21.02.2017 D: Konzepte und Politik Nachtschatt: Beitrag D7-2017

Wirkung der Behindertenrechtskonvention auf das deutsche Strafprozessrecht

Anmerkung zu den Fällen Gemma Beasley vs. Australia und Michael Lockrey vs. Australia vom 1. April 2016 über zwei ähnlich gelagerte Individualbeschwerden durch den Ausschuss über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Eva Nachtschatt befasst sich mit der Wirkung der UN-Behindertenrechtskonvention auf das deutsche Strafprozessrecht und diskutiert dazu zwei Beurteilungen des Ausschusses über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).

Dem Ausschuss seien zwei Fälle aus Australien vorgelegt worden, wonach beide hörbeeinträchtigt sind und zum Geschworenendienst berufen wurden, diesen jedoch nicht ausüben konnten, da ihnen u.a. unter Berufung auf das Beratungsgeheimnis, eine barrierefreie Teilnahme an der Beratung und Abstimmung der Geschworenen nicht ermöglicht wurde. Der Ausschuss habe dies als Diskriminierung beurteilt und entsprechende angemessene Vorkehrungen gefordert.

Nach deutscher Rechtslage gelte es, im Einzelfall eine Abwägung der Interessenlagen zwischen den Rechten des Angeklagten und den Rechten des Menschen mit Behinderung vorzunehmen. So wies das BVerfG 1992 die Beschwerde gegen einen blinden Richter zurück, während 2004 die Streichung eines blinden Schöffen von der Schöffenliste als gerechtfertigt angesehen wurde. Problematisch sei auch hier, bei Bedarf eines Dolmetschers, die Wahrung des Beratungsgeheimnisses.

(Zitiervorschlag: Nachtschatt: Wirkung der Behindertenrechtskonvention auf das deutsche Strafprozessrecht Anmerkung zu den Fällen Gemma Beasley vs. Australia und Michael Lockrey vs. Australia vom 1. April 2016 über zwei ähnlich gelagerte Individualbeschwerden durch den Ausschuss über die Rechte von Menschen mit Behinderungen; Beitrag D7-2017 unter www.reha-recht.de; 21.02.2017.)


I. Die Individualbeschwerde

Das Fakultativprotokoll (FP) zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Konvention) wurde gemeinsam mit dem Hauptdokument, der Konvention, am 30. März 2007 unterzeichnet und am 24. Februar 2009 durch Deutschland ratifiziert.[1] Die Individualbeschwerde, als internationaler Rechtsbehelf, findet sich in Art. 1 Abs. 1 FP. Sie ermöglicht einer Einzelperson bzw. einer Personengruppe unter gewissen Voraussetzungen eine Beschwerde („Mitteilung“) an den Ausschuss über die Rechte von Menschen mit Behinderungen[2] (Ausschuss) zu richten. Der Ausschuss erachtet die Beschwerden als unzulässig (er nimmt sie nicht entgegen), sofern sie gegen einen Vertragsstaat gerichtet ist, der nicht Vertragspartei des Protokolls ist. Unzulässigkeit besteht auch sofern ein anderes internationales Überwachungsorgan, z. B. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), in derselben Sache tätig wurde oder bereits eine Entscheidung getroffen hat.[3]

Der Ausschuss hat in der 15. Sitzung im März und April 2016 über die Individualbeschwerden in den Fällen Michael Lockrey vs. Australia (CRPD/C15/D/13/2013) und Gemma Beasley vs. Australia (CRPD/C/15/11/2013) befunden. Im Folgenden werden die beiden rechtlichen Ansichten/Auffassungen („views“) näher erläutert.

II. Wesentliche Aussagen des Ausschusses

  1. Die Verweigerung von angemessenen Vorkehrungen ist eine Diskriminierung im Sinne des Art. 2 Abs. 3 der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK).

  2. Art. 21 UN-BRK steht nicht unter dem Progressionsvorbehalt des Art. 4 Abs. 2 UN-BRK.

  3. Der Ausschuss erinnert daran, dass Art. 2 und Art. 4 für sich alleine aufgrund ihres allgemeinen Charakters keine eigenständigen Beschwerden begründen.

