Die politische Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen


Grün geschriebene Wörter sind schwere Wörter.

Die Wörter werden am Text·ende erklärt.


Das Recht auf Teilhabe an der Politik

Jede Bürgerin und jeder Bürger hat das Recht auf Teilhabe an der Politik.

Teilhabe bedeutet vor allem Mitbestimmung.

So kann man teilhaben:

  • Indem man selbst in der Politik arbeitet.
  • Indem man einen Politiker wählt.
    Oder eine Politikerin.

Das Recht auf Teilhabe an der Politik für Menschen mit Behinderungen
steht ausdrücklich in der UN-Behinderten·rechts·konvention.

Die Abkürzung heißt: UN-BRK.

Darin steht:

Alle Menschen haben die gleichen Rechte:

  • beim Wohnen
  • beim Lernen
  • beim Arbeiten
  • und auch sonst überall.

In der UN-BRK steht auch:

Menschen mit Behinderungen haben das Recht:

  • bei neuen Gesetzen mitzubestimmen.
    Zum Beispiel zur Inklusion in Schulen
  • bei der Umsetzung von Gesetzen mitzubestimmen
    Umsetzung von Gesetzen bedeutet zum Beispiel:
    Wie kann Inklusion an Schulen genau aussehen?

Auch Kinder mit Behinderungen haben das Recht auf Teilhabe.

 

Menschen mit Behinderungen können vor allem durch Organisationen teilhaben.

Denn Menschen sind stärker, wenn sie sich zusammen·tun.

Es gibt:

  • Organisationen für Menschen mit Behinderungen.
    Das sind zum Beispiel Wohlfahrts·verbände.
    In den Wohlfahrts·verbänden sind hauptsächlich Menschen ohne Behinderungen.
  • Organisationen von Menschen mit Behinderungen.
    Das sind zum Beispiel Behinderten·verbände.
    In den Behinderten·verbänden sind Menschen mit Behinderungen.

Staatliche Stellen müssen auch immer die Meinung von den Behinderten·verbänden berücksichtigen.

Es darf keine Ausnahmen geben.

Wenn es um Entscheidungen für Menschen mit Behinderungen geht:

Dann müssen Menschen mit Behinderungen mitbestimmen.

Der Staat muss Menschen mit Behinderung die Teilhabe möglich machen.

Zum Beispiel mit einem Dolmetscher für Gebärden·sprache.

Oder einer Assistenz für Menschen mit einer Seh·behinderung.

 

Die Behinderten·verbände

In Deutschland gibt es viele Verbände von Menschen mit Behinderungen.

Man sagt auch Behinderten·verbände.

Die Verbände vertreten Menschen

  • mit bestimmten Behinderungen
  • mit chronischen Krankheiten
  • aus sozialen Vereinigungen
  • aus wohltätigen Vereinigungen

Es gibt zum Beispiel Verbände für Menschen mit Seh·behinderungen.

 

Die deutschen Behinderten·verbände erhalten Geld von den Mitgliedern.

Und durch Spenden.

Sie erhalten aber auch Geld von der Regierung.

Das Geld brauchen sie für ihre Arbeit.

Einige Verbände haben viel Geld für ihre Arbeit.

Andere haben kaum Geld.

 

In den Behinderten·verbänden arbeiten Menschen mit Behinderungen häufig ehrenamtlich.

Ehrenamtlich bedeutet:

Sie arbeiten, ohne Geld dafür zu bekommen.

Die Menschen mit Behinderungen sollten aber zumindest
die nötige Unterstützung für ihre Arbeit bekommen.

Oft fehlt für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen die nötige Unterstützung:

  • eine persönliche Assistenz
  • ein Dolmetscher für Gebärden·sprache
     

Was dürfen die Behinderten·verbände mitbestimmen?

Die Behinderten·verbände dürfen bei neuen Gesetzen mitbestimmen.

Gesetze werden in Deutschland meistens von der Regierung vorgeschlagen.

Der Bundes·tag muss die neuen Gesetze dann beschließen.

 

Die Mitbestimmung bei neuen Gesetzen von der Regierung geht so:

Wenn ein neues Gesetz gemacht wird:

Dann wird es von der Regierung an die Behinderten·verbände geschickt.

Die Verbände schreiben dazu ihre Meinung.

 

Behinderten·verbände können auch bei der Arbeit vom Parlament mitwirken.

Sie dürfen an öffentlichen Anhörungen im Bundes·tag teilnehmen.

Eine Anhörung ist ein Treffen.

Bei der Anhörung sagen Expertinnen und Experten ihre Meinung zu einem neuen Gesetz.

Aber die Abgeordneten können frei entscheiden,

wer eingeladen wird.

Sie müssen die Behinderten·verbände nicht einladen.

