07.12.2018 D: Konzepte und Politik Röh: Beitrag D39-2018

Assistenz und Sozialtherapie – Auswirkungen der durch das Bundesteilhabegesetz prominent herausgestellten Assistenz im Verhältnis zum sozialrehabilitativen Ansatz der Sozialtherapie

Im vorliegenden Beitrag verfolgt der Autor die These, dass der Assistenzbegriff im eingeführten Bundesteilhabegesetz (BTHG) zu Veränderungen der bisherigen Leistungen der Eingliederungshilfe führen kann. Er begründet dies damit, dass die Ausführungen in § 78 SGB IX möglicherweise zu einer gewandelten Bedeutungs- und Inhaltszuschreibung der Assistenz führen.

Mögliche Folgen sieht der Autor in diesem Kontext für leistungsberechtigte Personen mit geistigen und psychischen Beeinträchtigungen. Dieser Personenkreis laufe Gefahr, dass sich künftige Assistenzleistungen stärker an Angeboten einer vornehmlich ersetzenden Assistenz, wie sie überwiegend von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen in Anspruch genommen wird, orientieren könnten. Dadurch seien Verschiebungen in der Ausgestaltung von Assistenzleistungen möglich, in denen sozialtherapeutische Hilfen und Beratung von geringerer Relevanz wären. Resultierend könnten Assistenzdienstleistungen im Leistungsspektrum der Eingliederungshilfe unter Umständen nicht mehr bedarfsgerecht für den genannten Personenkreis mit geistigen und psychischen Beeinträchtigungen sein.

(Zitiervorschlag: Röh: Assistenz und Sozialtherapie – Auswirkungen der durch das Bundesteilhabegesetz prominent herausgestellten Assistenz im Verhältnis zum sozialrehabilitativen Ansatz der So-zialtherapie; Beitrag D39-2018 unter www.reha-recht.de; 07.12.2018.)

I. Das Bundesteilhabegesetz und der Assistenzbegriff

Am 23. Dezember 2016 wurde das Bundesteilhabegesetz (BTHG) erlassen, es verändert als Artikelgesetz in vier Stufen (2017, 2018, 2020, 2023) verschiedene Bücher des Sozialgesetzbuchs und Verordnungen. Die stärksten Veränderungen betreffen das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – SGB IX) und insbesondere die Eingliederungshilfe (nach den §§ 53–60a SGB XII, ab 01.01.2020 als Teil 2 des SGB IX). Durch diverse Änderungen in der Leistungsgestaltung und die Verlagerung der Eingliederungshilfe vom Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe – SGB XII) in das SGB IX werden auch für die Soziale Arbeit zentrale Begriffe und Konzepte eingeführt, z. B. im Bereich der Anforderungen an Gesamtplankonferenzen (lebenswelt-, sozialraum- und konsensorientiert), oder neu gefasst (wie der Assistenzbegriff). Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Konzeptionierung der Assistenz und problematisiert, ob die Ausweitung des Assistenzverständnisses auch auf pädagogisch-therapeutische Unterstützung sinnvoll und hilfreich ist.

So wird z. B. in § 76 SGB IX – mit Gültigkeit ab dem 1. Januar 2018 – die Leistungsgruppe ‚Soziale Teilhabe’ (bislang in § 55 SGB IX als Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft bezeichnet) geregelt, die einen wesentlichen Teil der Unterstützung in der alltäglichen Lebensführung umfasst. Gemäß § 78 Abs. 1 SGB IX werden Assistenzleistungen

„zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltages […] erbracht. Sie umfassen insbesondere Leistungen für die allgemeinen Erledigungen des Alltags wie die Haushaltsführung, die Gestaltung sozialer Beziehungen, die persönliche Lebensplanung, die Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben, die Freizeitgestaltung einschließlich sportlicher Aktivitäten sowie die Sicherstellung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen. Sie beinhalten die Verständigung mit der Umwelt in diesen Bereichen.“

