlichen Verhandlung durch Befragung der Klägerin ermittelt, dass im Jahr 2019 ein Bedarf für Schriftdolmetscher nur noch für zwei Blockveranstaltungen Ende Januar und Anfang Februar 2019 sowie für etwa drei bis fünf Stunden Gespräche mit den Betreuern bei der Anfertigung der Masterarbeit bestehe (in VG Halle, Juris Rn. 17 nicht vollständig wiedergegeben); vom Tag der mündlichen Verhandlung und auch Urteilsverkündung am 20. November 2018 bis Ende 2018 fanden also keine Lehrveranstaltungen statt. Die Klägerin begehrte keine Kostenerstattung für die Vergangenheit, sondern für einen zukünftigen Bedarf an Schriftdolmetschenden.
Daher durfte das VG im Zeitpunkt seiner Entscheidung (20.November 2018) nicht auf die erledigten Zeitabschnitte bzw. Semester in der Vergangenheit abstellen. Vielmehr hätte es bei der Klage auf künftige Leistung auf die konkreten Umstände des verbleibenden Leistungszeitraums im Jahr 2019 und damit auch im neuen Haushaltsjahr abstellen müssen. Dieser maßgebliche Beurteilungszeitpunkt der Sach- und Rechtslage ändert sich auch nicht dadurch, dass die Hochschule den gestellten Antrag durch förmlichen Bescheid abgelehnt hat. Auch wenn dadurch ein Verwaltungsakt besteht, ist nicht – wie grundsätzlich bei der Anfechtungsklage – auf die letzte Behördenentscheidung abzustellen; entscheidend für den maßgeblichen Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist allein die Klageart, hier die allgemeine Leistungsklage, die, als Vornahmeklage, wie auch die Verpflichtungsklage, grundsätzlich zukunftsgerichtet ist. Auch wenn die Behörde bereits einen Antrag abgelehnt hat, steht der noch nicht erfüllte Anspruch auf die Begünstigung bzw. Leistung im Vordergrund.
Danach hätte das VG Halle den konkreten Bedarf und die genauen Kosten für den Einsatz der Schriftdolmetschenden im Jahr 2019 von Amts wegen ermitteln oder zumindest schätzen müssen. Dies wären ca. 3.500 Euro gewesen. Es ist kaum vorstellbar, dass das Gericht – von seiner Rechtsauffassung ausgehend – bei Zugrundelegung dieser Kosten zum Ergebnis gekommen wäre, dass dies für die Hochschule „unverhältnismäßig belastend“ sei. Zudem wurden in den vergangenen Jahren einzelne Studierende mit Assistenzleistungen im Umfang eines oberen vier- bis unteren fünfstelligen Betrages pro Jahr aus dem Assistentenprogramm der Hochschule im Umfang von 30.000 Euro pro Jahr (seit 2018 40.000 Euro pro Jahr) unterstützt; insoweit hätte sich auch ein Anspruch aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Hochschule i. V. m Art. 3 Abs. 1 GG ergeben.
