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Fast 20 Repräsentanten von Betroffenenverbänden, Beauftragte für Menschen mit Behinderungen aus dem universitären oder schulischen Bereich und Vertreter behindertenpolitischer Organisationen haben als Erstunterzeichner ein Memorandum verabschiedet, das sich für barrierefreie Studienmaterialien und Prüfungsaufgaben an deutschen Hochschulen einsetzt.
Unter Verweis auf die UN-Behindertenrechtskonvention fordert das Memorandum alle Verantwortlichen auf, dafür einen Maßnahmenkatalog mit Umsetzungsfristen und Evaluationsmechanismen zu erarbeiten und die notwendigen Mittel zur Finanzierung bereitzustellen. In die Erarbeitung des Katalogs seien alle Akteure, u. a. Studierende mit Behinderungen, Zivilgesellschaft und Behindertenverbände sowie Experten aus der Forschung einzubeziehen.
Darüber hinaus soll das Gesetz zur Umsetzung der Marrakesch-Richtlinie so ausgestaltet werden, „dass Menschen mit Beeinträchtigung des Sehens oder anderen Leseeinschränkungen der voll umfängliche, unbürokratische und kostenneutrale Zugang zu Werken der Literatur, Kunst und Wissenschaft in hoch qualitativen barrierefreien Formaten ermöglicht wird.“
Der Vertrag von Marrakesch hat die Erleichterung des Zugangs von blinden, sehbehinderten oder sonst lesebehinderten Menschen zu veröffentlichten Werken zum Ziel. Er sieht für das Urheberrecht auf nationaler Ebene Einschränkungen oder Ausnahmen zugunsten von lesebehinderten Personen – eine sogenannte Blindenschranke – vor. So dürfen Verbände und Bibliotheken künftig auch ohne die Zustimmung des Rechteinhabers Kopien geschützter Werke in für Sehbehinderte und Blinde zugänglichen Formaten erstellen. Auch der grenzüberschreitende Austausch der angefertigten Kopien soll zugelassen werden. Der Vertrag wurde 2013 beschlossen und trat am 30. September 2016 in Kraft.
Deutschland und die Europäische Union haben das Übereinkommen im Jahr 2014 unterzeichnet. Mit Beschluss des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 14. Februar 2017 ist die EU ermächtigt, den Marrakesch-Vertrag im Namen ihrer Mitgliedsstaaten zu ratifizieren, so dass seine Regelungen automatisch in allen EU-Staaten Anwendung finden müssen. Am 25. April 2018 hat die Bundesregierung den Referentenentwurf für ein Umsetzungsgesetz vorgelegt. Umstritten ist noch, ob und in welcher Höhe Verlage „angemessene Ausgleichszahlungen“ erhalten sollen.
Das Memorandum listet mehrere Voraussetzungen auf, die eingehalten werden müssen, damit die Barrierefreiheit von Studien- und Prüfungsdokumenten „voll umfänglich“ gewährleistet ist, darunter die exakte Beschreibung der Gruppe der potentiellen Nutzerinnen und Nutzer und der Aufbau von Umsetzungsdiensten/Servicestellen (befugte Stellen) für die Aufbereitung und Bereitstellung barrierefreier Dokumente.
Das Dokument ist auf der Website der TU Dresden zum Download verfügbar.
(Quellen: Memorandum zum Stand der Barrierefreiheit von Studienmaterialien und Prüfungsaufgaben an bundesdeutschen Hochschulen; Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz; Vertrag von Marrakesch; Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband)
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