Für die Soziale Teilhabe, zu deren Leistungen auch Assistenzen gehören, besteht nach § 113 Abs. 1 SGB IX das Ziel in der Befähigung und Unterstützung „zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie im Sozialraum“. In der Gesetzesbegründung heißt es zu Assistenzleistungen, dass sie dem Ziel der Alltagsbewältigung und Tagesstrukturierung dienen, insbesondere bzgl. einer „eigenständigen Lebensführung im eigenen Wohnraum“ (Bundestags-Drucksache 18/9522, 261), wozu „die allgemeinen Erledigungen des Alltags wie die Haushaltsführung“ zählen „bis hin zu den Bereichen Freizeitgestaltung wie beispielsweise Sport, kulturelles Leben und Gestaltung von Beziehungen zu Mitmenschen“ (ebd., 262). Damit sind zentrale Bereiche der bisherigen Praxis in der Eingliederungshilfe beschrieben, die vielfach auch von Sozialarbeiter*innen ausgeübt werden. Abgesehen davon, dass einige Leistungserbringer in der Eingliederungshilfe ihre Angebote bereits unter dem Dach der „Assistenzleistungen“ firmieren lassen, was angesichts des ursprünglichen Anspruchs auf Assistenz aus Sicht der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung (Drolshagen/Rothenberg 2001; Steiner 2001) kritisch zu bewerten ist, ergibt sich auch ein Spannungsverhältnis zum sozialrehabilitativen Anspruch. Neben dem berechtigten Anspruch auf assistierende und damit im engeren Sinne nach eigener Willensbestimmung lediglich die eigene Funktions- und Aktivitätsbeeinträchtigung ersetzenden Handlungen droht durch eine semantische Verschiebung und damit auch fachlich-konzeptionelle sowie schließlich leistungsrechtliche Ausdehnung der Begriffsbedeutung eine Entleerung und Verwässerung des Leistungsanspruchs auf eine qualifizierte Unterstützung in einem rehabilitativen Sinne. Die Komplementarität von Rehabilitation und Teilhabe wird am Assistenzbegriff und -verständnis besonders deutlich.

Im Folgenden soll gezeigt werden, wie die Formen der Assistenz – neben der Normierung durch § 78 SGB IX – differenziert werden müssten, um der Vielfalt der Anforderungen an eine fach- und sachgerechte Unterstützung aller behinderten Menschen gerecht zu werden, und worin die besondere Bedeutung einer qualifizierten Assistenz gesehen werden kann. Letztere wird zudem mit der jüngeren Diskussion um eine Sozialtherapie als eigener fachlicher Anspruch, ja sogar als „dritte Säule der Gesundheitsversorgung“ (Lammel/Pauls 2017) verbunden.

II. Die verschiedenen Formen der Assistenz

Auch wenn Assistenz bzw. das lateinische „assistere“, wie im Italienischen heute noch, sprachlich das gesamte Spektrum von helfen, begleiten, unterstützen, beistehen, ja sogar pflegen umfasst (vgl. Mohr 2006, 18), benutzen wir es innerhalb der Sozialen Arbeit, Heil- und Sonderpädagogik aktuell doch pointierter. Denn der Assistenzbegriff bzw. das diesbezügliche Verständnis im engeren Sinne gehen ursprünglich auf die Forderungen der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung zurück, die vornehmlich von rein körperlich beeinträchtigten Menschen getragen wurden. Dort war und ist mit Assistenz stärker das an die eigene Selbstbestimmung (weisungs-)gebundene Unterstützen gemeint und nicht die pädagogische oder therapeutische Unterstützung, die z. T. sogar vehement abgelehnt wird (Drolshagen/Rothenberg 2001; Steiner 2001). Die Persönliche Assistenz wurde zuletzt auch durch das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen gestärkt, denn in Artikel 19 der UN-BRK wird von den Vertragsstaaten gefordert, gemeindenahe Unterstützungsdienste aufzubauen, die auch Persönliche Assistenz umfassen.

Ausgehend von der Feststellung, dass sich die Unterstützungsbedarfe der verschiedenen Zielgruppen innerhalb der Rehabilitation und spezieller innerhalb der Eingliederungshilfe stark unterscheiden, wird es allerdings im Sinne einer bedarfsgerechten Unterstützung darauf ankommen, Verschiedenes verschieden zu behandeln. Menschen mit ausschließlich körperlichen Beeinträchtigungen haben hier ganz andere Bedürfnisse und Bedarfe als solche, die umfassendere Hilfen aufgrund von geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen benötigen.