 

Deshalb ist es meistens so:

Wenn jemand am neuen Gesetz mitarbeitet:

Dann ist er eingeladen.

 

Können die Behinderten·verbände wirklich mitbestimmen?

Eigentlich sollten die Behinderten·verbände bei neuen Gesetzen mitbestimmen.

Aber in Wirklichkeit ist es oft leider nicht so.

Die Behinderten·verbände bekommen zu wenig Geld von der Bundes·regierung.

Und sie bekommen zu wenig Geld von den Landes·regierungen.

 

Die Bundes·länder können für viele Politik-Bereiche Gesetze machen.

Aber trotzdem haben sie sich noch nicht genug für die politische Teilhabe von Behinderten·verbänden eingesetzt.

Die Behinderten·verbände erhalten das meiste Geld:

  • von den Mitgliedern
  • von Spenden

Das Geld reicht aber nicht für ihre Arbeit.

 

Was macht die Arbeit der Behinderten·verbände noch schwierig?

Die Behinderten·verbände können leider nicht so viel politisch mitbestimmen.

Nur wenn es ausdrücklich um Gesetze für Menschen mit Behinderungen geht:

Dann dürfen sie mitbestimmen.

Wenn Menschen mit Behinderungen nicht direkt betroffen sind:

Dann dürfen sie nicht mitbestimmen.

  • Zum Beispiel beim Thema Bildung.
  • Zum Beispiel wenn es um Schule geht.

Obwohl das für die Inklusion von großer Bedeutung ist.

 

Tatsächlich ist es so:

Wenn Gesetze gemacht werden:

Dann sollen Verbände nicht zu viel Einfluss haben.

Für die Mitbestimmung gibt es strenge Regeln.

Das ist nicht immer gut.

Weil möglichst viele Meinungen wichtig sind.

 

Die Regierung muss die Behinderten·verbände nach ihrer Meinung zu einem neuen Gesetz fragen.

Das gilt für die Bundes·regierung.

Und das gilt für die Regierungen der Bundes·länder.

Aber:

Oft werden die Entwürfe für ein neues Gesetze spät geliefert.

Auch deshalb können Menschen mit Behinderungen oft nicht mitbestimmen.

Erst wenn das Gesetz schon fast fertig ist:

Dann werden Verbände gefragt.

Zum Beispiel Wohlfahrts·verbände.

 

Das ist zum Beispiel beim Thema Bildung so.

Oft gibt es keine schriftliche Stellung·nahme von Menschen mit Behinderungen.

Oder für Menschen mit Behinderungen.

Eine schriftliche Stellung·nahme ist ein Text mit der Meinung.

Auch wenn Menschen mit Behinderungen direkt betroffen sind:

Dann werden Behinderten·verbände oft gar nicht gefragt.

 

Im Bundes·tag:

Wenn bei den neuen Gesetzen von der Bundes·regierung Menschen mit Behinderungen nicht direkt betroffen sind:

Dann werden sie auch vom Bundes·tag meistens nicht zu öffentlichen Anhörungen eingeladen.

Und können dann nicht ihre Meinung zu einem neuen Gesetz sagen.

 

Auch wenn bei den neuen Gesetzen Menschen mit Behinderungen direkt betroffen sind:

Dann werden nur bestimmte Verbände informiert.

Manche Verbände werden nicht über die Arbeit an einem neuen Gesetz informiert.

Sie können dann nicht mitbestimmen.

 

Die Behinderten·verbände können ihr Recht auf Mitbestimmung bei neuen Gesetzen nicht durchsetzen.

Manchmal informieren die Politikerinnen und Politiker die Verbände einfach nicht.

Hierfür gibt es oft keine klaren Regeln.

Deshalb können Menschen mit Behinderungen nicht mitbestimmen.

 

Bekommen Menschen mit Behinderungen in den Verbänden genug Unterstützung?

Selbst wenn die Behinderten·verbände informiert werden:

Dann können Menschen mit Behinderungen oft nicht mitbestimmen.

Es gibt zu viele Barrieren.

Es gibt keine Unterstützung.

 

Zum Beispiel kann es passieren:

Manche Menschen mit Behinderungen können sich nur bei persönlichen Treffen mitteilen.

Andere brauchen eine Assistenz.

Diese Menschen sind bei der Mitbestimmung bei neuen Gesetzen benachteiligt.

 

Menschen mit Behinderungen werden bei ihrer freiwilligen Arbeit nicht unterstützt.

Zum Beispiel

  • indem sie einen Dolmetscher für Gebärden·sprache bekommen
  • indem sie eine Übersetzung in Leichte Sprache bekommen

Das ist den Politikern zu teuer.

 

Beiräte

Neben Behinderten·verbänden gibt es auch Beiräte.