Die Praxis – wie auch der Fall der Klägerin als bislang einziger im Hochschulrecht – zeigt, dass Menschen mit Behinderungen ihre Rechte aus dem BGG nur sehr selten auf dem Rechtsweg einfordern.[25] Auf Bundesebene ist daher mit der Neufassung des BGG im Juli 2016 in § 16 BGG[26] die Möglichkeit eingeräumt worden, die Rechtsdurchsetzung, insbesondere auch von angemessenen Vorkehrungen mit Hilfe eines – am österreichischen Vorbild orientierten[27] – Schlichtungsverfahrens zu erleichtern. In diesem Verfahren können Vorkehrungen und ihre Angemessenheit gesucht, erörtert und vereinbart werden.[28] Diese dem Rechtsmittelverfahren vorgelagerte Überprüfung von (wahrgenommenen) Benachteiligungen einschließlich der Versagung angemessener Vorkehrungen ermöglicht es, die hohen Schwellen für Beschwerden über Benachteiligungen und Verstöße gegen die Barrierefreiheit zu senken und einvernehmliche Lösungen zu erreichen, die in einem Klageverfahren nur schwer erzielbar sind.[29] Insbesondere bei angemessenen Vorkehrungen kann dem Schlichtungsverfahren eine wichtige Bedeutung für die Wiederherstellung des Rechtsfriedens zukommen.[30] Letztlich sind die angemessenen Vorkehrungen in Verbindung mit den Vorschriften zum Schlichtungsverfahren eine wesentliche Erweiterung des Diskriminierungsschutzes.[31] Damit wird zugleich auf Bundesebene die weitere Umsetzung der UN-BRK, insbes. des Benachteiligungsverbots und der Barrierefreiheit gefördert, die beide zu den „allgemeinen Grundsätzen“ der UN-BRK zählen (vgl. Art. 3 lit b „Nichtdiskriminierung“ und f „Zugänglichkeit“ UN-BRK).[32]
Vor diesem Hintergrund wäre es (rechtspolitisch) wünschenswert, wenn auch in den BGG der Länder ein solches Schlichtungsverfahren geregelt werden würde. Mit diesem außergerichtlichen und konsensualen Streitbeilegungsverfahren erhielten die Betroffenen die Möglichkeit, ihre Rechte einfach, schnell[33] und kostenfrei[34] durchzusetzen.[35] Dadurch würden sowohl die Betroffenen, für die zeit- und ggf. kostenintensive gerichtliche Auseinandersetzungen mit häufig ungewissem Ausgang sehr belastend sind, als auch die Gerichte entlastet werden.[36] Die Möglichkeit, ein solches Schlichtungsverfahren auch nach dem jeweiligen Landes-BGG durchführen zu können, würde zudem den – seit dem 1. Januar 1997 durch die neu eingeführte allgemeine Zulassungsberufung (vgl. §§ 124 f. VwGO)[37] – erschwerten Zugang zum (effektiven) Rechtsschutz in der Berufungsinstanz der Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe zumindest insoweit teilweise ausgleichen. Selbst wenn das Schlichtungsverfahren letztendlich zu keiner einvernehmlichen Lösung („gütlichen Einigung“ vgl. § 16 Abs. 5, 7 S. 2 BGG) führen sollte, könnten die im Schlichtungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse mitunter die Erfolgschancen eines sich anschließenden (verwaltungs-)gerichtlichen Verfahrens deutlich erhöhen. Solche Erkenntnisse könnten am Beispiel des Schrift-/Gebärdendolmetschers sein, dass bei rechtzeitiger Planung und Beauftragung von Dolmetschern aus der näheren Region (anstatt wie im Fall der Klägerin nach einem Kostenvoranschlag aus München) sich die Kosten deutlich reduzieren ließen, weil dann keine Hotel-/Übernachtungskosten und erheblich geringere Kosten für Fahrzeiten und Kilometerpauschalen entstünden; im konkreten Einzelfall kann sich ergeben, dass ein deutlich geringerer Stundensatz als 75 €, auch für die Fahrzeiten, vereinbart werden kann. Auch gerade darin liegt die besondere Stärke des Schlichtungsverfahrens im Vergleich zu den (verwaltungs-)gerichtlichen Verfahren, dass die Schlichterinnen und Schlichter bzw. die Mitarbeitenden der Schlichtungsstelle über solche spezifischen Kenntnisse verfügen und diese ihrem Schlichtungsvorschlag zugrunde legen.
Flankierend mit der Einführung eines Schlichtungsverfahrens in den Landes-BGG müsste jedoch auch die VwGO dahingehend geändert werden, dass mit der Durchführung des Schlichtungsverfahrens der Beginn bzw. Lauf der Klagefrist „gehemmt / unterbrochen“ wird für solche Fälle, in denen nach Landesrecht (i. d. R. in dem jeweiligen Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) geregelt) die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens entbehrlich ist, die Behörde aber (wie im Fall der Klägerin) durch einen mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen und damit bestandskraftfähigen förmlichen Bescheid entschieden hat, folglich Klage innerhalb eines Monats geboten ist.
