21.11.2024 Daten, Fakten, Statistiken
Weitere Zunahme an Beratungsfällen bei der Antidiskriminierungsstelle
Rund 10.800 Menschen haben sich 2023 an das Beratungsteam der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewendet – ein Anstieg um 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Rassistische Diskriminierung ist der häufigste Grund für Berichte an die Antidiskriminierungsstelle – am zweithäufigsten die Diskriminierung aufgrund einer Behinderung oder chronischen Krankheit.
Für die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, zeigt der Anstieg der Beratungsfälle in der Antidiskriminierungsstelle, dass Menschen die gesellschaftliche Polarisierung und Radikalisierung unmittelbar zu spüren bekommen.
Diskriminierung in verschiedenen Lebensbereichen
Mit Bezug zum Diskriminierungsschutz durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ging es 2023 in den meisten Fällen bei der Antidiskriminierungsstelle um eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft oder aus rassistischen und antisemitischen Gründen. Sie machten etwa 41 Prozent aller Anfragen aus, insgesamt über 3.400 Anfragen. An zweiter Stelle steht mit über 2.000 Anfragen das Diskriminierungsmerkmal „Behinderung und chronische Krankheiten“, etwa 25 Prozent der Beratungsfälle. Bei etwas weniger als 2.000 Anfragen ging es um Diskriminierungserfahrungen wegen des Geschlechts oder der Geschlechtsidentität (24 %). Auch zu Diskriminierungsgründen wie „Alter“ (über 1.150 Anfragen, 14 %), „Religion und Weltanschauung“ (über 600 Anfragen, 7 % und sexuelle Identität (350 Anfragen, 4 %) stiegen 2023 die Beratungsanfragen.
Die meisten Diskriminierungserfahrungen werden nach wie vor aus dem Arbeitsleben gemeldet (2.600 Fälle, 32 %). Diese fallen unter das AGG. Fast ein Viertel der Anfragen betrifft den privatrechtlichen Geschäftsverkehr („Private Dienstleistungen und Zugang zu Gütern“ und „Wohnungsmarkt“, 23 % der Anfragen).
Im Bericht wird hervorgehoben, dass 45 Prozent der Ratsuchenden sich nicht auf das AGG berufen konnten, weil der Lebensbereich, in dem die Diskriminierung stattfand, nicht unter das AGG fällt, beispielsweise bei diskriminierenden Erfahrungen im öffentlichen Raum und in der Freizeit in (sozialen) Medien. Für den Gesundheitssektor sei die Rechtslage bzgl. Diskriminierungsschutz durch das AGG bisher unklar. Viele weitere gemeldete Diskriminierungserfahrungen bezögen sich auf Merkmale wie sozialer Status, Familienstand, Elternschaft, Staatsangehörigkeit, Aussehen oder Gewicht. Diese fallen ebenfalls nicht unter das AGG. Die Antidiskriminierungsstelle geht außerdem davon aus, dass es viele weitere Diskriminierungserfahrungen gibt, die nicht gemeldet werden.
Gütliche Streitbeilegung
Werden Diskriminierungserfahrungen und Streitigkeiten darüber außergerichtlich aufgearbeitet, kann ein oft langwieriger Rechtsstreit vermieden werden. In 403 Beratungsfällen hat die Antidiskriminierungsstelle angeboten, eine gütliche Streitbeilegung einzuleiten, das haben 110 Ratsuchende (27 %) angenommen. Davon waren aber nur 24 erfolgreich (6 %). Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung fordert, ein echtes Schlichtungsverfahren einzuführen, an dem beide Seiten verpflichtend teilnehmen müssen und das mit einem qualifizierten Schiedsspruch abgeschlossen wird.
Die Reformbedürftigkeit des deutschen Antidiskriminierungsrechts wird in dem Bericht mehrmals angesprochen. Das AGG schütze an vielen Stellen nicht oder nicht ausreichend vor Benachteiligung und mache es den Betroffenen schwer, ihre Rechte durchzusetzen. Insbesondere müsse der Anwendungsbereich des AGG auf staatliches Handeln ausgeweitet werden – Diskriminierungserfahrungen durch Ämter und Behörden sowie Polizei und Justiz machen fast ein Fünftel aller Beratungsanfragen aus, die einen Bezug zu AGG Merkmalen aufweisen. Des Weiteren macht sich der Bericht für die Einführung einer Verbandsklage stark, um die Durchsetzung des Antidiskriminierungsrechts zu unterstützen.
Zum Jahresbericht 2023 der Antidiskriminierungsstelle
Im vergangenen Jahr hatten verschiedene Verbände und der Deutsche Behindertenrat Forderungen nach einer zügigen und teilhabeorientierten Reform des Antidiskriminierungsrechts vorgelegt. Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung hat ihrerseits im Juli 2023 ein Grundlagenpapier zur AGG-Reform veröffentlicht: Zum Grundlagenpapier
(Quelle: Antidiskriminierungsstelle des Bundes)
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