Durch die explizite Benennung von Assistenzleistungen in § 78 SGB IX als einer Leistungsform im Bereich Sozialer Teilhabe nach § 76 SGB IX wird ein sich bereits in der Praxis etablierender Begriff normiert. Dadurch gewinnt er eine zusätzliche formative Kraft, die konzeptionell allerdings unterkomplex bleibt. Wie Windisch (2004, 65) unter Berufung auf das Modell Selbstbestimmten Lebens feststellt, meint die direkte oder Persönliche Assistenz „das Modell der behinderten Arbeitgeber/innen“ und ähnlicher Formen. Explizit nicht gemeint sind „insbesondere sozialpädagogische bzw. sozialarbeiterische und therapeutische Hilfen […], deren Organisation als nicht vereinbar mit dem Modell der persönlichen Assistenz oder daran orientierten Hilfe- bzw. Assistenzformen angesehen wird.“ Es kann zudem mit Windisch festgestellt werden, dass „die einzelnen Nutzer/innen dieser Hilfeform keine der im Modell der Persönlichen Assistenz enthaltenden Kompetenzen besitzen oder wahrnehmen“ (ebd.) und insofern „die Bezeichnung dieser Hilfeform als Persönliche Assistenz bzw. Assistenz ausdrücklich als unzulässig eingestuft“ (ebd.) werden müsste. Umso erstaunlicher erscheint mir, dass sich in den Regelungen des SGB IX in der Fassung des BTHG die Andersartigkeit der verschiedenen Unterstützungsformen nur unzureichend abbildet. Anders als suggeriert und angenommen werden kann, wäre neben der regiegeleiteten Persönlichen Assistenz daher die im Gesetz einerseits genannte ersetzende Assistenz (§ 78 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB IX spricht von „vollständige[r] oder teilweise[r] Übernahme von Handlungen zur Alltagsbewältigung sowie Begleitung“) und andererseits die „qualifizierte Assistenz“ (§ 78 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB IX) zu unterscheiden. Regiegeleitete Assistenz meint die von einer Person genau festgelegte, beauftragte, angeleitete und v. a. nur die eigene selbständige Handlung ersetzende Assistenz. Regiegeleitete Assistenz wird faktisch nur von ausschließlich körperlich beeinträchtigten Menschen genutzt, da sie erhebliche Kompetenzen der Assistenznehmer*innen erfordert (Bollag 1999; Frehe 1999; vgl. auch Windisch 2004; Weber 2016). Dieser Personenkreis macht jedoch nur einen (kleinen) Teil der Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe aus, zudem organisieren sie ihre Assistenz selbst, beispielsweise über das persönliche Budget (im Sinne eines Arbeitgebermodells oder über einen Dienstleister).

Demgegenüber ist die ersetzende Assistenz eine nicht zwangsläufig vollständig nach eigenem Willen in Auftrag gegebene und überwachte Leistung, sondern kann von einer Fachkraft eigenständig übernommen werden. Diese würde sie wohl dann auch im antizipierten Sinne der betreuten Person ausführen, ohne dass die betreute Person in alle Details der Handlungsplanung und -durchführung eingebunden ist. In der gleichen Angelegenheit kann die Fachkraft den/die Klient*in aber auch insofern einbeziehen, als die Handlung in der Vorbereitung und Durchführung angeleitet, jedoch von der Person selbst vollzogen wird.

Unstrittig ist, dass mit der ersetzenden Handlung (§ 78 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB IX) im Bereich der Funktions- und Aktivitätsbeeinträchtigungen eine wichtige Unterstützungsart nunmehr rechtlich benannt und in der Gesamtplanung bzw. Teilhabeplanung explizit berücksichtigt werden kann. Mit der Bezeichnung einer „Funktions- oder Aktivitätseinschränkung kompensierende[n] Handlung“ wird auf die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Bezug genommen, denn dort ist die Funktionsfähigkeit als funktionale Gesundheit definiert, wobei dies die körperlichen Funktionen und körperlichen Strukturen ebenso meint wie auch die Aktivitäten und die Teilhabe (WHO 2001; dt. DIMDI 2005). Wo sich jedoch im engeren Sinne Assistenz darauf bezieht, die Schädigung einer solchen Körperfunktion oder eine Körperstruktur personell zu kompensieren, um damit Aktivitäten und schließlich auch Teilhabe zu ermöglichen, wird diese Kompensation durch eine ersetzende Tätigkeit nicht in allen Bereichen sinnvoll sein. So wird in bestimmten Bereichen und bei Personen, die dazu (noch) in der Lage sind, wohl eher auf einen therapeutisch bzw. pädagogisch angelegten Empowermentprozess zurückzugreifen sein.