Beitrag von Timo Kirmse, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
[1] Kirmse: Die Verpflichtungen von Hochschulen zu „angemessenen Vorkehrungen“ unter besonderer Berücksichtigung des Merkmals der „unverhältnismäßigen Belastung“ anhand der Entscheidung des VG Halle vom 20.11.2018 – Teil I; Beitrag A15-2019 unter www.reha-recht.de; 09.08.2019
[2] Vgl. Wenckebach, www.reha-recht.de, Beitrag D1-2015; Roller, SGb 2016, 17 ff.; ders. NZS 2019, 368 (374 ff.); Loytved, SGb 2018, 86 ff.; Aichele (Hrsg.), Das Menschenrecht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht – Art. 12 UN-BRK, Baden-Baden 2013.
[3] Zu den im deutschen Justizwesen tätigen Personen gehören u.a. Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte als ein unabhängiges Organ der Rechtspflege (§1 BRAO), Urkundsbeamte, Justizwachtmeister sowie Personal im Bereich der Polizei und des Strafvollzugs, siehe dazu und zu möglichen geeigneten Schulungen, Kreutz in: Kreutz/Lachwitz/Trenk-Hinterberger, UN-BRK in der Praxis, 2013, Art. 13 Rn. 5.
[4] Roller, SGb 2016, 17 (18).
[5] Vgl. Faber/Roth, DVBl 2010, 1193 (1202); Schweitzer/Dederer, StaatsR III, 11. Aufl. 2016, Rn. 242 ff., 921 f.; BVerfG, Beschl. v. 26.03.1987 – 2 BvR 589/79, 2 BvR 740/81, 2 BvR 284/85 – BVerfGE 74, 358 = Juris Rn. 35.
[6] Roller, SGb 2016, 17 (19).
[7] BSG, Urt. v. 16.03.2016, B 9 SB 1/15 R, Juris = ASR 2016, 248.
[8] Kohte in Feldes/Kohte/Stevens-Bartol, SGB IX, 4. Aufl. 2018 Einl Rn 34 c.
[9] So BVerwG, Urt. v. 04.11.2976, II C 59.73 – DVBl 1978, 607 = Juris Rn. 22 mwN zur stRspr.; Urt. v. 10.4.1997, 2 C 38/95 – DVBl 1998, 191 = Juris Ls. 1, Rn. 17 ff. mwN zur stRspr.; Hufen, VerwProzR, 11. Aufl. 2019, § 17 Rn. 11, § 23 Rn. 12; Würtenberger/Heckmann, VerwProzR, 4. Aufl. 2018, Rn. 457.
[10] BVerwG, Urt. v. 28.6.2001, 2 C 48/00 – BVerwGE 114, 350 = Juris Leitsatz (Ls) 1, Rn. 16; OVG Berlin-Bbg, Urt. v. 12.6.2008, OVG 4 B 20.07 – LKV 2008,519 = Juris Ls 1, Rn. 17 f. bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 23.6.2009, 2 B 66 08 – Juris Rn. 5 aE, 8 und Parallelentscheidung Beschl. v. 18.6.2009, 2 B 64/08 – NVwZ 2009, 1314 = Juris Ls Rn. 5 aE, 8; vgl. auch VGH BW, Urt. v. 01.6.1990, 8 S 637/90 – NJW 1991, 2786 = Juris Rn. 20.
[11] Schenke, VerwProzR, 16. Aufl. 2019, Rn. 363; ders. in: Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, Vorb § 40 Rn. 51; Detterbeck, AllgVerwR m. VerwProzR, 16. Aufl. 2018, Rn. 1393; Erbguth/Guckelberger, AllgVerwR m. VerwProzR, 9. Aufl. 2018, § 23 Rn. 15.
[12] BVerwG, Urt. v. 17.1.1989, 9 C 44/87 – BVerwGE 81, 164 = Juris Ls 2, Rn. 9; Schenke in: Kopp/Schenke, a. a. O., Vorb § 40 Rn. 37.
[13] BVerwG, Urt. v. 28.6.2001, 2 C 48/00 – BVerwGE 114, 350 = Juris Rn. 16 aE; Beschl. v. 23.6.2009, 2 B 66 08 – Juris Rn. 4; Beschl. v. 18.6.2009, 2 B 64/08 – Juris Rn. 4.
