13.12.2011 A: Sozialrecht Brockmann: Diskussionsbeitrag A30-2011

Noch immer Zuständigkeitsfragen bei der Leistungspflicht für Hörgeräte – Anmerkung zur Entscheidung des LSG Sachsen vom 19.04.2011, Az. L 5 R 48/08

(Zitiervorschlag: Brockmann: Noch immer Zuständigkeitsfragen bei der Leistungspflicht für Hörgeräte – Anmerkung zur Entscheidung des LSG Sachsen vom 19.04.2011, Az. L 5 R 48/08; Forum A, Beitrag A30-2011 unter www.reha-recht.de; 13.12.2011)

Die Autorin bespricht ein Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. April 2011.

Umstritten war, ob der Rentenversicherungsträger einer Versicherten, die angab bei ihrer beruflichen Tätigkeit auf digitale Mehrkanalhörgeräte mit Störschallunterdrückung und Spracherkennung angewiesen zu sein, die Kosten für diese Geräte zu erstatten hat, soweit sie über dem von der Krankenkasse geleisteten Festbetrag liegen. Weiterhin hatte das Gericht zu entscheiden, ob ein Antrag schon dann als gestellt gilt, wenn der Hörgeräteakustiker von dem Antrag Kenntnis erlangt hat. Das LSG stellte fest, dass der Rentenversicherungsträger als erstangegangener Träger zu leisten hatte, eigentlich aber die Krankenkasse in vollem Umfang zuständig war.

Die Autorin begrüßt die Entscheidung des LSG. Zu Recht habe es das LSG abgelehnt, den Hörgeräteakustiker als Boten beziehungsweise Erfüllungsgehilfen der Sozialleistungsträger (in diesem Fall der Krankenkassen) anzusehen. Der Antrag sei dann gestellt, wenn er bei einem Sozialleistungsträger oder einer anderen Behörde im Sinne des § 16 SGB I eingegangen sei.


Stichwörter:

Hörgerät, Gebrauchsvorteil (arbeitsplatzspezifischer), Gebrauchsvorteile, Grundbedürfnis Arbeit, Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, Versorgungsanzeige, § 16 SGB I, Vertragsärztliche Verordnung, Technischer Fortschritt, Hilfsmittel, Festbetrag, Wirtschaftlichkeitsgebot, Zuständigkeit nach § 14 SGB IX, Leistungserbringer, Antragstellung, Grundbedürfnisse, Behinderungsausgleich (unmittelbarer), Behinderungsausgleich, Zuständigkeitsklärung


Kommentare (2)

  1. Wolfgang Hoepfner
    Wolfgang Hoepfner 17.12.2013
    Guten Tag,

    vielleicht hilft ja bei den aufgeworfenen Fragen zum Leistungsumfang ein aktuelles Urteil des LSG Baden-Württemberg ( L 13 R 2607/10 )weiter, das sich dezidiert zur Leistungspflicht der Reha-Träger geäußert hat - in einer ähnlichen Fallkonstellation der strittigen Zuständigkeit:
    http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Sozialgerichte&Art=en&Datum=2013-8&nr=17210&pos=2&anz=7
  2. Rechtsanwalt Dr. Robert Weber
    Rechtsanwalt Dr. Robert Weber 14.12.2011
    Kommt es auf § 12 Abs. 1 an und nicht auf § 12 Abs. 2 SGB V? Oder vielleicht auf § 12 Abs. 2 SGB V analog, weil es vordergründig nicht um den Festbetrag, sondern um den Vertragspreis im Sinne von § 33 Abs. 7 SGB V geht? Inwieweit kann auf dem Erstattungswege mehr verlangt werden als gemäß § 12 SGB V, also dann, wenn der behinderte Mensch gezwungenermaßen eine Kaufentscheidung trifft? Gibt es keine Mehrkanal - Hörgeräte mit Störschallunterdrückung und Spracherkennung zum Festbetrag? Was ist unter einem Festbetragshörgerät zu verstehen? Hängt das nur von der Widmung des Akustikers ab? Schließt § 10 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX das Vorhandensein von Alltagssituationen aus? Muss die Abgrenzung Alltagssituation/spezifische Berufsbezogenheit in Streitfällen des behinderten Menschen mit dem gemäß § 14 SGB IX im Außenverhältnis zuständigen Träger vorgenommen werden? Wenn ja, wie lautet dann der juristische Obersatz, mit dem man Fälle lösen könnte, bzw. wie soll man die hörbehinderten Menschen beraten? Gibt es ein berufskundliches Erfahrungswissen zu arbeitsplatzspezifischen Höranforderungen? Ausgehend vom einheitlichen Teilhabeanspruch des hörbehinderten Menschen kann man m. E. nicht zwischen unmittelbarem (Hör-)Behinderungsausgleich und einem berufsspezifischen Hörbehinderungsausgleich eine Trennlinie ziehen, nicht einmal in der Theorie kann man das! Diese Bereiche überschneiden sich! Ich bedaure, dass, soweit ich das beurteilen kann, von den Universitäten so wenig Unterstützung kommt. Die Thematik ist uralt und wird immer wichtiger, die MitarbeiterInnen der Integrationsfachdienste, die sich am besten auskennen, werden immer frustrierter, und auch uns Rechtsanwälten gehen im Bereich der Hörgeräteversorgung viel zu viele Fälle kaputt! Ich bin zwar nicht selbst hörbehindert. Aber ich ahne, in welcher Verzweiflung jemand steckt, für den eine beruflich notwendige Hörgeräteversorgung (völlig oder fast) unerschwinglich ist.

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