Zu reden sein wird daher mindestens bzgl. der Eingliederungshilfe von denjenigen, die aufgrund geistiger oder psychischer Beeinträchtigungen nicht in der Lage sind, ihren Alltag selbstständig, d. h. ohne personelle Unterstützung zu bewältigen, die in ihrer Lebensführung eingeschränkt sind und eigene oder fremde Ressourcen zur „daseinsmächtigen Lebensführung“ (Röh 2013) nicht zur Verfügung haben oder notwendige Unterstützung nicht selbst organisieren können. So könnten beispielsweise die Haushaltsführung oder auch Bankgeschäfte wahlweise auf die eine oder andere Weise erbracht werden, indem z. B. für jemanden eingekauft oder Überweisungen mit Vollmacht getätigt werden (ersetzende Assistenz) oder beim Einkaufen oder Überweisen begleitet bzw. sogar anleitend und damit pädagogisch-therapeutisch unterstützt wird (qualifizierte Assistenz). Der Unterschied zwischen beiden Arten der Unterstützung ist nicht abstrakt herzuleiten, vielmehr wird im Rahmen der Gesamt- bzw. Teilhabeplanung gemäß § 121 bzw. § 19 SGB IX zu begründen und festzustellen sein, in welchem Fall welche Art von Unterstützung sinnvoll und zielführend ist. So sind gerade Menschen mit geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen ebenso auf die ersetzende Übernahme wie auf die anleitende und übende Unterstützung im Sinne pädagogisch-therapeutischer Unterstützung angewiesen, was keineswegs bedeutet, sie nicht in die Unterstützungsplanung miteinzubeziehen oder sie gar zu bevormunden. Insgesamt ist zu beachten, dass ein missverstandener Assistenzbegriff die Angewiesenheit von Menschen auf Fremdunterstützung ebenso ignoriert wie der Fürsorgebegriff es mit der Selbstbestimmung tat.

III. Assistenz und Sozialtherapie

Die Differenzierung der Assistenz- bzw. Unterstützungsbedarfe in regiegeleitete, ersetzende und qualifizierte Assistenz kann somit in Probleme hineinführen, da sie dazu verleitet, einen differenzierten Unterstützungsanspruch mit dem umfassenden und wenig differenzierten Assistenzbegriff zu unterminieren und damit einen nicht unerheblichen Teil der Eingliederungshilfe als rehabilitativ-sozialtherapeutisch ausgerichtete Hilfe unverhältnismäßig umzudeuten. Im Gegensatz zur Persönlichen Assistenz oder auch der ersetzenden Assistenz verfolgt Sozialtherapie das Ziel, z. B. in der Arbeit mit chronisch psychisch kranken Menschen,

„sowohl die subjektive Handlungsfähigkeit psychisch kranker Menschen“ [zu verbessern], „z. B. durch Kompetenztraining, Beratung, Empowerment, Sicherung sozialer Rechte etc., als auch die sozialen Bedingungen dieser Handlungsfähigkeit, z. B. durch die Verbesserung des häuslichen oder sozialräumlichen Milieus, Ermöglichung heilsamer Erfahrungen unterstützender sozialer Beziehungen, die Ermöglichung von Partizipation etc.“ (Röh 2017, 141).

In der Behindertenhilfe kann sie ähnliches leisten: Hier können Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen darin unterstützt werden, ihre Kompetenzen in den Bereichen der alltäglichen Lebensführung (Körperpflege, Haushaltsführung) wie auch im Bereich sozialer Beziehungen auszubauen, indem diese unter Anleitung entwickelt werden, was wiederum einer qualifizierten Assistenz entspricht, die jedoch weniger assistiert als vielmehr unterstützt.

So wie der Assistenzbegriff durch das BTHG eingeführt bzw. in der Praxis verstanden wird, läuft er dem sozialtherapeutischen Anspruch entgegen. Das kann zu einer Dequalifizierung der Leistung für einen bestimmten Personenkreis führen, die einerseits einem modernen, bio-psycho-sozialen Rehabilitationsverständnis widerspricht. Andererseits ist zu befürchten, dass qualifizierte Assistenz durch ersetzende Assistenz abgelöst wird, obwohl (noch) nicht klar ist, ob (noch) durch erstere rehabilitative Ziele erreicht werden können.