[14] Vgl. Kreutz in: Kreutz/Lachwitz/Trenk-Hinterberger, UN-BRK in der Praxis, 2013, Art. 24 Rn. 8 am Beispiel des Schulsystems und zur nicht verbindlichen deutschen Übersetzung von „inclusive education system“ in „integratives“ anstatt „inklusives Bildungssystem“, ebenso Krajewski/Bernhard, BayVBl 2012, 134 (135 und Fn. 9); Krajewski, JZ 2010, 120 (121, 122); Faber/Roth, DVBl 2010, 1193 (1195).
[15] Vgl. dazu das aktuelle Rechtsgutachten von Ennuschat, Nachteilsausgleiche für Studierende mit Behinderungen – Prüfungsrechtliche Bausteine einer inklusiven Hochschule, Rechtsgutachten 2019: https://www.studentenwerke.de/sites/default/files/2019-10-14_gutachten-nachteilsausgleiche-_ennuschat-2019.pdf; zur barrierefrei(er)en Gestaltung von Studien- und Prüfungsleistungen Gattermann-Kasper, Nachteilsausgleich für Studierende mit Beeinträchtigungen, Arbeitshilfe für Beratende, 2019, S. 52 ff.: https://www.studentenwerke.de/sites/default/files/2019_ibs_arbeitshilfe_nachteilsausgleiche_0.pdf
[16] Ennuschat, Rechtsgutachten 2019, S. 121, abrufbar a. a. O.
[17] Gattermann-Kasper, Nachteilsausgleich - Arbeitshilfe, 2019, S. 53 oben, abrufbar a. a. O.
[18] Jürgens in GK-SGB IX, 2020 § 141 Rn. 14; Wrackmeyer-Schöne in Feldes/Kohte/Stevens-Bartol, SGB IX, Onlineversion 2020, § 141 Rn. 8; vgl. zur Parallelnorm des § 93 SGB XII: Hohm, SGB XII, 20. Aufl. 2020 § 93 Rn. 21.
[19] Palsherm in JurisPK-SGB IX, 2020 § 141 Rn. 14.
[20] OVG Bremen, Urt. v. 08.6.2010, S 2 A 492/07 – Juris Rn. 25-27; BSG, Urt. v. 10.5.2011, B 4 KG .1/10 R – BSGE 108, 144 = Juris Rn. 26; Urt. v. 19.10.2010, B 14 AS 16/09 R – NZS 2011, 786 = Juris Rn. 18; Urt. v. 26.8.2008, B 8/9b SO 18/07 R – NVwZ-RR 2009, 287 = Juris Rn. 22; Gutzler in: Lilge/Gutzler, SGB I, 5. Aufl. 2019, § 16 Rn. 29 f.
[21] OVG Bremen, Urt. v. 08.6.2010, S 2 A 492/07 – Juris Rn. 27; BSG, Urt. v. 10.3.1994, 7 RAr 38/93 – BSGE 74, 177 = Juris Rn. 15; Urt. v. 28.11.1979, 3 RK 64/77 – Juris Rn. 16 aE.
[22] Stelkens, NuR 1985, 213 (219); Schwab, DÖD 1992, 9 (11); Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 22 Rn. 48 und Kallerhoff/Fellenberg in: Stelkens u.a., a. a. O., § 24 Rn. 63; offen für den Grundsatz der Meistbegünstigung wohl Martens, NVwZ 1986, 533 (536).
[23] BSG, Urt. v. 10.11.2011, B 8 SO 18/10 R – Juris Rn. 13; Voelzke in: jurisPK-SGB I, 3. Aufl. 2018, § 2 Rn. 27, 29.
[24] Gärditz/Orth, JURA 2013, 1100 (1107 f.); Polzin, JuS 2004, 211 (213).
[25] Hlava in: Bolwig/Conrad-Giese/Groskreutz/Hlava/Ramm, Behindertenrecht in der Arbeitswelt, 4. Aufl. 2020, D. I. 4. (S. 515); vgl. auch Bundestags-Drucksache 18/7824 S. 43.