Beiräte sind so etwas wie Arbeits·gruppen.

Die Menschen in den Beiräten kennen sich mit einem bestimmten Thema besonders gut aus.

Sie beraten Politiker.

Beiräte gibt es:

  • für die Bundes·regierung
  • für die Landes·regierungen

Es gibt auch Beiräte für Menschen mit Behinderungen.

In diesen Beiräten sind:

  • Menschen mit Behinderungen
  • Menschen, die mit Menschen mit Behinderungen zu tun haben

In den Beiräten sind auch die Behinderten·verbände vertreten.

Solche Beiräte gibt es zum Beispiel bei Ministerien.

Auch viele Städte haben einen Behinderten·beirat.

Oft gibt es noch zu wenig Beiräte für Menschen mit Behinderungen.

Vor allem wenn Menschen mit Behinderungen nicht direkt betroffen sind.

 

Zum Beispiel im Bereich Bildung.

Das Bundes·ministerium für Bildung hat mehrere Beiräte.

Aber es gibt keinen Beirat für Menschen mit Behinderungen.

Das wäre aber ganz wichtig für Menschen mit Behinderungen.

Denn das Bundes·ministerium für Bildung ist für die Berufs·ausbildungen zuständig.

Und für die Hoch·schulen.

Menschen mit Behinderungen sollen Einfluss auf die Gesetz·gebung in diesen Bereichen haben.

 

Ergebnis

Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf politische Mitbestimmung.

Das steht in mehreren Gesetzen.

Das ist auch Voraussetzung für eine echte Behinderten·politik.

In Wirklichkeit gibt es aber viele Hindernisse:

 

1.

Nach den Regeln von der Bundes·regierung

können nicht alle Organisationen bei neuen Gesetzen mitbestimmen.

Manche Organisationen werden bevorzugt.

Das ist auch bei den Landes·regierungen so.

Dadurch können die Behinderten·verbände nicht immer mitbestimmen.

 

2.

Das Geld ist für Behinderten·verbände sehr wichtig.

Manche Behinderten·verbände bekommen nur wenig Geld.

Sie können dann nicht gleich·berechtigt

an neuen Gesetzen mitarbeiten.

Auch wenn es um wichtige Themen geht.

Wie zum Beispiel Bildung.

 

3.

Die Politik muss sicher·stellen:

Die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen

müssen berücksichtigt werden.

Und zwar in den Behinderten·verbänden.

Nur so können sie gleich·berechtigt an neuen Gesetzen mitarbeiten.


Erklärungen

 

Chronische Krankheit

Man hat eine Krankheit.

Und die Krankheit hat man länger.

(Diese Erklärung ist von HURRAKI)

 

Inklusion

Inklusion ist ein lateinisches Wort.

Auf Deutsch heißt das Wort:

Einbeziehung oder Dazu·gehörigkeit.

Man meint damit:

Alle Menschen sind mit dabei.

(Diese Erklärung ist von HURRAKI)

 

UN

Fast alle Länder der Welt haben sich zusammengetan.

Fast alle Länder der Welt sind die Vereinten Nationen.

Auf Englisch heißt das: United Nations.

Das spricht man: Junaited Näischens.

Die Abkürzung heißt: UN.

 

UN-Behinderten·rechts·konvention (UN-BRK)

Die UN beschließen Regeln für die Länder der Welt.

Man sagt zu diesen Regeln: Konventionen.

Das spricht man Konwenzionen.

Es gibt auch die UN-Behinderten·rechts·konvention.

Die Abkürzung heißt: UN-BRK.

Darin steht:

Alle Menschen haben die gleichen Rechte:

  • beim Wohnen
  • beim Lernen
  • beim Arbeiten
  • und auch sonst überall.

Dieser Text wurde übersetzt von:

Isabella von Luxburg

Sie ist Mitglied im Netzwerk Leichte Sprache e.V.

www.leichtzulesen.org

 

Der Text wurde geprüft vom:

Zentrum Leichte Sprache Allgäu, Kempten


Die Bilder sind von:

Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Bremen e.V.

Illustrator: Stefan Albers, Atelier Fleetinsel


Im Original heißen die Texte:

Repräsentative Partizipation von Menschen mit Behinderung an bildungspolitischen Entscheidungsprozessen in Deutschland - Teil I: Rechte, Strukturen und Kapazitäten von Behindertenverbänden (D2-2021)

Repräsentative Partizipation von Menschen mit Behinderung an bildungspolitischen Entscheidungsprozessen in Deutschland - Teil II: Die Umsetzung des Partizipationsrechts von Menschen mit Behinderung (D3-2021)

Die Texte sind von Lilit Grigoryan von der Universität zu Köln. Es ist ihre Meinung.


 

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