III. Die Sachverhalte

Die gegenständlichen Fälle verliefen annähernd zeitgleich, beide beginnend im Jahr 2012, und über beide wurde am 1. April 2016 durch den UN-BRK-Fachausschuss abschließend befunden.

Im ersten Fall war der Beschwerdeführer Mr. Michael Lockrey. Er ist gehörlos und benötigt Echtzeit-Untertitelung um einer Unterhaltung mit anderen folgen zu können. Im Jahr 2012 wurde Mr. Lockrey dreimal vom Büro des Sheriffs von New South Wales (Australien) aufgefordert, als Juror seine Geschworenenpflicht zu erfüllen. Mr. Lockrey erklärte sich jedes Mal bereit, allerdings mit der Bitte, ihm möge eine Echtzeit-Untertitelung zur Verfügung gestellt werden. Seitens des Büros des Sheriffs wurde dieser Bitte nicht nachgekommen. Eine Teilnahme gehörbeeinträchtigter Personen am Geschworenendienst sei lediglich mittels Induktionsschleife möglich, und das auch nur im Verhandlungssaal. Die Unterstützungsleistung gebe es nicht im Beratungsraum der Geschworenen, denn nach geltendem australischen Recht dürften sich während einer Beratung lediglich die durch einen zufälligen Wahlvorgang ermittelten Geschworenen im Beratungszimmer aufhalten, um die Vertraulichkeit und Unbeeinflussbarkeit des Prozesses und der Entscheidung zu gewährleisten. Der Beschwerdeführer brachte zwischen der zweiten und dritten Aufforderung zum Geschworenendienst eine Beschwerde bei der Australian Human Rights Commission (AHRC) ein. Mr. Lockrey sah sich nach geltendem australischem Recht, Age Discrimination Act 2004 (ADA) und Disability Discrimination Act 1992 (DDA), unrechtmäßig diskriminiert. Bisher war die Bereitstellung einer Echtzeit-Untertitelung bei der Geschworenenberatung nicht vorgesehen. Ein solches Angebot würde eine Änderung der jetzigen Gesetzeslage bedeuten, daher werde ein solcher Dienst nicht angeboten. Der Jury Act 1977 mit der Erweiterung durch den Jury Amendment Act 2010 regelt, wer für den Geschworenendienst berechtigt bzw. qualifiziert ist. Section 6 und 7 enthalten spezifische Kategorien von Personen, die nicht für diese Aufgabe geeignet erscheinen. Daneben besteht auch die Möglichkeit, Personen von ihrem Geschworenendienst zu befreien, sofern sie dies beantragen. Weiter kann der Sheriff eine Person von ihrem Geschworenendienst befreien, wenn er der Meinung ist, dafür bestünden gute Gründe. Im gegenständlichen Fall begründete der Sheriff die Verweigerung der Unterstützung damit, dass die Beratung der Geschworenen vertraulich ablaufen müsse. Die Beratung sowie das Urteil seien durch eine anwesende, nicht berechtigte, Person beeinträchtigt. Seitens Mr. Lockrey wurde gegen diese Entscheidung der innerstaatliche Rechtsweg ausgeschöpft.

Der Fall von Ms. Gemma Beasley ereignete sich ebenfalls im Jahr 2012 und trug sich in annähernd gleicher Weise unter Verwendung gleicher bzw. ähnlicher Argumente zu. Sie ist gehörlos und benötigt Australian Sign Language (AUSLAN) bzw. bedient sich eines AUSLAN Dolmetschers um mit anderen zu kommunizieren. Als australische Staatsbürgerin wurde sie im Oktober 2012 durch den Sheriff von New South Wales zur Geschworenen berufen.

Durch das Verhalten des Sheriffs sahen sich Mr. Lockrey und Ms. Beasley in ihren Rechten aus der UN-BRK auf gleiche Anerkennung vor dem Recht (Art. 12), Zugang zur Justiz (Art. 13), Recht auf freie Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zur Information (Art. 21), Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben (Art. 29) verletzt und fühlten sich darüber hinaus ungleich behandelt und diskriminiert (Art. 5). Die Beschwerde richtete sich somit auf die Verletzungen der Art. 5, 9, 12, 13, 21 und 29 UN-BRK per se und jeweils in Verbindung mit Art. 2 und 4 UN-BRK. Die Beschwerde richtete sich auch gegen die Unterlassung des Staates, die ihm obliegenden Pflichten einzuhalten.

