03.05.2023 Verwaltung, Verbände, Organisationen

Beratung und Unterstützung nach § 106 SGB IX stärker in den Fokus rücken

Im Vorfeld der Fachdiskussion „Sozialraumorientierte Eingliederungshilfe“ hat das Projekt „Umsetzungsbegleitung BTHG“ eine nicht repräsentative Umfrage zum Thema Beratung nach § 106 SGB IX durchgeführt. Dabei wurden gute bis sehr gute Erfahrungen zur Beratung und Unterstützung von Leistungsberechtigten zurückgemeldet, aber es gab auch weniger positive Erfahrungsberichte. Mehr als die Hälfte der Befragten hatte angegeben, dass keine Beratung stattfindet.

Laut § 106 SGB IX sollte es so sein, dass die Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe, auf ihren Wunsch auch im Beisein einer Person ihres Vertrauens, vom Träger der Eingliederungshilfe beraten und, soweit erforderlich, unterstützt werden und diese Beratung barrierearm, in einer für sie wahrnehmbaren Form erfolgt. Der Umfrage des Projekts „Umsetzungsbegleitung BTHG“ zufolge gibt es anscheinend noch deutlich Luft nach oben: 22 % der Befragten hatten die Frage, ob die Beratung nach § 106 SGB IX stattfindet, mit „Ja“ beantwortet, 62 % mit „Nein“ und 17 % mit „Weiß nicht“.

Zum Teil wird von guten bis sehr guten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den Leistungsträgern berichtet: Zum Beispiel in der Beratung für psychisch bzw. suchterkrankte Menschen fände eine Beratung auf Augenhöhe statt. Es fände eine grundsätzliche Beratung zur persönlichen Situation des Leistungsberechtigten gleichzeitig mit einer Bedarfserhebung zur sozialraumorientierten EGH statt. Zum Teil wurden aber auch deutliche Kritikpunkte geäußert wie z. B. fehlende oder nur rudimentäre Beratung, keine Bedarfsermittlung von der Eingliederungshilfe, kein einheitliches Beratungskonzept und keine Zielvereinbarungen. In einem Bundesland sei die geplante offizielle Bedarfserhebung zu bürokratisch und verbrauche Ressourcen für den anspruchsvollen und wichtigen Bereich der Umsetzung. Auch wurde berichtet, dass ratsuchende Personen, die zur EUTB kamen, vorher in der Regel nicht beraten wurden. Weitere Kritikpunkte waren eine fehlende Beratung zum persönlichen Budget oder anderen Perspektiven, keine Teilhabekonferenz sowie Planungen durch den Teilhabefachdienst und die Intransparenz bei der Leistungsbewilligung. Moniert wurde außerdem, dass keine stellvertretende Antragsausfüllung bei Menschen im Rahmen von § 106 SGB IX stattfände, die kein Deutsch sprechen, lesen und oder schreiben können.

Das Projekt des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. nimmt aus der Auswertung mit, dass noch ein hoher Sensibilisierungs­bedarf hinsichtlich der seitens des Gesetzgebers fixierten Beratungs- und Unterstützungs­notwendigkeit zu bestehen scheint und ihre Umsetzung deutlicher in den Fokus gerückt werden muss:

„Hier gilt es herauszufinden, wie bzw. mit welchen Mitteln ein besseres Verständnis im Sinne aller Akteure des sozialrechtlichen Dreiecks sowohl für die Notwendigkeit der Unterstützung und Beratung als auch in der tatsächlichen Umsetzung der Beratung und Unterstützung innerhalb des Dreiecks erreicht werden kann.“

Zur Auswertung der Umfrage und weiteren Informationen zur Beratung von Menschen mit Behinderungen: Umfrageauswertung

Mit Inkrafttreten der dritten Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) steht die im SGB IX neu geregelte Eingliederungshilfe vor der Herausforderung, ihre Leistungen stärker als bisher sozialraumorientiert auszurichten. Wie die Umsetzung in der Praxis gelingen kann, ist das Thema der neuen Fachdiskussion „Sozialraumorientierte Eingliederungshilfe“ vom 28. April bis 30. Juni auf der Website des Projekts „Umsetzungsbegleitung BTHG“: Sozialraumorientierte Eingliederungshilfe.

(Quelle: Projekt Umsetzungsbegleitung Bundesteilhabegesetz)


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