17.11.2022 Politik

Evaluation des Behindertengleichstellungsgesetzes

Eine engere Abstimmung von Bund und Ländern in der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen wäre sinnvoll – so der Schluss einer Evaluierung des novellierten Behinderten­gleichstellungs­gesetzes (BGG) im Auftrag der Bundesregierung. Das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH, die Universität Kassel und das Hugo-Sinzheimer Institut für Arbeit und Sozialrecht der Hans-Böckler-Stiftung haben überprüft, ob die Ziele, die mit dem BGG und seiner Novellierung seit 2016 angestrebt wurden, erreicht worden sind. Inzwischen hat die Bundesregierung dazu Stellung genommen (Drucksache 20/4440).

Der Bericht wurde im Zeitraum von August 2021 bis Juni 2022 erarbeitet. Mit sozialwissenschaftlichen Befragungen gewannen die Forschenden Kenntnisse über Erfahrungen mit der praktischen Umsetzung und Wirksamkeit des BGG aus den unterschiedlichen Perspektiven von Menschen mit Behinderungen, Mitarbeitenden in Behörden, Schwerbehindertenvertretungen und Rechtsschutzvertretungen. Viele Menschen mit Behinderungen würden sich in privaten Rechtsverhältnissen diskriminiert und benachteiligt sehen, sei es von Arbeitgebern, Vermietern, Anbietern von Waren und Dienstleistungen oder Gesundheitseinrichtungen. Im Ergebnis zeige sich, so der Bericht, dass das Behinderungsverständnis und das Verständnis von Diskriminierungsschutz im Sinne einer Pflicht zu angemessenen Vorkehrungen zwar differenzierter geworden seien und die Instrumente zur Herstellung von Barrierefreiheit zunehmend bekannter würden. Zugleich bestehe jedoch weiterhin Handlungsbedarf in der praktischen Umsetzung von Barrierefreiheit und Diskriminierungsschutz.

In der rechtswissenschaftlichen Untersuchung machten die Forschenden der Universität Kassel um Prof. Dr. Felix Welti deutlich, dass das BGG stärker mit dem Sozialrecht und Landesrecht sowie im Zivilrecht mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz vernetzt werden müsse. Aus den Ergebnissen wurden konkrete Handlungsempfehlungen zur rechtlichen Weiterentwicklung des BGG und zur Verbesserung seiner Umsetzung in der Praxis abgeleitet. Die Effektivität des BGG könne profitieren, wenn es mit zivilrechtlichen Mitteln durchsetzbar werde, etwa durch die Schwerbehindertenvertretungen im Arbeitsrecht und die Unterlassungsklagen im Verbraucherschutz.

In ihrer Stellungnahme hob die Bundesregierung u. a. das Instrument der Zielvereinbarungen zur Herstellung von Barrierefreiheit nach § 5 BGG, barrierefreie Kommunikation in Verwaltungsverfahren, Belange von Frauen mit Behinderungen gemäß § 2 BGG, die Verbandsklage nach § 15 BGG oder Fortbildungsbedarf zu den Themen Behinderung, Barrierefreiheit und BGG hervor. Zusammenfassend teile die Bundesregierung den Befund der wissenschaftlichen Untersuchung, dass das BGG an einigen Stellen noch weiterentwickelt werden könnte. Man werde eingehend prüfen, welche Vorschläge im Zuge der geplanten Überarbeitung des BGG und weiterer Maßnahmen umgesetzt werden sollen.

Zum Bericht der Bundes­regierung über die Wirkungen der Novellierung des Gesetzes zur Weiter­entwicklung des Behinderten­gleichstellungsrechts

(Quelle: Deutscher Bundestag, Bundesministerium für Arbeit und Soziales)


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