IV. Schlussfolgerungen, Begründungen und Empfehlungen des Ausschusses

Der Ausschuss hat beide Beschwerden teilweise für zulässig erklärt und sieht in der Nichtbereitstellung eines AUSLAN Dolmetschers bzw. der Verweigerung einer Echtzeit-Untertitelung jeweils eine Diskriminierung. Er forderte Australien auf, den Beschwerdeführern die erforderlichen angemessenen Vorkehrungen zur Verfügung zu stellen. Dies solle in einer Weise geschehen, dass die Vertraulichkeit des Verfahrens in allen Verfahrensstufen, insbesondere bei der Beratung der Geschworenen, gewahrt bleibe. Australien soll Ms. Beasley bzw. Mr. Lockrey ebenso wirksame Rechtsmittel zur Seite stellen und die aufgewendeten Kosten erstatten sowie Schadenersatz gewähren.

Darüber hinaus wurde Australien generell aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen um zukünftige Rechtsverletzungen zu vermeiden. Dazu sollen entsprechende Gesetze oder Regelungen erlassen bzw. geändert werden. Dies hat in enger Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderungen und deren Vertreterorganisationen zu erfolgen. Des Weiteren sollen staatliche Einrichtungen zur Bedeutung und dem Anwendungsbereich der Konvention angemessen geschult werden.

V. Würdigung/Kritik und Fazit

Die Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und das Fakultativprotokoll entfalten für Deutschland seit dem Jahr 2009 ihre Wirkung. Das Individualbeschwerdeverfahren des FP ist kein gerichtliches Verfahren. Die Auffassungen bzw. die vorläufigen Maßnahmen des Ausschusses entfalten keine rechtlich bindende Wirkung für die Vertragsstaaten oder verfügen nicht über die Vollstreckbarkeitswirkung eines Urteiles.[4] Die UN-BRK eröffnet allerdings Menschen mit Behinderungen eine neue wesentliche Argumentations- und Rechtsgrundlage.[5] Wie in den oben beschriebenen Beschwerden gegen Australien sahen sich die Beschwerdeführer durch dem Staat zurechenbare Handlungen in ihren Rechten auf Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung, auf Zugänglichkeit in allen Lebensbereichen und unabhängige Lebensführung, gleichberechtigten Zugang zur Justiz, Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben, auf freie Meinungsäußerung, die Meinungsfreiheit und den Zugang zu Informationen, verletzt.

Nach der derzeit geltenden deutschen Rechtslage üben Schöffen gemäß § 30 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) das „Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Richter beim Amtsgericht aus und nehmen auch an den im Laufe einer Hauptverhandlung zu erlassenden Entscheidungen teil…“. Gemäß § 32 GVG sind Personen zum Schöffenamt unfähig, wenn sie infolge eines Richterspruchs die Fähigkeit zur Bekleidung des öffentlichen Amtes nicht besitzen oder wegen einer vorsätzlich zu begehenden Tat zu einer Freiheitstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurden bzw. ein Ermittlungsverfahren wegen einer Tat anhängig ist, die den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge hat.

Den Rechten einer behinderten Person, welche dieser aus der Konvention erwachsen, stehen die verfahrens- und verfassungsrechtlich geschützten Rechte des Angeklagten gegenüber. Vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wurden in der Entscheidung vom 10.01.1992, 2 BvR 347/01[6], aufgrund einer Beschwerde gegen die Besetzung einer Berufungskammer mit einem blinden Richter als Vorsitzendem, die verfahrens- und verfassungsrechtlichen Bestimmungen geprüft. In dieser Entscheidung wurden das Verfahrensrecht auf den gesetzlichen Richter, das Grundrecht auf rechtliches Gehör, der Gleichheitssatz und das Willkürverbot, das Recht auf ein faires Verfahren, sowie die Willkür gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG[7] näher betrachtet. Das BVerfG sah die Rechte des Beschwerdeführers, des Angeklagten, nicht beeinträchtigt.

