11.12.2024 Verwaltung, Verbände, Organisationen

Menschenrechtsbericht 2024 veröffentlicht

Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) hat seinen jährlichen Menschenrechtsbericht vorgelegt und geht darin auch auf die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt ein. Um deren Situation zu verbessern, schlägt das Institut u. a. die Einführung des Mindestlohns für Werkstattbeschäftigte vor.

Es mangele stark an inklusiven Arbeitsplätzen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, heißt es im Bericht. Eine tatsächliche Wahlmöglichkeit zwischen einer Beschäftigung in einer Werkstatt oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gebe es dadurch nicht. Dies sei menschenrechtlich heikel – nicht nur, weil Deutschland damit das Recht auf Arbeit entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) verletze, sondern auch, weil das Recht auf Arbeit entscheidend sei, um andere Rechte aus der UN-BRK wie etwa das Recht auf eine unabhängige Lebensführung zu verwirklichen.

Der aktuelle Menschenrechtsbericht geht auch auf die wichtigsten politischen und gesetzgeberischen Entwicklungen in Deutschland vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2024 und dabei u. a. auf die im Koalitionsvertrag genannte Reform des Entgeltsystems in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen ein. Laut Bericht besteht dieses Entgelt aktuell aus einem Grundbetrag, Steigerungsbetrag und Arbeitsförderungsgeld (AFöG). Drei alternative Ansätze stünden zur Diskussion: eine Erhöhung des steuerfinanzierten AFöG, ein „Basisgeld“ von rund 1.500 Euro monatlich und die Einführung des Mindestlohns für Werkstattmitarbeitende.

Empfehlungen an Bundesregierung und Bundestag

Als erste Schritte empfiehlt das DIMR der Bundesregierung und dem Bundestag

  • noch in dieser Legislaturperiode eine Vergütung nach dem Mindestlohngesetz in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen einzuführen und
  • den Arbeitnehmer-Status von Werkstattbeschäftigten anzuerkennen und dafür § 221 SGB IX entsprechend zu reformieren.

Um den Arbeitsmarkt offener, inklusiver und zugänglicher zu gestalten, rät das Institut u. a.

  • den Bundes- und Landesgesetzgebern, das Berufsbildungsgesetz, die Handwerksordnung und die Ausbildungsordnungen anzupassen, damit die ausbildenden Unternehmen und die Kammern vielfältige inklusive Ausbildungsoptionen sowie eine vorurteils- und diskriminierungsfreie Berufsausbildung anbieten. Empfohlen wird unter diesem Punkt auch, Inhalte und Lehrpläne zu flexibilisieren und zum Beispiel eine Ausbildung in Teilzeit zu ermöglichen.
  • dem Bund, für einen offeneren, durchlässigeren und anschlussfähigeren Arbeitsmarkt zu sorgen, indem u. a. Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen gefördert werden, unabhängig davon, ob sie in Werkstätten oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sind.

Insgesamt enthält der 9. Menschenrechtsbericht, der anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte am 10. Dezember veröffentlicht wurde, mehr als 40 Empfehlungen. Neben der Exklusion von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt werden die Themen Schutz von Geflüchteten, Wohnungslosigkeit, ausbeuterische Arbeitsbedingungen von Wanderarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern sowie menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen analysiert.

Der Menschenrechtsbericht 2024 kann in einer Langfassung auf Deutsch (nicht barrierefrei), in einer gekürzten Fassung auf Deutsch und auf Englisch und in Leichter Sprache (alle drei barrierefrei) auf der Website des Deutschen Instituts für Menschenrechte eingesehen werden.

(Quelle: Deutsches Institut für Menschenrechte)

Weitere Informationen

Fachbeitrag zum Entgeltsystem in Werkstätten für Menschen mit Behinderung aus unterschiedlichen Perspektiven (Teil 1)

Fachbeitrag zum Entgeltsystem in Werkstätten für Menschen mit Behinderung aus unterschiedlichen Perspektiven (Teil 2)


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