30.07.2021 Politik

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt in Kraft

Viele Produkte und Dienstleistungen sollen für Verbraucherinnen und Verbraucher künftig barrierefrei sein. Grundlage dafür ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde und am 5. August in Kraft tritt. Es setzt die EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act/EAA) um. Verschiedene Organisationen hatten Nachbesserungen am BFSG gefordert, weil es keine umfassende Barrierefreiheit gewährleistet und z. B. bauliche Hürden ausklammert, und weil die meisten Regelungen erst ab 28. Juni 2025 wirksam werden.

Der EAA bzw. die Richtlinie (EU) 2019/882 legt für ausgewählte Produkte und Dienstleistungen technische Anforderungen für die Barrierefreiheit sowie die barrierefreien Informationspflichten einheitlich fest. Die Richtlinie muss von den EU-Mitgliedsstaaten bis zum 28. Juni 2022 in nationales Recht umgesetzt werden sowie ab dem 28. Juli 2025 angewandt werden. Mit dem BFSG, das der Bundestag am 20. Mai 2021 beschlossen hat (Bundestags-Drucksache 19/28653), kommt die Bundesregierung dieser Pflicht nach: Erstmals werden private Unternehmen verpflichtet, bestimmte digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei anzubieten. Dazu zählen Computer, Smartphones, der Online-Handel oder digitale Angebote im Fernverkehr. Die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit berät diesbezüglich auch Kleinstunternehmen, um diesen die Anwendung des Gesetzes zu erleichtern.

Die Bundesregierung sieht in den neuen einheitlichen Standards einen Beitrag zur Stärkung des Binnenmarkts und einer größeren Verfügbarkeit auch preisgünstiger barrierefreier Produkte und Dienstleistungen. Die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen sollen die Bundesländer im Zuge der sogenannten Marktüberwachung sicherstellen, unterstützt von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Das BFSG sieht zudem vor, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bei den zuständigen Landesbehörden zur Marktüberwachung beantragen können, dass Maßnahmen gegen diejenigen ergriffen werden, die die Barrierefreiheitsstandards nicht einhalten. Wird dies von der Behörde abgelehnt, steht der Rechtsweg über die Verwaltungsgerichte offen, dabei ist auch die Vertretung durch einen Verband möglich.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte, der Bundesbehindertenbeauftragte sowie zahlreiche Behindertenverbände hatten im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzes kritisiert, dass das BFSG keine umfassende Barrierefreiheit gewährleiste und z. B. bauliche Voraussetzungen ausklammert. Das BFSG schreibe Barrierefreiheit nur für bestimmte digitale Produkte und Dienstleistungen vor und beschränke sich auf Verbrauchergeschäfte. Es enthalte zahlreiche Ausnahmen und überlange Fristen zur Umsetzung: Die Regelungen für die meisten Produkte und Dienstleistungen treten erst nach dem 28. Juni 2025 in Kraft, Serviceterminals und Bankautomaten müssen sogar erst 2040 barrierefrei sein.

Das Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht plant in Kürze erläuternde Fachbeiträge zum Barrierefreiheitsgesetz zu veröffentlichen.

Weitere Informationen:

Verkündung im Bundesgesetzblatt Teil I, Nr. 46 vom 22.07.2021, ab S. 2970:
Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze

Übersichtsseite des Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS):
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

Deutscher Bundestag:
Barrierefreiheit und Künstlersozialkasse angepasst

Bundesfachstelle Barrierefreiheit:
Mehr Barrierefreiheit für Produkte und Dienstleistungen: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt in Kraft

(Quellen: Deutscher Bundestag, BMAS, Bundesfachstelle Barrierefreiheit)


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