27.08.2019 Rechtsprechung

Mehr Geld für die Umsetzung persönlicher Assistenz im Arbeitgebermodell

Das Sozialgericht (SG) Mainz hat am 21. August 2019 entschieden, dass ein auf 24-stündige Assistenz angewiesener Betroffener Anspruch auf ein Persönliches Budget für die monatliche Bezahlung der von ihm selbst angestellten Assistenzkräfte hat – unabhängig davon, ob dies über die hypothetischen Kosten bei einem alternativen Entsendemodell hinausgeht (Az. S 1 SO 187/14). Für die Übernahme der Kosten eines Fallmanagements sah das Gericht keine gesetzliche Grundlage.

In vier zusammengefassten Verfahren hatte das SG Mainz Ansprüche eines Klägers aus den Jahren 2014 bis 2019 zu verhandeln. Dabei ging es um das Recht auf ein Persönliches Budget zur selbstständigen Organisation der persönlichen Assistenz, den Anspruch auf Budget-Assistenz (Case Management) zur Unterstützung des Arbeitgebermodells und die Entlohnung von Bereitschaftsdienst in der Nacht. Für die am Rechtsstreit beteiligten Behörden war auch zu klären, wer für die Gewährung von Leistungen an den Kläger zuständig ist.

Der 1987 geborene Kläger benötigt aufgrund seiner Behinderung eine Rund-um-die-Uhr-Assistenz. Das beklagte Land Saarland hatte ihm ab Juli 2014 einen Betrag in Höhe von monatlich ca. 7.350 € zur Durchführung der persönlichen Assistenz im Arbeitgebermodell bewilligt. Der Kläger begehrte monatlich weitergehende Leistungen in Höhe von ca. 5.400 € für elf von ihm selbst angestellte Assistenzkräfte sowie für eine Fallmanagerin, welche die Anstellung der Assistenzkräfte und die Durchführung der Pflege betreut.

Dies lehnte das beklagte Land ab, u. a. mit der Begründung, dass es dem Kläger zuzumuten sei, durch zwei festangestellte und bei ihm wohnende Pflegekräfte betreut zu werden. In einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren des Klägers hatten das SG Mainz und das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz einem Antrag auf vorläufige Bewilligung höherer Leistungen zunächst nicht stattgegeben. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des LSG aufgehoben hatte, hatte das Gericht das beklagte Land verpflichtet, dem Kläger vorläufig weitere 5.400,00 € monatlich bis zum endgültigen Abschluss des Verfahrens zu zahlen.

Laut Urteilsbegründung vom 21. August 2019 sind die Kosten in Höhe von 11.921 € monatlich für das Assistenzmodell des Klägers von dem beklagten Land zu übernehmen, da unabhängig von der (im Falle der Wahl eines alternativen Entsendemodells in Frage stehenden) Zumutbarkeit ständig bei ihm wohnender Pflegekräfte bei einer 24-Stunden-Pflege keine geringeren Kosten entstehen würden, weil zwei Pflegekräfte den Bedarf nicht decken können. Die Kosten des Case Managements hingegen, können nach Urteil des Gerichts nicht als Budgetassistenzkosten übernommen werden, weil hierfür eine gesetzliche Grundlage fehle. Das Persönliche Budget müsse grundsätzlich – soweit möglich – selbst verwaltet werden. Erforderlich sei jedoch die Übernahme von Kosten in Höhe von monatlich 1.100 € im Wege der Eingliederungshilfe für einen Zeitraum von acht Monaten ab August 2019, um den Kläger zu befähigen, hierbei eine größere Eigenständigkeit zu erreichen. Nach Ablauf dieses Zeitraums müsse überprüft werden, ob der tatsächliche Bedarf des Klägers noch in dieser Höhe weiterbestehe. Für die Assistenzkräfte seien zu diesem Betrag monatlich 10.821 € zu gewähren, damit auch die bisher nicht vergüteten fünf Stunden nächtlicher Einsatz gezahlt werden können.

Weitere Informationen

Sozialgericht Mainz: Assistenzkräftemodell ja, „Case Management“ nur bedingt – Pressemitteilung 2/2019

Kanzlei Menschen und Rechte: Viel Öffentlichkeit, wenig Budget (Presseinformation)

(Quellen: Sozialgericht Mainz, Kanzlei Menschen und Rechte)


Bei dem genannten Urteil handelt es sich um eine ausgewählte Entscheidung zum Teilhaberecht.

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