[26] Die Vorschrift wurde mit Wirkung vom 27. Juli 2016 durch Art. 1 Gesetz zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts vom 19. Juli 2016 als neuer § 16 in das BGG eingefügt; BGBl. I S. 1757.
[27] In Österreich wurde ein solches Schlichtungsverfahren mit dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz eingeführt, das am 1. Januar 2006 in Kraft trat; dieses Schlichtungsverfahren ist (allerdings einschließlich des Privatrechts) in über 2.000 Verfahren angewendet worden und hat zu zahlreichen erfolgreichen Schlichtungen geführt, so Frehe in: Frehe/Welti, Behindertengleichstellungsrecht, 3. Aufl. 2018, 30. II. A. (S. 106); vgl. auch Bundestags-Drucksache 18/7824 S. 45.
[28] Welti/Frankenstein/Hlava, Angemessene Vorkehrungen und Sozialrecht – Gutachten erstattet für die Schlichtungsstelle nach dem BGG, 2018, S. 4 (Kurzbeschreibung).
[29] Frehe in: Frehe/Welti, Behindertengleichstellungsrecht, 3. Aufl. 2018, 30. II. A. (S. 106).
[30] Frehe in: Frehe/Welti, Behindertengleichstellungsrecht, 3. Aufl. 2018, 30. II. A. (S. 106).
[31] Frehe in: Frehe/Welti, Behindertengleichstellungsrecht, 3. Aufl. 2018, 30. II. A. (S. 105).
[32] Schaumberg in: Deinert/Welti, Stichwortkommentar Behindertenrecht, 2. Aufl. 2018, Stichwort: „Schlichtungsstelle“, Rn. 2; Bundestags-Drucksache 18/7824 S. 43, 44.
[33] Im Fall der Klägerin dauerte die erste Instanz vor dem VG Halle fast zwei Jahre von der Klageerhebung am 20. Dezember 2016 bis zur Verkündung der ablehnenden Entscheidung am 20. November 2018. Hingegen wirkt die Schlichtungsstelle auf eine zügige Durchführung des Verfahrens hin; ein Schlichtungsvorschlag soll i.d.R. innerhalb von drei Monaten nach Antragseingang unterbreitet werden, vgl. § 10 Behindertengleichstellungsschlichtungsverordnung (BGleichSV) vom 25. November 2016 (BGBl. I S. 2659), die durch Artikel 2 der Verordnung vom 21. Mai 2019 (BGBl. I S. 738) geändert worden ist.
[34] Anders als viele Verwaltungsgerichtsverfahren (vorbehaltlich des § 188 VwGO) sind Schlichtungsverfahren für die Beteiligten stets kostenfrei, vgl. § 16 Abs. 6 BGG. Es muss auch kein Rechtsbeistand eingeschaltet werden, so dass auch insoweit keine Kosten entstehen.
[35] Vgl. zum Ziel des Schlichtungsverfahrens, den Beteiligten „eine rasche, einvernehmliche, außergerichtliche und unentgeltliche Streitbeilegung zu ermöglichen“, § 1 Abs. 2 BGleichSV.
[36] Schaumberg in: Deinert/Welti, Stichwortkommentar Behindertenrecht, 2. Aufl. 2018, Stichwort: „Schlichtungsstelle“, Rn. 2; Bundestags-Drucksache 18/7824 S. 43.
[37] 6. VwGO-Änderungsgesetz vom 1. November 1996, in Kraft getreten am 1. Januar 1997 (BGBl. I S. 1626): Durch die Einführung der allgemeinen Zulassungsberufung, für deren Zulassungsantrag und das Berufungsverfahren zwingend ein Prozessbevollmächtigter erforderlich ist (§ 67 Abs. 4 VwGO), erhoffte sich der Gesetzgeber eine wesentliche Entlastung der Berufungsgerichte, vgl. Bundestags-Drucksache 13/1433 S. 13.
Inklusive Hochschule, UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), Hilfsmittelversorgung, Dolmetscher, Studium, Rechtsschutzbedürfnis
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