In der Entscheidung des BVerfG vom 10.03.2004, 2 BvR 577/01[8], wurde die Streichung einer blinden Person von der Schöffenliste als sachlich gerechtfertigt erachtet. Im Sinne des allgemeinen Gleichheitssatzes soll Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG bestimmte Personengruppen verstärkt schützen und die Staatsgewalt dürfe in diesen Grenzen eine Behinderung einer Person nicht als Anknüpfungspunkt für eine benachteiligende Ungleichbehandlung heranziehen. Das Diskriminierungsverbot gem. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gelte jedoch nicht ohne jede Einschränkung, Ausnahmen seien also möglich. „Fehlen einer Person gerade wegen ihrer Behinderung bestimmte körperliche Fähigkeiten, die unerlässliche Voraussetzungen für die Wahrnehmung eines Rechts sind, liegt in der Verweigerung dieses Rechts kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. Eine rechtliche Schlechterstellung Behinderter ist danach zulässig, wenn behinderungsbezogene Besonderheiten es zwingend erfordern.“ Das BVerfG sah ein Vorliegen einer behinderungsbezogenen Besonderheit als gegeben. Eine weniger einschneidende Maßnahme (milderes Mittel) stünde auch nicht zur Verfügung.[9] Hier hätte gemäß der Konvention an eine angemessene Vorkehrung, in Form der Beigabe einer Assistenzperson, gedacht werden müssen.

Aus dem strafprozessualen Unmittelbarkeitsgrundsatz ergibt sich, dass jedes Mitglied des Spruchkörpers sich selbst und unmittelbar einen, auch optischen, Eindruck von den Verfahrensbeteiligten machen solle.

§ 33 Nr. 4 GVG a. F. machte die Eignung einer Person zum Amt des Schöffen von deren gesundheitlichem Zustand abhängig. Die Entscheidung des BVerfG vom 10.03.2004, 2 BvR 577/01, knüpft unter Heranziehung dieser Bestimmung in der Begründung die Eignung zum Schöffenamt an die körperlichen Voraussetzungen (Sehbeeinträchtigung). Erforderlich sei die Fähigkeit, die Vorgänge in der Hauptverhandlung umfassend, auch optisch, wahrzunehmen. Daher erachtet das BVerfG die Streichung eines Schöffen gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2 GVG für sachlich gerechtfertigt. Das Vorliegen der Sehfähigkeit wird als notwendiges Erfordernis angesehen um das Schöffenamt auszuüben und verstoße nicht gegen das Benachteiligungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG.

Die Begründung der zuletzt zitierten Entscheidung knüpft an den Behinderungsbegriff an, der sich an körperlichen Defiziten orientiert. Die seit 2009 für Deutschland in Kraft getretene Behindertenrechtskonvention beschreibt allerdings eine Behinderung als Wechselwirkung der konkreten Beeinträchtigung in Verbindung mit der gesellschaftlichen Umwelt.

Die Entscheidung des BVerfG vom 10.03.2004, 2 BvR 577/01, erachtet eine rechtliche Schlechterstellung behinderter Personen als zulässig, sofern behinderungsbezogene Besonderheiten diese zwingend erfordern. Die Sehbehinderung (Blindheit) sei eine dieser behinderungsbezogenen Besonderheiten und rechtfertige den Ausschluss vom Schöffenamt. Allerdings wurde diese Aussage nicht für die Laienrichtertätigkeit in anderen Gerichtszweigen hinsichtlich des Beschwerdeführers, der mehrjähriger ehrenamtlicher Richter in der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit war, getroffen.[10] Der Grundsatz der Unmittelbarkeit besteht in der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit ebenfalls. Daher scheint das Argument hinsichtlich des Unmittelbarkeitsgrundsatzes, die blinde Person könne Gestik und Mimik der Zeugen oder des Angeklagten nicht wahrnehmen, nicht ganz nachvollziehbar bzw. hat dieses Argument nicht die ausschlaggebende Bedeutung. Dass allerdings eine blinde Person eine Tatortbegehung oder eine Tatrekonstruktion nicht in dem Maße wahrnehmen kann wie eine sehende Person, ist nachvollziehbar. An dieser Stelle sei angemerkt, dass nicht sehende Personen durch die Schärfung der anderen Sinne eine ausgezeichnete räumliche und akustische Wahrnehmung haben können. Mehrwert durch die ausgleichend entwickelten Wahrnehmungsfähigkeiten einer behinderten Person, bspw. einer blinden Person, ist nicht von der Hand zu weisen. Im Ausgleich wird ein nicht sehender Schöffenrichter (Hilfsschöffe) oder Geschworener Wahrnehmungen machen, welche einem sehenden vielleicht sogar entgehen.

