06.06.2025 Rechtsverordnungen, Richtlinien, weitere Regelungen

BFSG tritt Ende Juni in Kraft

Behörden und Ministerien sind schon länger zur digitalen Barrierefreiheit verpflichtet, nun muss die Privatwirtschaft nachziehen: Ab 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – kurz: BFSG – vollständig in Kraft. Es regelt, dass ab diesem Stichtag sowohl bestimmte Produkte als auch bestimmte Dienstleistungen barrierefrei angeboten werden müssen. Kritischen Stimmen geht das Gesetz nicht weit genug.

Zu den Produkten, die unter das BFSG fallen, zählen beispielsweise Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones, Mobiltelefone, Selbstbedienungsterminals wie Geldautomaten und E-Book-Lesegeräte. Zu den Dienstleistungen, die künftig barrierefrei sein müssen, gehören u. a. Telekommunikationsdienste, E-Books und Bankdienstleistungen. Das Gesetz enthält eine Positivliste – dort nicht genannte Produkte wie Haushaltsgeräte und Dienstleistungen wie der Gesundheitsbereich müssen demnach nicht barrierefrei gestaltet werden.

„Barrierefrei“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen „in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind“ (§ 3 Absatz 1 BFSG). Konkret sieht das BFSG beispielweise vor, dass Kennzeichnungen, Gebrauchsanleitungen und Warnhinweise zur Nutzung von Produkten über mindestens zwei sensorische Kanäle kommuniziert werden. So müssen etwa Bank- oder Ticketautomaten über eine Sprachausgabe verfügen und es den Benutzerinnen und Benutzern ermöglichen, Einzel-Kopfhörer daran anzuschließen.

Grundlage für das BFSG ist der sogenannte European Accessibility Act aus dem Jahr 2019. Diese Richtlinie wurde durch das im Juli 2021 verabschiedete BFSG in deutsches Recht umgesetzt. Seit dem 15. Juni 2022 regelt eine Verordnung zusätzlich, welche Anforderungen Produkte und Dienstleistungen erfüllen müssen, die nach dem 28. Juni 2025 auf den Markt kommen.

Ausnahme für Kleinstunternehmen

Alle Hersteller, Händlerinnen und Importeure von Produkten sowie Anbieterinnen von Dienstleistungen, die durch das BFSG erfasst werden, müssen die Regelungen umsetzen. Ausgenommen sind Kleinstunternehmen im Dienstleistungsbereich: Bei weniger als zehn (hauptamtlich) Beschäftigten und höchstens zwei Millionen Euro Jahresumsatz müssen sie dieses Gesetz nicht beachten. Für einzelne Produkte und Dienstleistungen gelten zudem Übergangsfristen, d. h. sie müssen erst deutlich nach dem 28. Juni 2025 barrierefrei zur Verfügung stehen – im Falle von Selbstbedienungsterminals sogar erst im Jahr 2040.

Doch auch ohne gesetzliche Verpflichtung lohnt es sich, Produkte und Dienstleistungen barrierefrei anzubieten: Angesichts älter werdender Verbraucherinnen und Verbraucher könne die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen ein Wettbewerbsvorteil sein und dabei helfen, eine größere Zielgruppe zu erschließen, argumentiert die Bundesfachstelle Barrierefreiheit. Es ist außerdem denkbar, dass künftig weitere Produkte und Dienstleistungen durch das BFSG erfasst werden.

Marktüberwachungsbehörden sollen Einhaltung des BFSG sicherstellen

Ob Produkte oder Dienstleistungen, die unter das BFSG fallen, tatsächlich barrierefrei sind, sollen die Marktüberwachungsbehörden der Bundesländer überprüfen. Sie können dabei sowohl Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern nachgehen als auch im Rahmen einer Marktüberwachungsstrategie aktiv werden und Kontrollen durchführen. Dabei werden sie von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin unterstützt. Unternehmen, die gegen das BFSG verstoßen und nach Aufforderung nicht nachbessern, müssen z. B. mit Bußgeldern rechnen. Außerdem kann von ihnen verlangt werden, das Produkt bzw. die Dienstleistung vom Markt zu nehmen.

Fachverbände kritisieren, dass das BFSG nicht umfassend genug sei und zu viele Ausnahmen zulasse. Auch die zum Teil sehr langen Übergangsfristen zur Umsetzung durch die Wirtschaft werden als Nachteil empfunden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Barrierefreiheit von Gebäuden im privatwirtschaftlichen Sektor weiterhin nicht gesetzlich geregelt ist. Es könne also sein, dass eine Treppe verhindere, dass Rollstuhlnutzende den (barrierefreien) Geldautomaten erreichen können, verdeutlicht die Aktion Mensch an einem konkreten Beispiel auf ihrer Website.

Weitere Informationen

(Quellen: Aktion Mensch, Bundesfachstelle Barrierefreiheit, Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband)


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