IV. Fazit

Im Beitrag wurde der Assistenzbegriff insofern problematisiert, als er, ggf. in missverstandener Verkürzung auf die selbstbestimmte, regiegeleitete Assistenz, die besonderen Bedarfe insbesondere geistig oder psychisch beeinträchtigter Menschen nicht hinreichend erfasst. Zudem droht eine inflationäre Verwendung des Assistenzbegriffs, auf die bereits die ursprüngliche Intention der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung kritisch hingewiesen hat. Wenn, wie im etymologischen Sinne, Assistenz jedoch auch Begleitung und Unterstützung bedeutet, ist die Verwirrung und Vermischung von begründeten Unterschieden im Bereich der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen komplett. Schließlich gilt es, eine bedarfsgerechte Versorgung auch nicht nur auf qualifizierte Assistenz zu reduzieren, sondern das Recht auf Rehabilitation bzw. Habilitation gemäß Artikel 26 der Behindertenrechtskonvention zu wahren und damit den sozialtherapeutischen Anspruch auf Förderung der Teilhabechancen zu erfüllen. Es ist daher zukünftig darauf zu achten, dass die Unterschiede zwischen selbstbestimmter, regiegeleiteter Assistenz wie auch kompensatorischer und schließlich qualifizierter Unterstützung, mithin sozialtherapeutischer Kompetenz, nicht verwischt werden.

Beitrag von Prof. Dr. Dieter Röh, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg

Literatur

Bollag, E. (1999): Assistenz statt Betreuung – was bedeutet das? In: Zur Orientierung, Heft 8, 16–18.

Deutscher Bundestag (2016): Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG); Bundestagsdrucksache 18/9522.

Weltgesundheitsorganisation (2005): Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. https://www.dimdi.de/dynamic/de/klassifikationen/icf (Zugriff: 29.10.2018)

Drolshagen, B./Rothenberg, B. (2001): Definitionen und Begrifflichkeiten ausgehend vom Modell ‘Selbstbestimmt Leben mit Persönlicher Assistenz‘. In: Mobile – Selbstbestimmt Leben Behinderter e.V. / Zentrum für Selbstbestimmtes Leben (Hrsg.): Handbuch Selbstbestimmt Leben mit Persönlicher Assistenz. Köln.

Frehe, H. (1999): Persönliche Assistenz – eine neue Qualität ambulanter Hilfen. In: Jantzen, W./Willehad, L.-K./Schulz, K. (Hrsg.): Qualitätsentwicklung und Deinstitutionalisierung. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Berlin, 271–284.

Lammel, U. A. & Pauls, H. (Hrsg.) (2017): Sozialtherapie. Sozialtherapeutische Interventionen als dritte Säule der Gesundheitsversorgung. Dortmund: verlag modernes leben.

Mohr, L. (2006): Was bedeutet Assistenz. In: Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik. Heft 11, 18–23.

Röh, D. (2013): Soziale Arbeit, Gerechtigkeit und das gute Leben. Eine Handlungstheorie zur daseinsmächtigen Lebensführung. Wiesbaden: Springer VS.

Röh, D. (2017): Sozialtherapie in der Sozialpsychiatrie – Was sie ist und was sie leisten kann. In: Lammel, U. A./Pauls, H. (Hrsg.): Sozialtherapie: sozialtherapeutische Interventionen als dritte Säule der Gesundheitsversorgung. Dortmund: verlag modernes leben, 137–148.

Steiner, G. (2001): Einführung. In: Mobile – Selbstbestimmt Leben Behinderter e.V. / Zentrum für Selbstbestimmtes Leben (Hrsg.): Handbuch Selbstbestimmt Leben mit Persönlicher Assistenz. Köln.

Weber, E. (2016): Assistenz. In: Hedderich, I. / Biewer, G. / Hollenweger, J. / Markowetz, R. (Hrsg.): Handbuch Inklusion und Sonderpädagogik. Bad Heilbrunn, 512–522.

Windisch, M. (2004): Assistenzorientierung in der sozialen Arbeit mit behinderten Menschen. Vergleichender Überblick und Analyse von Ansätzen. In: Gemeinsam leben, Heft 12, 64–70.

World Health Organization (2001): International Classification of Functioning, Disability and Health. http://www.who.int/classifications/icf/en (Zugriff: 29.10.2018).


Stichwörter:

Eingliederungshilfe, Bundesteilhabegesetz, Assistenz, Persönliche Assistenz, geistige Behinderung, psychische Behinderung, ICF


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