Eine mögliche Verzögerung durch die Beigabe einer Assistenz oder anderer Hilfen ist einer Gesamtbetrachtung zu unterziehen. Heranzuziehen ist nicht nur die Ökonomie eines Verfahrens, sondern auch der qualitative Mehrwert hinsichtlich eines guten, umfassenden Verfahrens durch die Wahrnehmungen von Menschen mit Behinderungen. Diese können eine wichtige Rolle spielen.

Eine Interessenabwägung zwischen den Rechten des Angeklagten und den Rechten des Menschen mit Behinderung ist im Einzelfall vorzunehmen. Die Wahrung beider Interessenslagen schließt sich nicht aus.

In der australischen Argumentation wurde vorgebracht, dass sich nach geltender Rechtslage während der Beratung der jury lediglich die als jury-member ernannten Personen im Beratungszimmer aufhalten dürften bzw. die Übersetzung des Gesprochenen durch den Dolmetscher möglicherweise verfälscht werde. In Bezug auf die geltende Gesetzeslage eines Landes sieht die Konvention nach Art. 4 Abs. 1 lit. a UN-BRK als allgemeine Verpflichtung vor, entsprechende Gesetzes-, Verwaltungs- und sonstige Maßnahmen vorzunehmen um die Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten zu gewährleisten. Dazu gehören auch Gesetzesänderungen um Konventionskonformität herzustellen.

So sei abschließend anzumerken, dass in sämtlichen Gerichtsbarkeiten, in welchen eine Person mit Unterstützungsbedarf, insbesondere Dolmetscher jeglicher Art, in ein Schöffenamt berufen wird, oder auch ein Richter oder eine Richterin mit persönlicher Assistenz beteiligt ist, sich in Deutschland vergleichbare Schwierigkeiten, wie in den oben dargelegten Fällen, hinsichtlich der Wahrung des Beratungsgeheimnisses ergeben können.

Beitrag von Mag. iur. Eva Nachtschatt

 


[2] Die Mitteilung ist an das Petitions Team Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights, United Nations Office at Geneva 1211, Geneva 10, Switzerland, zu richten. Nähere Informationen unter http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CRPD/C/5/3/REV.1&Lang=en (Stand 02.08.2016).

[3] Anderes gilt, sofern in der Sache nicht entschieden wurde, da die Beschwerde aus formalen Gründen abgewiesen wurde. Althoff, Das Individualbeschwerdeverfahren zu den UN-Fachausschüssen, AnwBl 1/2012, 53 f.

[4] Althoff, Das Individualbeschwerdeverfahren zu den UN-Fachausschüssen, AnwBl 1/2012, 52 f.

[5] Vgl. Wenckebach, Gleichberechtigter Zugang zur Justiz – Zu den Verbesserungsmöglichkeiten des Nationalen Aktionsplans im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 UN-Behindertenrechts­konvention, Forum D Nr. 1/2015; Weber, Effektiver Zugang für Menschen mit geistiger Behinderung zur Justiz? Forum B Nr. 7/2011, beide www.reha-recht.de.

[6] Zitiert nach NJW 1992, 2075; BVerfG (2. Kammer des 2. Senats) Beschluss vom 10.01.1992, 2 BvR 347/91.

[7] Das OLG habe eine Vorlage gem. § 121 Abs. 2 GG an den BGH unterlassen.

[9] BVerfGE vom 10.03.2004, 2 BvR 577/01; Vgl. BT-Dr 12/6323, S. 12, sowie BVerfGE 85, 191 [207] = NJW 1992, 964; BVerfGE 99, 341 [357] = 1999, 1853).

[10] Vgl. BT-Dr 12/6323, S. 12 sowie BVerGE 85, 191 [207] = NJW 1992, 964; BVerfGE 99, 341 [357].


Stichwörter:

UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Angemessene Vorkehrungen, Diskriminierung, Hörbehinderte


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